rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung von Einkünften bei Zwischenschaltung einer Basisgesellschaft im niedrigbesteuernden Ausland. Feststellungslast für das Vorliegen einer Steuerumgehung liegt beim FA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Zwischenschaltung von Basisgesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft im niedrigbesteuernden Ausland erfüllt den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs, wenn für ihre Zwischenschaltung in bestimmte Rechtsgestaltungen wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen und wenn sie keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfalten.

2. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen von Umständen, welche die Annahme einer Steuerumgehung rechtfertigen, trifft das FA.

3. Steht fest, dass zwischen dem Steuerpflichtigen und der ausländischen Basisgesellschaft eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung besteht, muss dieser sich die der Basisgesellschaft zugeflossenen Einkünfte zurechnen lassen. Zur Feststellung der Einkunftsart müssen sich die Beteiligten dabei an den zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen festhalten lassen.

 

Normenkette

AO § 42; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger an eine Schweizer Gesellschaft zugeflossene Beträge zuzurechnen sind.

Die Kläger sind zusammen veranlagte Ehegatten. Der Kläger war bis einschließlich 2005 Angestellter und Geschäftsführer der im Jahr 1997 gegründeten „A & C GmbH” (später umbenannt in „A Deutschland GmbH”) mit Sitz in X und erzielte hieraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Die „A Deutschland GmbH” wurde im Jahr 2005 von einer Gesellschaft der S Gruppe mit Sitz in Y übernommen. Der Kläger traf am 11. Juli 2005 mit der „S Holding GmbH & Co. KG eine „Vereinbarung”, nach der u.a. das Anstellungsverhältnis des Klägers bei der „A Holding GmbH” zum 31. Dezember 2005 einvernehmlich aufgehoben und gleichzeitig ein Beratervertrag zwischen der „S Service GmbH” und der „W Trust, U / Schweiz” abgeschlossen werden sollte (Nr. 1 der Vereinbarung).

Der Kläger meldete zum 1. November 2005 eine Unternehmensberatung („AA Consulting”) mit Sitz in X an.

Zur Umsetzung der „Vereinbarung” vom 11. Juli 2005 wurde das Anstellungsverhältnis zum 31. Dezember 2005 beendet und im Januar 2006 der „Beratervertrag” zwischen der „S Service GmbH” und der „W Trust, U / Schweiz” geschlossen. Darin verpflichtete sich die „W Trust” gegen ein monatliches Honorar von 23.000 EUR zuzüglich 3.500 EUR Spesen als „freiberuflicher Berater”, die „S Service GmbH” in allen Fragen, insbesondere des CMS-Pools, zu beraten. Der Beratervertrag hatte eine Laufzeit von zwei Jahren bis zum 31. Dezember 2007, wurde jedoch mit Aufhebungsvertrag vom Januar 2007 vorzeitig beendet.

Die „W Trust” stellte der „S Service GmbH” im Jahr 2006 monatlich Rechnungen über 23.000 EUR zuzüglich 3.500 EUR Spesen aus. Am 1. September 2006 erging eine weitere Rechnung über eine Abschlussprovision von 75.000 EUR. Umsatzsteuer wurde unter Hinweis auf das Reverse-Charge-Verfahren nicht gesondert ausgewiesen. Die „W Trust” berechnete außerdem am 1. Februar 2007 und am 1. März 2007 jeweils „Schadensersatz” von 100.000 EUR. Die „S Service GmbH” zahlte der „W Trust” nach ihren Angaben insgesamt 375.000 EUR (2006) und 226.500 EUR (2007). Lohnsteuer führte sie nicht ab.

Die Kläger gaben am 15. Oktober 2008 für das Jahr 2006 nur den Mantelbogen und für das Jahr 2007 gar keine Einkommensteuererklärung ab. Eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2007 wurde ebenfalls nicht eingereicht.

Die Steuerfahndungsstelle beim Beklagten (das Finanzamt –FA–) eröffnete am 9. August 2007 gegen den Kläger ein Steuerstrafverfahren wegen Verdachts der Mittäterschaft zur Einkommensteuerhinterziehung des Rechtsanwalts P N. Bei P N kam während einer Betriebsprüfung der Verdacht auf, er habe in den Jahren 2001 bis 2005 bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit zu Unrecht Betriebsausgaben u.a. aus Rechnungen der „W Trust” abgezogen. Dem Kläger wurde dabei vorgeworfen, Handelnder der „W Trust” zu sein und die Rechnungen über nicht erbrachte Leistungen ausgestellt zu haben. Das Bundeszentralamt für Steuern, Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen, erteilte der Steuerfahndungsstelle am 5. September 2006 die Auskunft, bei der „W Trust” handele es sich um eine Domizilgesellschaft. Am 17. September 2007 wurden u.a. die Räumlichkeiten des Klägers durchsucht.

Die Steuerfahndung traf zu der „W Trust” die folgenden Feststellungen: Die Gesellschaft ging aus einer im Jahr 1994 gegründeten, in K (Schweiz) ansässigen „U Bau AG” hervor, die am 21. März 2002 ihren Sitz von K nach U / Schweiz verlegte und in „W Trust” umbenannt wurde. Im Schweizer Handelsregister wurde am 4. April 2002 der Domizilvermerk „c/o V AG” eingetragen. Einziger Verwaltungsrat der V AG war Herr L E, der diese Tätigkeit für mindestens 60 weitere Gesellschaften ausübte. Der Domizilvermerk „c/o V AG” wurde zum 28. Oktober 2004 wiede...

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