Entscheidungsstichwort (Thema)

Gestaltungsmissbrauch beim Vorsteuerabzug bei der Errichtung und Verpachtung eines Stalls von einer GbR an einen ihrer Gesellschafter

 

Leitsatz (redaktionell)

Verpachtet eine GbR einen Stall an einen zu 90 % beteiligten Gesellschafter (der selbst die Umsatzsteuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 Abs. 1 S. 1 UStG betimmt) unter Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG, ist der Vorsteuerabzug wegen Rechtsmissbrauchs zu versagen, wenn die GbR lediglich „vorgeschaltet” wurde und der Stall auf dem Grundstück des Pächters und ausschließlich für dessen Bedürfnisse errichtet wurde, so dass die gewählte Gestaltung durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht gerechtfertigt ist.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 1; UstG § 15 Abs. 2 Nr. 1; UStG § 24 Abs. 1 Sätze 1, 4, §§ 9, 10 Abs. 4-5; AO §§ 42, 39 Abs. 2 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch darauf hat, die ihr für die Errichtung eines Stallgebäudes in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen.

Die Klägerin ist eine – zum xx.xx. 1995 errichtete – Gesellschaft, die den Zweck verfolgt eine „…. halle … (nebst) der dazugehörenden Hofbefestigung” (nachfolgend: Stall) auf einem bestimmten Flurstück (nachfolgend: Grundstück) zu errichten. Ihre Gesellschafter waren in den Kalenderjahren 1996 bis 1999 (den Streitjahren) die Eheleute A und B (A nachfolgend bezeichnet als: M, B als: F).

Der Anteil von M an dem Gesellschaftsvermögen betrug 90 vom Hundert, der von F 10 vom Hundert. M war der alleinige Eigentümer des Grundstücks. M gehörte außerdem ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb.

Die Klägerin verpachtete den Stall mit Vertrag vom 1. Dezember 1996 an M (nachfolgend auch: Pächter). Das Pachtverhältnis sollte am 15. Dezember 1996 beginnen. Es sollte offenbar mit einer Frist von 12 Monaten zum Ablauf des Kalenderjahres gekündigt werden können. Zunächst jedoch war die Pachtzeit mit zehn Jahren bestimmt. Der Pachtzins betrug 1.000 Euro monatlich zuzüglich Umsatzsteuer. M nutzte den Stall im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs.

Die Klägerin zog die Umsatzsteuer für die Lieferungen oder sonstige Leistungen, die sie für die Herstellung des Stalls verwendet hatte, bei ihren Steueranmeldungen für die Streitjahre ab. Die Steuer für die Umsätze, die M im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausführte, hingegen wurde in den Streitjahren gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) festgesetzt.

Der Beklagte führte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, die die Umsatzsteuer für beide Streitjahre umfasste. Mit seinem Bericht vom 22. Dezember 2000 kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass „bei dieser Form der Auslagerung von Investitionen durch einen pauschalierenden Landwirt … es sich um einen Gestaltungsmißbrauch” im Sinne von

§ 42 der Abgabenordnung (AO) handeln würde. Dem folgte der Beklagte mit den Bescheiden

für das Streitjahr

vom

1996

1. Februar 2001

1997

1. Februar 2001

1998

27. Juni 2003

1999

.

Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos. Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 3. November 2009 stützte sich der Beklagte im Wesentlichen auch darauf, dass der Geräteschuppen auf fremden Grund und Boden errichtet, ein Erbbaurecht nicht eingeräumt und das Pachtverhältnis nur auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sei und damit nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich das Pachtverhältnis über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Stalls erstrecken würde.

Hiergegen wendet sich die vorliegende Klage. Mit dieser trägt die Klägerin zunächst vor, die Vorsteuerbeträge auf die Herstellungskosten würden einen Betrag in Höhe von insgesamt 37.509,48 DM ausmachen. Ferner bringt sie vor, da F über eigene Ersparnisse verfügt habe, hätten diese als Eigenkapital für die Herstellung des Stalls eingesetzt werden sollen. Sie, die Klägerin, habe außerdem das wirtschaftliche Eigentum an dem Stall im Sinne von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO erlangt. Schließlich nimmt sie auch Bezug auf

  • Abschn. 148a Abs. 2 Satz 1 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStHA),
  • das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 22. Dezember 2010, C-103/09 (Umsatzsteuer-Rundschau [UR] 2011, 705) und
  • eine „Vergleichsrechnung: Eigeninvestition durch … (M) und gleichzeitiger Option zur Regelbesteuerung”, welche dem Senat in der mündlichen Verhandlung übergeben wurde.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über die Umsatzsteuer für die Streitjahre 1996 und 1997 vom 1. Februar 2001 und für die Streitjahre 1998 und 1999 vom 27. Juni 2003 sowie die Einspruchsentscheidung vom 3. November 2009 zu ändern und noch die folgenden Vorsteuerbeträge abzuziehen:

für das Kalenderjahr

DM

1996

31.317,30

1997

4.983,19

1998

69,79

1999

1.139,20

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist unbegründet.

Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 der Finanzgerichtsordnun...

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