rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuerbescheid 1988

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Kläger (Kl) sind Eheleute und im Streitjahr 1988 zusammen zu veranlagen. Der Kl ist … und die Klägerin (Klin) ist … Sie gaben ihre Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für 1988 am 13.3.1990 beim Finanzamt (FA) ab. Die Klin erklärte ihren Gewinn aus ihrer freiberuflichen Tätigkeit als … in der Anlage GSE mit … DM. Der Erklärung war eine Einnahmeüberschußrechnung beigefügt, in der die Klin die Einkünfte aus ihrer freiberuflichen Tätigkeit nach § 4 Abs. 3 EStG wie folgt ermittelte:

Aufwand

Ertrag

Honorarerlöse

… DM

Privatanteil Kfz-Nutzung

… DM

Privatanteil Telefon

… DM

Kfz-Kosten und sonstige Betriebsausgaben jeweils einzeln aufgelistet, insgesamt

… DM

… DM

… DM

Verlust

… DM

… DM

… DM

Im ESt-Bescheid für 1988 vom 22.5.1990 wurden die Einkünfte der Klin aus selbständiger Tätigkeit statt mit + … DM mit ./. … DM berücksichtigt, weil dieser Betrag als Rotbetrag in den Eingabebogen für die maschinelle Veranlagung eingetragen worden war.

Am 30.10.1992 erließ das FA einen nach § 129 AO berichtigten ESt-Bescheid für 1988, in dem die Einkünfte der Klin aus selbständiger Arbeit mit … DM angesetzt wurden. Der Bescheid wurde dahingehend erläutert, daß der in der Einnahmeüberschußrechnung versehentlich als Verlust bezeichnete Gewinn irrtümlich bei der Veranlagung als Verlust übernommen worden sei.

Am 3.11.1992 legten die Kl Einspruch ein. Sie meinten, eine Berichtigung gemäß § 129 AO komme nicht in Betracht. Der Sachbearbeiter habe den Gewinn infolge eines Denkfehlers, nicht aufgrund eines mechanischen Versehens, irrtümlich als Verlust bezeichnet. Denn die Berichtigung nach § 129 AO sei damit begründet worden, der Gewinn von … DM sei irrtümlich als Verlust bezeichnet und bei der Veranlagung als Verlust übernommen worden.

Das FA wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 9.2.1994 mit der Begründung zurück, daß es sich bei dem im ESt-Bescheid für 1988 vom 22.5.1990 enthaltenen Fehler um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO gehandelt habe.

Die Möglichkeit einer falschen Rechtsanwendung liege im Streitfall außer jeder praktischen Wahrscheinlichkeit.

Eine Unrichtigkeit in der Tatsachenwürdigung, die die Anwendung des § 129 AO ausschließen könne, liege ebenfalls nicht vor. Denn es handle sich um keine Unrichtigkeit, die über ein mechanisches Versehen hinausgehe, weil sie nicht ohne weitere Prüfung erkannt und berichtigt werden könne (BFH-Urteil vom 29.3.1985 VI R 140/81, BFHE 144, 118, BStBl II 1985, 569 m.w.N.). Habe eine Unrichtigkeit in der Tatsachenwürdigung ihren Grund in einer bloßen Unachtsamkeit und liege sie offen zutage, so könne nicht von einer falschen Tatsachenwürdigung gesprochen werden, die die Anwendung des § 129 AO ausschließen würde.

Daß die offenbare Unrichtigkeit eventuell auf den Fehler zurückzuführen sei, der der Klin in ihrer Einnahmeüberschußrechnung unterlaufen sei, hindere ebenfalls nicht die Anwendung des § 129 AO. § 129 AO betreffe zwar grundsätzlich nur Versehen der Finanzbehörde, nicht aber des Steuerpflichtigen. Anders sei es aber, wenn die Fehlerhaftigkeit der Angaben des Steuerpflichtigen – wie im Streitfall – für das FA als offenbare Unrichtigkeit erkennbar gewesen sei. Dann habe das FA die Fehlerhaftigkeit der Angaben als offenbare Unrichtigkeit übernommen (BFH-Urteil vom 24.7.1984 VIII R 304/81, BFHE 141, 485, BStBl II 1984, 785).

Im Klageverfahren beziehen sich die Kl auf ihr Vorbringen im Vorverfahren.

Sie meinen im übrigen, daß die Berichtigung gemäß § 129 AO schon deshalb nicht rechtmäßig sei, weil die nicht nur theoretische Möglichkeit eines Fehlers in der Tatsachenwürdigung bestehe. Es sei nur sehr schlecht vorstellbar, daß der Sachbearbeiter ohne Studium der Unterlagen den Betrag von DM … als Negativposten in seine Berechnungsgrundlagen übernommen habe. Er müsse vielmehr nach der Bearbeitung der Sache zu dem – tatsächlich irrtümlichen – Entschluß gekommen sein, die Klin Ziffer 2 habe einen Verlust deklariert.

Nicht nachvollziehbar sei die Behauptung des FA, es habe die Fehlerhaftigkeit der Angaben der Klin als offenbare Unrichtigkeit übernommen. Dies würde ja gerade bedeuten, daß der Sachbearbeiter die Angaben der Klin gar nicht geprüft habe.

Die Kl beantragen,

die Einspruchsentscheidung vom 9.2.1994 abzuändern und den ESt-Änderungsbescheid vom 30.10.1992 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA hält an seiner in der Einspruchsentscheidung dargelegten Rechtsauffassung fest.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Gemäß § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler u.ä. offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlaß eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Sinne der Vorschrift müssen einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlich sein, d.h. es muß sich um mechanische Fehler handeln, die ebenso mechanisch, d.h. ohne weitere Prüfung e...

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