Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein steuerfreier Sanierungsgewinn bei fehlender Sanierungseignung eines Teilschulderlasses durch mehrere Gläubiger

 

Leitsatz (amtlich)

Aus einem Teilerlass von Forderungen durch mehrere Gläubiger einer GmbH kann weder auf die Sanierungsabsicht noch auf die Sanierungseignung des Schulderlasses geschlossen werden, wenn die verbleibenden Schulden der GmbH gegenüber anderen Gläubigern, die sich nicht an einem Schulderlass beteiligt haben, einen wesentlichen Teil der Gesamtverbindlichkeiten ausmachen und auch andere ergänzende Maßnahmen, die eine ungefährdete und ertragreiche Fortführung der GmbH erwarten lassen, nicht getroffen worden sind.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 66

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Ertrag aus dem Erlass bestimmter Kaufpreisschulden und von Grunderwerbsteuer als Sanierungsgewinn steuerfrei ist (§ 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz –KStG– in Verbindung mit § 3 Nr. 66 Einkommensteuergesetz –EStG–).

Die Klägerin wurde ursprünglich 1978 mit dem Geschäftszweck Betreuung, Pflege und Behandlung sowie Rehabilitation behinderter, kranker, notleidender und hilfebedürftiger Personen, insbesondere durch das Betreiben von Wohnheimen, Pflegeheimen, Fachkliniken, Wohngemeinschaften und Werkstätten gegründet. Durch Kaufvertrag vom 01. März 1979 erwarb sie von der Firma … GmbH & Co KG (KG) ein mit einem Sanatoriumsgebäude bebautes Grundstück mit einer Fläche von 8.811 m² in … zum Kaufpreis von 1.500.000 DM. In Anrechnung auf diesen Kaufpreis übernahm die Klägerin in Höhe von 750.000 DM bestimmte Grundstücksbelastungen bzw. diesen zugrunde liegende Darlehensschulden sowie in Höhe von 20.000 DM die Geschäftsanteile an einer GmbH. In Höhe von 326.750 DM verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung einer monatlichen Rente an bisherige Gesellschafter der Verkäuferin (Eheleute …–St–) sowie in Höhe von 403.250 DM zur Zahlung von 60.000 DM in Monatsraten über zwei Jahre und 343.250 DM in einem nach Ablauf von zwei Jahren fälligen Gesamtbetrag an andere bisherige Gesellschafter der Verkäuferin (Eheleute …–M.–). Die letztere Kaufpreisverpflichtung wurde durch Vertrag vom 22. Dezember 1981 dahin geändert, dass die Klägerin an die Eheleute M. auf 13 Jahre und 5 Monate monatlich je 2.500 DM Rente zu zahlen hatte.

Die Klägerin wollte in dem erworbenen Gebäude ein Altenheim und Altenpflegeheim betreiben. Zeitweise wurde das Grundstück jedoch durch Vermietung an öffentliche Stellen zur Unterbringung von Kontingentflüchtlingen und Asylbewerbern genutzt.

Da der beabsichtigte Betrieb, der eine gemeinnützige Tätigkeit der Klägerin begründet hätte, tatsächlich nicht verwirklicht wurde, behandelte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) die Klägerin seit 1980 als körperschaftsteuerpflichtig.

Durch geänderten Gesellschaftsvertrag vom 23. Mai 1985 wurde als Gegenstand des Unternehmens die Errichtung, Verwaltung und Betreibung von Hotel- und Ferienanlagen und gewerblichen Immobilien jeder Art festgelegt.

Nach Pressemeldungen beabsichtigte die Klägerin seinerzeit, nach dem Ende der Vermietung des erworbenen Grundstücks die vorhandenen Gebäude abzureißen und dort einen Hotelkomplex zu errichten. Dies gelang jedoch nicht. Gläubiger der Klägerin betrieben die Zwangsversteigerung. Das Grundstück wurde am 15. September 1989 einer Bank als Ersteigerin zugeschlagen.

Zum 01. April 1989 erwarb der zum damaligen Zeitpunkt einzige Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin ein anderes Grundstück und verpachtete dieses an die Klägerin im Rahmen einer sog. Betriebsaufspaltung. Seitdem betreibt die Klägerin dort eine sog. Kurklinik.

Die Klägerin hatte in den 80er Jahren überwiegend Verluste erwirtschaftet. In den Jahren 1987 und 1988 wies sie Verbindlichkeiten von rd. 1,6 Mio. DM aus, die sich 1989 und 1990 auf rd. 1,1 Mio. DM verminderten. Das negative Kapital erhöhte sich von ./. 528.000 DM zum 31.12.1987 auf ./. 828.000 DM zum 31.12.1990. Für 1991 wurde ein Gewinn von rd. 77.000 DM ausgewiesen.

Ende 1990 hatte die Klägerin insgesamt Verbindlichkeiten von rd. 1.153.000 DM. Davon entfielen auf die Restschulden aus dem Grundstückskauf gegenüber den Eheleuten M. rd. 222.000 DM und gegenüber den Erben der Eheleute St rd. 137.000 DM. Hinzu trat eine Schuld aus nachträglich festgesetzter Grunderwerbsteuer wegen der tatsächlichen nichtbegünstigten Verwendung des erworbenen Grundstücks in Höhe von fast 100.000 DM.

Die Klägerin beantragte einen Teilerlass der Grunderwerbsteuer. Nachdem sie am 19. März 1991 mit den Eheleuten M. und den Erben der Eheleute St einen Vergleich dahin geschlossen hatte, dass nach Zahlung von je 20 % der Restforderungen in zwölf Monatsraten ein Teil in Höhe von 80 % der Forderungen erlassen werde, erließ auch das FA auf Entscheidung der zuständigen Oberfinanzdirektion (OFD) vom 09. Juli 1992 80 % der festgesetzten Grunderwerbsteuer, nachdem ein Teilbetrag von rd. 19.900 DM entrichtet worden war.

In ihrem Jahresabschluss zum 31.12.1992 wies die Klägerin ein außerordentliches Ergebnis in Höhe von 319.256 DM und einen J...

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