Entscheidungsstichwort (Thema)
Auftragsforschung des gemeinnützigen Betreibers eines Herz- und Rehabilitationszentrums als Zweckbetrieb. Körperschaftsteuer 1990–1993. Umsatzsteuer 1990–1993. Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1993. Vermögensteuer zum 1.1.1993. Aufhebung des Freistellungsbescheids 1993
Leitsatz (amtlich)
1. Ein als gemeinnützig anerkannter eingetragener Verein, der die Rehabilitation für Herz- und Kreislaufkranke fördern will und dazu ein Herz- sowie ein Rehabilitationszentrum betreibt, unterhält durch die daneben für Unternehmen der Pharma- und Geräteindustrie auf dem dem Gebiet der Pharmakologie und Kardiologie betriebene Auftragsforschung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
2. Dieser wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist kein Zweckbetrieb, wenn der Verein aufgrund von jeweils mit den Auftraggebern abgeschlossenen Forschungsverträgen jeweils einzelne, ganz bestimmte Forschungsleistungen an den jeweiligen Zahlenden erbringt, diesem gegenüber zur Geheimhaltung verpflichtet ist und ihm die Forschungsergebnisse vor einer Veröffentlichung mitzuteilen hat, sich teilweise die Höhe der Zahlungen nach dem Umfang des Auftrags bzw. den dabei entstandenen Forschungskosten richtet und die Auftragsforschung objektiv gesehen durch die wirtschaftlichen Interessen der Auftraggeber an den Forschungsergebnissen und des Vereins an der Erzielung entsprechender Einnahmen geprägt wird.
3. Dass der Verein im Bereich der Auftragsforschung keine „Exklusivverträge” abgeschlossen hat und die Forschungsergebnisse zeitnah auch im Herz- und im Rehabilitationszentrum verwertet werden können sowie später ggf. auch veröffentlicht werden, ändert an dieser Beurteilung nichts.
4. Zu den Anforderungen an die Zweckbetriebseigenschaft von Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen (§ 68 Nr. 9 AO).
Normenkette
AO 1977 § 68 Nr. 9; KStG 1991 § 5 Abs. 1 Nr. 9; AO 1977 §§ 64, 65 Nrn. 1-2; UStG 1991 § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4; BewG 1991 § 97 Abs. 2; VStG § 3 Nr. 12; UStG 1991 § 12 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, inwieweit durch die vom klagenden Verein in Verbindung mit seinem Krankenhausbetrieb durchgeführten medizinischen Forschungen und dabei erzielten Einnahmen ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet wurde (§§ 64, 65, 67, 68 Nr. 9 AO i.V.m. § 5 Nr. 9 KStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a) UStG, § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4, § 97 Abs. 2 BewG. § 3 Nr. 12 VStG).
Der klagende Verein, dessen Mitglieder vorwiegend öffentliche und kirchliche Stellen sind, betreibt eine Krankenanstalt zur Behandlung von Patienten mit Herz- und Kreislauferkrankungen (sogenanntes Herzzentrum) und ein angeschlossenes Rehabilitationszentrum. Nach § 2 seiner Satzung wird der Vereinszweck, die Rehabilitation für Herz- und Kreislaufkranke zu fördern u. a. durch die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit der Universität … (Nr. 2) und durch „die weitere Entwicklung der Rehabilitation, der Kardiologie und der Kardiochirurgie, insbesondere in Wissenschaft und Forschung” verwirklicht. Die Satzung und nach den früheren Feststellungen auch die Geschäftsführung des Klägers erfüllten die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung des
Klägers als gemeinnützig. Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) erließ zuletzt am 10. Juni 1992 für 1990 und am 19. September 1995 für 1993 Bescheide über die Freistellung des Klägers von der Körperschaftsteuer (KSt), der Gewerbsteuer und der Vermögensteuer (VSt). Der Bescheid vom 19. September 1995 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO).
In den zunächst beim FA eingegangenen Umsatzsteuer(USt)-Erklärung des Klägers für 1990 und 1991 waren jeweils hohe steuerfreie Umsätze angegeben sowie die folgenden Umsatzsteuern aus steuerpflichtigen Umsätzen …
Unter Berichtigung eines Rechenfehlers in der USt-Erklärung 1990 wurde durch Bescheid vom 15. Juli 1992 die USt-Vergütung für 1990 unter Vorbehalt der Nachprüfung auf … DM festgesetzt. Die USt-Erklärung für 1991 führte unmittelbar zur Steuerfestsetzung (§ 168 i.V.m. § 164 AO).
Am 22. Dezember 1993 gab der Kläger veränderte USt-Erklärungen für 1990 und 1991 sowie die USt-Erklärung für 1992 ab und am 28. Oktober 1994 gab der Kläger die USt-Erklärung für 1993 ab, die jeweils wiederum hohe (für 1990 und 1991 gegenüber bisher etwas geringere) steuerfreie Umsätze und steuerpflichtige Umsätze zum Regelsteuersatz sowie Umsätze zum ermäßigten Steuersatz auswiesen und (für 1990 und 1991 erhöhte) Vorsteuerbeträge wie folgt enthielten: …
Dementsprechend wurde durch geänderte Bescheide vom 6. April 1994 (für 1990) und 28. Januar 1994 (für 1991) jeweils die USt festgesetzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufrecht erhalten. Die USt-Erklärung für 1992 führte unmittelbar zur Steuerfestsetzung, der USt-Erklä...