rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine „Neugebäude-AfA” nach § 7 Abs. 5 EStG auf den nachträglichen Anbau an ein gemischt genutztes Gebäude. Einkommensteuer 1989 und 1990

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anbau an ein teilweise eigengenutztes und teilweise fremdvermietetes Wohngebäude steht mit dem vorhandenen Gebäude in einem einheitlichen Nuzungs- und Funktionszusammenhang und begründet deshalb kein selbstständiges, gesondert nach § 7 Abs. 5 EStG abschreibbares Wirtschaftsgut.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 5 Buchst. a, Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a, § 21

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die selbständige Abschreibbarkeit von Aufwendungen für die Errichtung von vermieteten Wohnungen in einem Anbau an ein teilweise selbstgenutztes, teilweise vermietetes Wohngebäude.

Die Kläger (Kl.), vom beklagten Finanzamt (FA) zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagte Eheleute, erwarben mit Kaufvertrag vom 09. Dezember 1987 das mit einem als Zweifamilienhaus bewerteten Wohngebäude bebaute Grundstück … zu hälftigem Miteigentum. 1988 und 1989 erweiterten sie das Gebäude um einen Anbau mit einer Wohnfläche von ca. 105 m². Dadurch vergrößerte sich die selbstgenutzte Hauptwohnung im Erdgeschoß (EG) um zwei Räume mit zusammen 30,58 m² auf 143,22 m². Außerdem entstand im EG ein 33,81 m² großes, ab 1990 vermietetes Appartement sowie eine 40,47 m² große Wohnung im. Dachgeschoß, – die ebenfalls vermietet wird. Die an die Mutter des Kl. vermietete Wohnung im Untergeschoß mit 79,37 m² blieb unverändert. Die Wohnfläche des erweiterten Gebäudes umfaßt nunmehr insgesamt ca. 300 m², von denen ca. 154 m² vermietet wurden. Die Kosten des Anhaus betrugen 118.369 DM.

In ihren Steuererklärungen machten die Kl. für die eigengenutzte Wohnung die Steuerbegünstigung nach § 10 e Einkommensteuergesetz (EStG) geltend. Die Einkünfte aus dem vermieteten Gebäudeteil ermittelten sie nach § 21 Abs. 1 EStG durch Überschußrechnung. In den ESt-Erklärungen 1989 und 1990 beantragten sie für die Herstellungskosten der beiden vermieteten Wohnungen in dem Anbau degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 5 EStG in Höhe jeweils 7 v.H. jährlich (1989 4.788 DM, 1990 7.961 DM). In den ESt-Bescheiden 1989 und 1990 vom 31. Mai 1990 sowie 20. September 1991 ließ das FA jedoch auf die Anbauaufwendungen nur lineare AfA nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG in Höhe von 2 v.H. (1989 1.269 DM, 1990 2.367 DM) zum Abzug zu und setzte die Steuer für 1990 teilweise vorläufig nach § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) fest.

Gegen diese Bescheide legten die Kl. am 02. Juli 1990 sowie 24. September 1991 Einspruch ein und beantragten weiterhin AfA nach § 7 Abs. 5 EStG für die Bauaufwendungen, da durch den Anbau der Appartements an das bestehende Wohnhaus ein selbständiger Gebäudeteil nach Abschn. 42 a Abs. 2 Nr. 3 sowie Abschn. 13 b Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) geschaffen worden sei.

Mit einheitlicher Entscheidung vom 18. Oktober 1991 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück und setzte die Steuer für 1989 nunmehr ebenfalls gem. § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufig fest. Es vertrat die Auffassung, die Wohnungen in dem Anbau seien kein selbständiges Wirtschaftsgut, da diese wie ein Teil des bisher vorhandenen Gebäudes vermietet worden seien.

Mit der am 19. November 1991 erhobenen Klage wird weiterhin AfA nach § 7 Abs. 5 EStG geltend gemacht. Zur Begründung lassen die Kl. im wesentlichen folgendes vortragen: Der Bundesfinanzhof (BFH) habe durch Beschluß des Großen Senats vom 04. Juli 1990 GrS 1/89, Bundessteuerblatt –BStBl– II 1990, 830, die Begriffe Herstellungsaufwand und Herstellungskosten neu definiert. Danach gelte der handelsrechtliche Begriff der Herstellungskosten gem. § 255 Handelsgesetzbuch (HGB) für das gesamte Einkommensteuerrecht. Ob Herstellungsaufwand oder Herstellungskosten vorlägen, sei von wesentlicher Bedeutung. Denn die Finanzverwaltung unterscheide wie folgt: Herstellungsaufwand, mithin nachträgliche Herstellungskosten, würden lediglich der bisherigen Abschreibungsbemessungsgrundlage hinzuaddiert (Abschn. 44 Abs. 11 Satz 4 EStR) und AfA-Methode sowie AfA-Satz beibehalten. Bei Herstellungskosten sei dagegen von einer neuen AfA-Bemessungsgrundlage auszugehen (Abschn. 43 Abs. 5 EStR). Das Vorliegen eines neuen Wirtschaftsguts und somit von Herstellungskosten sei nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu beurteilen. Ob die Voraussetzungen dieser Bestimmung gegeben seien, sei danach abzugrenzen, ob der bisher vorhandene Vermögensgegenstand seinen eigenständigen Charakter aufgegeben habe. Dies sei immer dann der Fall, wenn beispielsweise ein Gebäude durch Anbauten und Erweiterungen umgestaltet werde. Durch den Anbau der zwei Appartements sei das Gebäude umgestaltet und dessen Ansicht entsprechend verändert worden. Somit lägen Herstellungskosten vor, welche eine neue mit 7 v.H. nach § 7 Abs. 5 EStG abschreibbare Bemessungsgrundlage ergäben. Die bisher teilweise von an...

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