Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung der vom BFH, Urteil v. 2.12.2020, II R 22/18, BStBl 2022 II S. 66, im zeitlichen Anwendungsbereich des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1-5 ErbStG in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 als Verwaltungsvermögen eines Verpachtungsbetriebs beurteilten Betriebsgrundstücke nicht sachlich unbillig im Sinne des § 163 Abs. 1 AO
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Steuerpflichtige den Geschäftsbetrieb seines Einzelunternehmens unter Zurückbehalt der Betriebsgrundstücke auf eine GmbH übertragen, an der er nur geringfügig und im Übrigen mehrheitlich seine Neffen beteiligt sind, hat er bislang die Betriebsstücke im Rahmen einer gewerblichen Verpachtung an die GmbH verpachtet und überträgt er nunmehr die Betriebsgrundstücke auf seine Neffen, so gehören die Betriebsgrundstückstücke beim Verpachtungsbetrieb zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011. Die GmbH ist als selbständige juristische Person ungeachtet der Beteiligungsverhältnisse „Dritte” im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG alte Fassung, die Ausnahmeregelungen in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a-e ErbStG alte Fassung sind nicht einschlägig.
2. Hat der BFH, Urteil v. 2.12.2020, II R 22/18, BStBl 2022 II S. 66, bezüglich der Klage gegen den Feststellungsbescheid, durch den die Grundstücke des Verpachtungsbetriebs als Verwaltungsvermögen gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG alte Fassung aufgrund der Grundstücksverpachtung an die GmbH eingestuft worden sind, entschieden, dass eine teleologische Reduktion oder Erweiterung der Tatbestandsmerkmale der §§ 13a, 13b ErbStG in der Fassung des ErbStRG nicht ausschließlich darauf gestützt werden kann, dass die Vorschriften aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ansonsten verfassungswidrig wären, und dass die Wirkung der durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts BVerfG, Urteil v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, angeordneten Weitergeltung nicht unterlaufen werden darf, so sind die Beteiligten daran gebunden und es besteht auch auch kein Anspruch darauf, dass die Betriebsgrundstücks nunmehr nach § 163 Abs. 1 AO im Billigkeitswege infolge einer vermeintlichen sachlichen Unbilligkeit nicht als Verwaltungsvermögen eingestuft werden. Soweit die Kläger eine zu eng gefasste Ausgestaltung der Rückausnahmen in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 ErbStG alte Fassung innerhalb ihres zulässigen Inhalts rügen, steht einer Billigkeitsmaßnahme mit dem Ziel einer teleologischen Erweiterung dieser Rückausnahmen das rechtskräftige Urteil des BFH, Urteil v. 2.12.2020, II R 22/18, BStBl 2022 II S. 66, inhaltlich entgegen (§ 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO).
3. Eine Billigkeitsmaßnahme, die sich über die Rechtskraft eines Urteils hinwegsetzt, ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, kann jedoch nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Bei Einwänden, die die materiell-rechtliche Richtigkeit der Steuerfestsetzung betreffen, ist ein Erlass aus Billigkeitsgründen nur möglich, wenn die Steuerfestsetzung bzw. das diese bestätigende Urteil offensichtlich und eindeutig falsch sind. Eine solche Ausnahme, die im Widerspruch zur Rechtkraft eines Urteils einen Erlass aus Billigkeitsgründen zulassen wüde, liegt im Fall des rechtskräftigen BFH-Urteils, BFH, Urteil v. 2.12.2020, II R 22/18, BStBl 2022 II S. 66, nicht vor.
4. Eine Billigkeitsmaßnahme ist auch nicht im Rahmen der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG alte Fassung zur Milderung der im Zusammenhang mit der Anwendung eines nicht zu beanstandenden Gesetzes auftretenden Härten geboten.
Normenkette
AO §§ 5, 163 Abs. 1 S. 1; ErbStG 2012 § 13b Abs. 1, 2 Sätze 1, 2 Nr. 1 S. 2, Abs. 2a; BewG § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; FGO § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A. Allgemeines
Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine abweichende Feststellung des Werts des Betriebsvermögens gem. § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 163 AO aus Billigkeitsgründen vorliegen und in diesem Rahmen das Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 des ErbStG i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl I 2011, 2131 – ErbStG a.F.) auf den Stichtag vom XX.XX.2012 niedriger festgesetzt werden kann.
Der XXXX geborene A hatte seit Mitte der XXer Jahre des vorigen Jahrhunderts bis zum Ende des Jahres XXXX auf eigenen Grundstücken ein Einzelunternehmen betrieben und dort auch gewohnt. Die XXXX und XXXX geborenen Kläger, seine Neffen, waren in diesem Betrieb als Arbeitnehmer beschäftigt.
Mit Gesellschaftsvertrag vom XX.XX.XXXX (…) wurde die A-GmbH mit einem Stammkapital von XXX EUR errichtet. Die beiden Kläger leisteten eine Stammeinlage in Höhe von jeweils XXX EUR, A eine in Höhe von XXX EUR. Die Kläger wurden zu Geschäftsführern bestellt (…). Am XX.XX.2001 verkaufte und übertrug A den Geschäftsbetrieb se...