Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung der BFH-Rechtsprechung zum Ansatz einer Abschreibung auf den kommerzialisierbaren Teil des Namensrechts einer natürlichen Person auf sogenannte Influencer
Leitsatz (redaktionell)
Der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts einer natürlichen Person stellt ertragsteuerlich ein Wirtschaftsgut und kein bloßes Nutzungsrecht dar; vom Einlagewert können daher Abschreibungen vorgenommen werden (vgl. BFH, Urteil v. 12.6.2019, X R 20/17). Ein entsprechendes Wirtschaftsgut kann bei einer Influencerin jedoch erst dann entstehen, wenn sie ihre gewerbliche Tätigkeit aufnimmt und z. B. Lizenzverträge abschließt; im Privatvermögen vor der Betriebseröffnung stellt das bloße Influencerprofil zusammen mit den Followern (ohne Lizenzverträge oder Ähnlichem) noch kein (selbständiges) Wirtschaftsgut im steuerlichen Sinne dar, sodass § 5 Abs. 2 EStG einer Einlage des Influencerprofils zum Zeitpunkt der Betriebseröffnung sowie der anschließenden Inanspruchnahme von AfA auf einen Einlagewert entgegensteht.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 5, § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 15 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die am XX.XX.XXXX geborene Klägerin erzielte im Streitjahr 2019 Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Influencerin. Der Gewerbebetrieb wurde von ihr zum XX.XX.2018 bei der Gemeinde A angemeldet. Gegenstand des Unternehmens war laut Gewerbeanmeldung „Internetdienstleistungen, Online-Vertriebsunterstützung und Produktwerbung”.
Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Im Jahr 2018 standen dem aus dieser Tätigkeit erzielten Umsatz in Höhe von 10.960 EUR Betriebsausgaben in Höhe von 10.672,71 EUR gegenüber, so dass letztendlich ein Gewinn in Höhe von 287,29 EUR verblieb.
Im Streitjahr 2019 beliefen sich die Betriebseinnahmen laut elektronisch übermittelter Einnahmenüberschussrechnung auf 79.815,13 EUR netto. Zuzüglich der Umsatzsteuer in Höhe von 15.164,87 EUR ergab sich ein Bruttoumsatz in Höhe von 94.980,00 EUR. Nach Abzug der erklärten Betriebsausgaben in Höhe von 10.358,12 EUR, die im Wesentlichen Waren, Übernachtungs- und Fahrtkosten umfassten, verblieb ein Gewinn in Höhe von 84.621,88 EUR. Im Einkommensteuerbescheid für 2019 vom 29.07.2021 wurde dieser der Besteuerung zunächst wie erklärt zugrunde gelegt.
Gegen diesen Bescheid legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am XX.XX.XXX Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12.06.2019 (Az. X R 20/17, Bundessteuerblatt [BStBI] II 2020 S. 3) entschieden habe, dass der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts einer natürlichen Person ertragsteuerlich ein einlagefähiges Wirtschaftsgut darstelle, von welchem auch Abschreibungen vorgenommen werden könnten. Die Klägerin erziele als Influencerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ihre Betriebseinnahmen würden zum größten Teil aus ihrem Bekanntheitsgrad resultieren, welcher unweigerlich mit ihrem Namen in Verbindung stehe. Folglich stelle der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts notwendiges Betriebsvermögen dar, welcher im Zeitpunkt der Betriebseröffnung bewertet und eingelegt werden müsse. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb sei daher um die Abschreibung des kommerzialisierbaren Teils des Namensrechts zu mindern.
Auf Aufforderung des beklagten Finanzamts legte er mit Schreiben vom XX.XX.XXXX eine detaillierte Berechnung des Einlagewerts des kommerzialisierbaren Teils des Namensrechts in Höhe von 1.493.352,30 EUR nebst den herangezogenen Statistiken, die in seine Bewertung mit eingeflossen sind, vor. Weiter teilte er mit, dass die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) 2019 einen Tippfehler enthalten habe. Die Erlöse seien zu hoch ausgewiesen worden. Er reichte deshalb eine entsprechend korrigierte EÜR 2019 ein, in welcher der ermittelte Einlagewert jedoch noch nicht berücksichtigt wurde. Der steuerliche Gewinn betrug hiernach 62.111,88 EUR.
In seiner Stellungnahme vom XX.XX.XXXX teilte das beklagte Finanzamt dem Prozessbevollmächtigten mit, dass auf der Plattform „Instagram” je nach „insights” bereits Kooperationen ab 1.000 Followern abgeschlossen werden könnten. Auch aus dem lnstagram-Profil der Klägerin sei ersichtlich, dass bereits seit dem Jahr 2014 Werbung für diverse Produkte und Dienstleistungen gemacht worden sei, unter anderem für Sportmarken (z.B. B), Friseur, Schmuck, C und Hotels. Hier dürfte die Followerzahl noch deutlich niedriger gewesen sein. Einnahmen würden bereits durch die Entgegennahme von zugeschickten Produkten oder Inanspruchnahme von Dienstleistungen (kostenlos) erzielt und seien im Rahmen des geldwerten Vorteils zu versteuern. Da die Produkte und Dienstleistungen zusätzlich auf den Bildern unter der Markierung von Werbung bzw. Anzeige dargestellt würden, sei davon auszugehen, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt bezahlte Kooperationen mit Werbepartnern eingegangen ...