Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung von Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren vor 1999 bei der Ermittlung der nichtabziehbaren Schuldzinsen. Rechenweg bei Rückgängigmachung von Überentnahmen im 1. Quartal des Folgejahres. Einkommensteuer 1999
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen im Jahr 1999 sind keine Über- oder Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren, die vor 1999 enden, zu berücksichtigen.
2. Die nachträgliche Einfügung von Satz 2 in § 52 Abs. 11 EStG durch das Steueränderungsgesetz 2001 – keine Berücksichtigung von Über- und Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren, die vor 1999 enden, bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen – verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.
3. Bei der Anwendung von § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG in der im Jahr 1999 gültigen Fassung sind zunächst die Entnahmen und Einlagen des letzten Quartals des Wirtschaftsjahrs und die des 1. Quartals des folgenden Wirtschaftsjahres zu saldieren (keine separate Saldierung jeweils der Entnahmen beider Quartale sowie der Einlagen beider Quartale).
Normenkette
EStG 1999 § 4 Abs. 4a Sätze 3, 1, § 52 Abs. 11 S. 1; EStG 2002 § 52 Abs. 11 S. 2; GG Art. 20 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Unterentnahmen für Zeiträume vordem 01.01.1999 im Rahmen der Ermittlung nichtabzugsfähiger Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2001.
Die Kläger (Kl.) wurden für das Streitjahr 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb betrugen laut Gewinn- und Verlustrechnung DM 368.665,43. Seitens des Beklagten (Bekl.) erfolgte im Rahmen der Veranlagung eine außerbilanzielle Gewinnhinzurechnung nicht abzugsfähiger Schuldzinsen wegen erfolgter Überentnahmen gem. § 4 Abs. 4a EStG in Höhe von DM 5.673,–. Der Bekl. legte dem folgende Berechnung zugrunde:
Gewinn lt. G+V: |
368.665,42 DM |
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+ Einlagen: |
150.552,89 DM |
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./. Entnahmen: |
613.776,68 DM |
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Überentnahmen: |
94.558,37 DM |
× |
6 % |
= 5.673 DM nicht abzugsfähige Schuldzinsen |
Die Salden aus Entnahmen und Einlagen des 1. Quartals des Folgejahres (DM 54.192,03 Entnahmeüberschuss) und des 4. Quartals des Streitjahres (DM 175.456,09 Entnahmeüberschuss) blieben dabei mangels gegenläufiger Auswirkung unberücksichtigt.
Hiergegen wandten sich die Kl. zunächst mit Einspruchsschreiben vom 15.01.2001. Als Begründung führten sie an, dass der Hinzurechnungsbetrag nicht DM 5.673,– betrage sondern lediglich DM 878.–. Dies folge aus der Tatsache, dass bei der Berechnung der Überentnahmen keine quartalsweise Saldierung sondern eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Entnahmen und Einlagen zu erfolgen habe. Die Überentnahmen berechneten sie dabei wie folgt:
Gewinn lt. G+V: |
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368.665,42 DM |
+ Einlagen (1. – 3. Quartal): |
+ |
150.450,36 DM |
./. Entnahmen (1. – 3. Quartal): |
./. |
438.218,06 DM |
Einlagen 4. Quartal: |
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102,53 DM |
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Entnahmen 1. Quartal Folgejahr: |
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./. 134.214,11 DM |
0,– DM (da negativ) |
Entnahmen 4. Quartal |
./. 175.558,62 DM |
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Einlagen 1. Quartal Folgejahr |
+ 80.022,08 DM |
./. |
95.536,54 DM |
Summe Überentnahmen: |
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14.638,81 DM |
Mit Schreiben vom 12.03.2002 teilten die Kläger sodann unter Bezugnahme auf einen Beschluss des Finanzgerichts Düsseldorf (Beschluss vom 16. Juli 2001 15 V 1887/01, EFG 2001, 1269) mit, dass der Einspruch dahingehend umzudeuten sei, dass noch Unterentnahmen aus den Vorjahren in Höhe des positiven Kapitalkontos von DM 117.767,68 bei der Berechnung der nichtabzugsfähigen Schuldzinsen zu berücksichtigen seien.
Durch Einspruchsentscheidung vom 25.03.2002 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Im Steueränderungsgesetz 2001 sei in § 52 Abs. 11 EStG nunmehr ausdrücklich geregelt, dass Über- und Unterentnahmen vor 1999 unberücksichtigt bleiben würden. Diese gesetzliche Ergänzung habe nochmals zur Klarstellung der Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG gedient. Über- und Unterentnahmen aus den Vorjahren seien bereits nach dem BMF-Schreiben vom 22.05.2000 (BStBl I 2000, 588) nicht in die Berechnung einzubeziehen gewesen. Die klarstellende Regelung diene dem Bedürfnis des Gesetzgebers mit einer harten Zäsur ab 1999 durch Systemumstellung den Schuldzinsenabzug durch ein vereinfachtes, einheitliches Verfahren zu regeln. Denn es könne nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein, über gegebenenfalls umfangreiche Ermittlungen die ab 1999 abzugsfähigen Schuldzinsen nach Feststellung von Über- oder Unterentnahmen der Vergangenheit zu berechnen. Vielmehr sei eine typisierende Berechnung geplant gewesen, die ihren Beginn im Jahre 1999 gehabt habe, so dass Unterentnahmen der Vorjahre nicht zu berücksichtigen seien. Die im Beschluss des FG Düsseldorf (Beschluss vom 16. Juli 2001, a. a. O.) geäußerten Zweifel seien durch die gesetzliche Regel...