rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinnützigkeit eines der Förderung des Islams und dem Betrieb einer Moschee dienenden eingetragen Vereins bei satzungsmäßigem Ausschluss nicht-muslimischer Mitglieder. keine Berücksichtigung der tatsächlichen Geschäftsführung im Rahmen des Feststellungsverfahrens nach § 60a AO. keine verfassungsfeindlichen Aktivitäten des Vereins allein aufgrund des Auftritts salafistischer Gastprediger
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein eingetragener Verein, der als islamische Religionsgemeinschaft eine Moschee betreibt, unmittelbar und mittelbar durch seine Mitglieder der umfassenden Glaubensverwirklichung dient und sich der Pflege, Vermittlung und Ausübung der islamischen Religion im Rahmen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland widmet, kann als Voraussetzung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit auch dann durch Förderung der Religion (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) die Allgemeinheit fördern, wenn nach seiner Satzung nur Personen muslimischen Glaubens Mitglieder des Vereins werden können, da bei einer Aufnahme von Personen nichtmuslimischen Glaubens die Gefahr bestünde, dass die Erreichung der o.g. Vereinszwecke erschwert oder sogar vereitelt werden könnte.
2. Es liegt kein Verstoß gegen das Gebot der Förderung der Allgemeinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 Satz 1 AO vor, wenn sachliche Gründe im Zusammenhang mit der Art des gemeinnützigen Zwecks eine Beschränkung des Kreises der Mitglieder eines Vereins erforderlich machen.
3. Im Verfahren der Feststellung nach § 60a AO ist es nicht zulässig, die Entscheidung über die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen von einer Tatsachenermittlung abhängig zu machen. Eine Überprüfung der tatsächlichen Geschäftsführung (§ 63 AO) ist daher im Rahmen des Verfahrens nach § 60a AO nicht vorzunehmen, sondern bleibt dem späteren Veranlagungsverfahren vorbehalten (gegen AEAO zu § 60a AO Nr. 2 S. 4 in der Neufassung vom 31. 1.2014, IV A 3 – S 0062/14/10002, BStBl 2014 I S. 290).
4. § 60a AO beschränkt sich auf die Feststellung der formellen Satzungsmäßigkeit und ist kein vollständiges Anerkennungsverfahren.
5. Auftritte von dem salafistischen Spektrum zuzuordnenden Predigern in der Moschee des Klägers sind für sich alleine genommen nicht geeignet, um von verfassungsfeindlichen Aktivitäten des Klägers selbst i. S. d. § 51 Abs. 3 AO auszugehen.
6. Im Rahmen der Gemeinnützigkeit ist es nicht erforderlich, dass die gemeinnützige Körperschaft als öffentlich-rechtliche Körperschaft anerkannt ist.
Normenkette
AO § 60a Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 Nrn. 1-2, § 51 Abs. 1, 3 S. 1, § 52 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 S. 1 N. 2, § 60 Abs. 1 S. 1; GG Art. 4 Abs. 1-2; BVerfSchG § 4
Tenor
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides über die Ablehnung einer gesonderten Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO vom 15. Dezember 2015 und der Einspruchsentscheidung vom 9. November 2016 verpflichtet, die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gem. § 60a Abs. 1 AO gesondert festzustellen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 AO ein Anspruch auf gesonderte Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO zusteht.
Der am xx. März 2012 gegründete Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in X. Die Eintragung in das Vereinsregister erfolgte am xx. Juni 2012. Vorsitzender ist Y. (geboren 1985), sein Stellvertreter Z. (geboren 1984).
Nach seiner Satzung ist der Kläger eine islamische Religionsgemeinschaft in X, die unmittelbar und mittelbar durch ihre Mitglieder der umfassenden Glaubensverwirklichung dient. Er widmet sich der Pflege, Vermittlung und Ausübung der islamischen Religion im Rahmen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Pflege des interkulturellen und interreligiösen Dialogs (§ 2 der Satzung). Als Religionsgemeinschaft verfolgt er ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und förderungswürdige Zwecke (§ 3 der Satzung). Jede Person muslimischen Glaubens kann Mitglied werden (§ 4 der Satzung). Der Kläger wird gerichtlich und außergerichtlich vom Vorsitzenden und vom stellvertretenden Vorsitzenden vertreten (§ 6 Abs. 1 der Satzung). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Satzung verwiesen (vgl. Gemeinnützigkeitsakten Bl. 2 ff.).
Der Kläger betreibt in X eine Moschee.
Auf seiner Internetseit...