rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Häusliches Arbeitszimmer eines Außendienstmitarbeiters. Einkommensteuer 1996 und 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Ob ein häusliches Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, bestimmt sich danach, wo der Steuerpflichtige das nach der Verkehrsanschauung qualitativ Wesentliche, Typische und Prägende seiner Tätigkeit ausübt. Der zeitliche Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers kann allerdings ein anhand anderer Kriterien gewonnenes Ergebnis indiziell unterstützen.
2. Ein häusliches Arbeitszimmer eines Außendienstmitarbeiters, dessen Hauptaufgaben im Verkauf von Medizinprodukten sowie in der Betreuung von Kunden bestehen, bildet nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, wenn die Verkaufs- und Betreuungstätigkeit einschließlich der hierfür maßgeblichen Kontaktaufnahme und Kontaktpflege ganz überwiegend außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers stattfindet. Dabei ist unerheblich, wenn das Arbeitszimmer vom Außendienstmitarbeiter infolge einer organisatorischen Strukturänderung bei seinem Arbeitgeber in seinem Wohnhaus eingerichtet und vom Arbeitgeber mit Firmentelefon, Faxgerät, Anrufbeantworter und Personalcomputer ausgestattet worden ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für häusliche Arbeitsräume gemäß § 9 Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 Einkommensteuergesetz 1996 und 1997 (EStG) über den Höchstbetrag von 2.400,– DM hinaus in vollem Umfang als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar sind.
In den Veranlagungszeiträumen 1996 und 1997 war der Kläger als Gebietsleiter im Außendienst für die Firma … GmbH & Co. KG Vertriebs KG (KG) tätig, die u. a. Herzschrittmacher herstellt. Er akquirierte und betreute 47 Kunden in Südwestdeutschland. Er organisierte und koordinierte die Technikereinsätze, wies Krankenhauspersonal in den Umgang mit den Herzschrittmachern ein, war bei schwierigen Operationen auf Abruf anwesend und suchte Fachkreise auf, um diese über die Medizinprodukte der KG fachlich zu informieren und sie in die sachgerechte Handhabung der Medizinprodukte einzuweisen.
In ihren Einkommensteuererklärungen 1996 und 1997 machten die Kläger Aufwendungen für 1996 in Höhe von 11.478,83 DM und für 1997 in Höhe von 10.588,90 DM für ein „technisches Büro der KG” als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Büro war vom Kläger infolge einer organisatorischen Strukturänderung bei der KG seit 1. Januar 1996 in der bisherigen Einliegerwohnung seines Wohnhauses in eingerichtet und von der KG mit Firmentelefon, Faxgerät, Anrufbeantworter und Personalcomputer ausgestattet worden. Die Aufwendung für die übrigen Einrichtungen einschließlich ISDN-Anschluss sowie die laufenden Aufwendungen abgesehen von den betrieblichen Telefonkosten trug der Kläger.
Das beklagte Finanzamt (FA) erkannte die Aufwendungen in den Einkommensteuerbescheiden 1996 vom 11. August 1997 und 1997 vom 6. November 1998 entsprechend den eingangs erwähnten Vorschriften nur bis zur Höhe von jeweils 2.400,– DM als Werbungskosten an, da das Büro nicht Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers sei.
Der Einspruch der Kläger wurde mit Einspruchsentscheidung vom 24. März 1999 als unbegründet zurückgewiesen. Die Tätigkeit des Klägers sei durch hohe Flexibilität und das Erfordernis ständiger Erreichbarkeit und kurzfristig mögliche Anwesenheit bei den Kunden geprägt. Für den beruflichen Erfolg der Arbeit des Klägers seien nicht die vor- und nachbereitenden Arbeiten in seinem Büro ausschlaggebend, sondern der Vororteinsatz bei seinen Kunden sowie die technischen und menschlichen Fähigkeiten des Klägers. Dies gelte auch insoweit, als der Kläger von seinem Büro aus dank der hier zur Verfügung stehenden Kommunikationsmöglichkeiten die Techniker nach Bedarf kurzfristig bei den Kunden einsetze. Der Kern seiner beruflichen Tätigkeit werde bei den Kunden selbst, nicht im Büro des Klägers erbracht.
Während des Einspruchsverfahrens wurde der Einkommensteuerbescheid 1996 vom 11. August 1997 mit Einkommensteueränderungsbescheid 1996 vom 6. November 1998 in der Weise ergänzt, dass die Einkommensteuerfestsetzung auch bezüglich des beschränkten Abzugs der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer für vorläufig erklärt wurde.
Mit ihrer Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend, die KG lasse von allen ihren Außendienstmitarbeitern technische Büros in deren Haus einrichten. Diese dezentrale Vertriebsstruktur sei Voraussetzung für eine rasche, umfassende und verbesserte Kundenakquisition und -betreuung. Die Büroräume („Arbeitszimmer”) seien von der Wohnung der Kläger getrennt. Die Räume seien entsprechend den Vertriebsinteressen der KG eingerichtet; sie seien eine „Geschäftsstelle” der KG und...