Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Tarifbegünstigung bei fehlender Zusammenballung von Entschädigungszahlungen. Bindung des Veranlagungs-FA an Lohnsteuerauskünfte des Betriebsstätten-FA. Einkommensteuer 1993

 

Leitsatz (amtlich)

1. Leistet der Arbeitgeber nach der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses neben einer Abfindung zusätzliche Zahlungen, stehen diese der ermäßigten Besteuerung der Abfindungszahlung nicht entgegen, wenn sie erkennbar nicht als Abfindung gezahlt werden, sondern als Entgelt für eine neue Tätigkeit oder als Zahlungen auf Ansprüche aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis. Dies gilt ebenso, wenn die Zahlungen steuerbefreit sind oder beim ausscheidenden Arbeitnehmer zu keiner Einkommensteuer führen.

2. Weiterhin gewährte geldwerte Vorteile aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis beeinträchtigen –anders als im Auflösungsvertrag erstmals eingeräumte Vorteile– die Steuerbegünstigung einer daneben gezahlten Entschädigung nicht.

3. Gewährt der Arbeitgeber einem Vorstandsmitglied für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses neben der Zahlung eines einmaligen Abfindungsbetrages geldwerte Zuwendungen in Form einer kostenlosen Kfz-Überlassung und der Übernahme von Versicherungsbeiträgen, fehlt es an der zur ermäßigten Besteuerung der Einkünfte nötigen Zusammenballung der Einkünfte.

4. Die Lohnsteuerauskunft des für den Arbeitgeber zuständigen Betriebsstättenfinanzamtes bindet das für den Arbeitnehmer zuständige Veranlagungsfinanzamt nicht.

 

Normenkette

EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.12.2002; Aktenzeichen XI R 54/01)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Abfindung nach § 34 EinkommensteuergesetzEStG – ermäßigt zu besteuern ist.

Der Kläger wurde zum 1. Januar 1987 als Personalchef und Arbeitsdirektor zum ordentlichen Vorstandsmitglied der … zunächst für drei Jahre bestellt. Im Anstellungsvertrag vom 23. Juli 1986 wurde vereinbart, dass dieser Anstellungsvertrag auf die Zeit der Bestellung zum Vorstand befristet ist und bei einer Verlängerung der Vorstandstätigkeit entsprechend weiter gilt. Im Jahr 1989 wurde die Anstellung entsprechend der Bestellung zum Vorstand für 5 Jahre verlängert, also bis zum 31. Dezember 1994.

Nach § 4 des Anstellungsvertrags war die entgeltliche oder unentgeltliche Nebentätigkeit von einer vorherigen schriftlichen Erlaubnis des Aufsichtsrats abhängig. Dasselbe galt im Rahmen des gesetzlich Zulässigen auch für die Übernahme von Ehrenämtern. Nach § 12 hat das Vorstandsmitglied Anspruch auf einen Dienstwagen aus der Palette der … Der Dienstwagen kann auch für Privatfahrten genutzt werden. Nach § 13 ist das Vorstandsmitglied im Rahmen der kollektiven Unfallversicherung von … gegen Unfälle (privat und auf Dienstreisen) versichert. Außerdem wird für das Vorstandsmitglied eine Lebensversicherung für den Todesfall mit DM 2.400 Jahresprämie abgeschlossen, deren Versicherungssumme an seine Erben ausgezahlt wird. In § 14 findet sich eine Ruhegehaltsregelung, in der sich zur weiteren Überlassung eines Fahrzeugs oder zur Fortzahlung der Versicherungsprämien über die Zeit der Bestellung zum Vorstandsmitglied hinaus nichts findet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Anstellungsvertrag verwiesen.

Die Gehalts- und Tantiemebezüge im Jahr 1992 betrugen DM …

Laut Aufhebungsvertrag vom 4. Dezember 1992 wurde das Anstellungsverhältnis auf Veranlassung von … zum 31. Dezember 1992 beendet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Aufhebungsvertrag verwiesen. Aus Anlass der Beendigung zahlte … im Januar 1993 eine Abfindung von brutto DM … Die Vertragschließenden gingen davon aus, dass auf diese Abfindung die §§ 3 Nr. 9, 24 und 34 EStG Anwendung finden. Das steuerliche Risiko der Abfindung sollte der Kläger tragen. In dem Aufhebungsvertrag wurde weiter vereinbart, dass dem Kläger am 1. Januar 1995 ein Anspruch auf Ruhegehalt gemäß § 14 des Anstellungsvertrags zusteht. Nach Ziffer 6 des Aufhebungsvertrags hat der Kläger bis 31. Dezember 1994 Anspruch auf einen Dienstwagen aus der Palette der …, versteuert und versichert gemäß Leasing-Regelung kostenlos, jedoch ohne Anspruch auf Ersatz von Benzinkosten. Etwa hierdurch anfallende Personensteuern hatte der Kläger zu tragen. Nach Ziffer 7 des Aufhebungsvertrags wurde die Regelung nach § 13 des Anstellungsvertrags (Lebensversicherung und Unfallversicherung) bis 31. Dezember 1994 weitergeführt. Mit Ablauf des 31. Dezember 1994 hatte der Kläger das Recht, die in § 13 Abs. 2 des Anstellungsvertrags genannte Lebensversicherung zu übernehmen und weiterzuführen. Die Vertragsparteien vereinbarten, unverzüglich gemeinsam eine Lohnsteueranrufungsauskunft einzuholen.

Am 25. Januar 1993 bescheinigte das Finanzamt …, dass die in Ziffer 6 und 7 des Aufhebungsvertrags versprochenen Leistungen lohnsteuerpflichtig sind und von der Abfindung die Lohnsteuer für den nach § 3 Nr. 9 EStG DM 24.000 übersteigende...

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