Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorerwerberpreis als Zollwert
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Preis aus einem Verkauf, der dem letzten Verkauf, der zum Verbringen der Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft geführt hat, vorausgeht, kann als sogenannter Vorerwerberpreis der Zollwertermittlung zugrunde gelegt werden, wenn der Zollanmelder nachweist, dass schon bei diesem Vorerwerbergeschäft die Waren mit Bestimmung für das Zollgebiet der Union verkauft wurden.
2. Ein Zollwertanmelder, der den Vorerwerber als Käufer bestimmt hat, ohne die erforderlichen Unterlagen vorlegen zu können, hat das ihm durch Art. 147 ZK-DVO eingeräumte Wahlrecht nicht wirksam ausgeübt.
3. Der Nachweis der tatsächlichen Zahlung ist für die Ermittlung des Transaktionswerts der Waren erforderlich.
Normenkette
ZK Art. 29 Abs. 1; EWGV Nr. 92/2913 Art. 29 Abs. 1; ZKDV Art. 147, 178; EWGV 93/2454 Art. 147, 178
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin handelt mit (…) und ist zu 100% ein Tochterunternehmen des Drittlandsunternehmens in A. In der Schweiz verfügt sie lediglich über einen Angestellten, den Geschäftsführer B, der zugleich für rund X weitere Gesellschaften zeichnungsberechtigt ist. Die (…) werden von den europäischen Distributoren direkt bei der Muttergesellschaft im Drittland A bestellt. Dort wird entschieden, ob die Bestellungen mit Waren aus dem Lager im Drittland A aus der Produktion durch verbundene Unternehmen in (…) bedient werden oder die Lieferungen direkt von den unabhängigen asiatischen Geschäftspartnern erfolgen.
In den Jahren 2005 bis Anfang 2007 bezog die Klägerin u.a. (…) von ihrer Muttergesellschaft, des Drittlandsunternehmens in A. Die (…) waren zum Teil nordamerikanischen Ursprungs, zum Teil asiatischen Ursprungs. Zudem bezog sie (…) auch direkt von nicht verbundenen Lieferanten in Fernost.
Im Rahmen einer Ende des Jahres 2007 begonnenen, den Zeitraum 1. Januar 2005 bis 30. September 2007 betreffenden Zollprüfung stellte der Prüfer unter anderem fest, dass im Monat Oktober 2006 bei der Überführung der Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr immer ein Kaufgeschäft zwischen dem Drittlandsunternehmen bzw. den Verkäufern in Fernost einerseits und der Klägerin andererseits als das für die Zollwertermittlung maßgebende Kaufgeschäft (sog. Vorerwerbergeschäft) angemeldet worden war. Ausweislich des Prüfungsberichts vom XX.XX.XXXX (…) war ein Abgleich der in den vorgelegten Wareneinkaufs- und Kostenkonten gebuchten Beträge mit den zu den Zollanmeldungen vorgelegten Rechnungen nicht möglich. Die Zahlungen der Klägerin an die Muttergesellschaft für Warenlieferungen waren in den Konten als nicht weiter aufgeschlüsselte monatliche Sammelbuchungen (Bulk-Buchungen) erfasst. Erst ab März 2007 erfolgte eine Aufschlüsselung der Bulk-Buchungen. Da eine Prüfung zur Feststellung, ob die angemeldeten Preise tatsächlich gezahlt worden waren und deren Höhe die vollständige Bezahlung des Käufers an die Verkäufer für die eingeführten Waren darstellten, nach Auffassung des Hauptzollamts (HZA) nicht möglich war, erkannte es die auf Grundlage der angemeldeten Kaufgeschäfte zwischen dem Drittlandsunternehmen und der Klägerin ermittelten Zollwerte nicht an und berechnete sie auf Basis der sich anschließenden Kaufgeschäfte zwischen der Klägerin und ihren Kunden in der Gemeinschaft neu. Dabei berücksichtigte das HZA, dass die Klägerin die Ware frei Haus, verzollt verkaufte. Die in den Preisen enthaltenen innergemeinschaftlichen Beförderungskosten und die gesetzlich geschuldeten Zölle inkl. Antidumping-Zölle wurden daher bei der Ermittlung des zutreffenden Zollwertes – soweit möglich – heraus gerechnet. Darüber hinaus stellte der Prüfer fest, dass die Waren teilweise unter einer falschen Tarifnummer oder mit einem falschen Ursprung angemeldet worden waren. Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom XX.XX.XXXX, Tz. 3.3.11 verwiesen.
Da Verjährung drohte, teilte das HZA der Klägerin bereits vor Abschluss der Prüfung mit Bescheid vom XX.XX.XXXX (…) sowohl für die Einfuhren, bei denen ein abweichender Ursprung oder eine abweichende Tarifnummer angemeldet worden war, als auch für die unter Angabe des Vorerwerberpreises eingeführten Waren Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt XX.XXX,XX EUR (XX.XXX,XX EUR Zoll sowie XX.XXX,XX EUR Antidumping-Zoll) mit. Wegen der Einzelheiten wird auf den Einfuhrabgabenbescheid verwiesen (…). Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (…) ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010, eingegangen bei Gericht am 1. Juni 2010, Klage erheben.
Zur Begründung lässt sie vortragen, die von ihr im Rahmen der mit der Muttergesellschaft im Drittland abgeschlossenen Kaufgeschäfte gezahlten Preise stellten nicht den Vorerwerberpreis, sondern den Transaktionswert dar, weil diese Geschäfte den jeweiligen Verkauf zur Ausfuhr in die Gemeinschaft im Sinne des Art. 29 Abs. 1 Zollkodex (Verordnung [EWG] Nr. 2913/92 des Rat...