Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingangsabgaben

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.03.1999; Aktenzeichen VII R 16/98)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob von der Nacherhebung von Zoll abzusehen ist.

Die Klägerin (Klin.) betreibt Handel mit Halbzeugen aus Metall. Sie eröffnete ihren Geschäftsbetrieb zum 01. April 1991.

Im Juni 1991 führte die Klin. eine Sendung legierter Aluminiumstäbe der Code-Nr. 7604 2910 0000 des Zolltarifs zur Abfertigung zum freien Verkehr ein. Für diese Ware bestand nach der Verordnung (VO) (EWG) Nr. 3412/90 des Rates vom 19. November 1990 zur Festsetzung von Plafonds und zur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung für die Einfuhr bestimmter Waren mit Ursprung in Jugoslawien (1991) (Amtsblatt –ABl. – der Europäischen Gemeinschaften – EG– Nr. L 335 vom 30. November 1990, S. 1) Zollfreiheit im Rahmen eines Gemeinschaftsplafonds von 2.066 t. Die Zollstelle beließ die Ware antragsgemäß zollfrei und setzte lediglich Einfuhrumsatzsteuer fest. Entsprechend verfuhr die Zollstelle anläßlich einer zweiten Einfuhr von legierten Aluminiumstäben im September 1991.

Nachdem dem beklagten Hauptzollamt (HZA) bekannt geworden war, daß aufgrund der VO (EWG) Nr. 1347/91 der Kommission vom 23. Mai 1991 zur Wiedererhebung der gegenüber dritten Ländern geltenden Zollsätze für bestimmte Waren mit Ursprung in Jugoslawien (ABl. Nr. L 129 vom 24. Mai 1991, S. 21; Fernschreiben des Bundesministers der Finanzen vom 29. Mai 1991) die Zollfreiheit entfallen und seit 27. Mai bis 31. Dezember 1991 wieder der für Einfuhren aus Drittländern geltende Zollsatz von 10 % festzusetzen war, erhob er bezüglich der ersten Einfuhr mit (endgültigem) Steueränderungsbescheid vom 19: Januar 1993 8.757,40 DM und bezüglich der zweiten Einfuhr mit vorläufigem Steueränderungsbescheid vom 18. Juli 1994 – für endgültig erklärt mit Bescheid vom 25. April 1995 – 8.055,28 DM nach. Die Zollbeträge wurden entrichtet.

Der Einspruch der Klin. wurde mit Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 1996 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit ihrer Klage macht die Klin. im wesentlichen geltend, die Nacherhebungsbescheide seien rechtswidrig, da gem. Art. 5 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 (ABl. Nr. L 197 vom 03. August 1979 S. 1) bzw. Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b der VO (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften vom 12. Oktober 1992 (ABl. Nr. L 302 vom 19. Oktober 1992, S. 1 – Zollkodex – ZK –) von der Nacherhebung abzusehen sei. Die Zollstelle habe nach Aktenlage weder die vorgeschriebene AÜV-Meldung an die ZZK Düsseldorf erstellt noch die Bescheide mit einem Vorläufigkeitsvermerk oder einem Vorbehalt der Nachprüfung versehen. Die Zollstelle habe damit klar zu erkennen gegeben, daß ihr die Präferenzregelung (Plafond) nicht bekannt gewesen sei. Dieser Irrtum sei ein Rechtsirrtum, der ein Irrtum im Sinne des Art. 5 Abs. 2 VO Nr. 1697/79 bzw. Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b ZK sei.

Diesen Irrtum habe die Klin. nicht gekannt und nicht erkennen können.

Die Klin. bzw. ihre Geschäftsführer hätten zur Zeit der Einfuhr nicht gewußt, daß für Lieferungen aus Jugoslawien Plafonds bestanden. Sie seien vielmehr davon ausgegangen, daß Lieferungen aus Jugoslawien ohne irgendwelche Einschränkungen (zollfrei) hätten importiert werden können.

Für die Erkennbarkeit des Irrtums komme es u.a. auf die Erfahrung des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers und in diesem Zusammenhang darauf an, ob er gewerbsmäßig im wesentlichen im Einfuhr- und Ausfuhrgeschäft tätig sei, insbesondere ob er in der Vergangenheit bereits Geschäfte dieser Art durchgeführt habe. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt. Die hier betroffenen beiden Einfuhren seien die ersten Einfuhren gewesen, die die Klin. überhaupt seit Eröffnung ihres Geschäftsbetriebs durchgeführt habe. Es könne deshalb gewiß nicht davon ausgegangen werden, daß die Klin. gewerbsmäßig im wesentlichen im Einfuhrgeschäft tätig gewesen sei und bereits eine gewisse Erfahrung im Handel mit den betreffenden Waren besitze. Entsprechendes gelte für die beiden Geschäftsführer der Klin. Vor Gründung der Klin. seien die Geschäftsführer in Konzernen der Metallbranche tätig gewesen. In beiden Konzernen sei der Einkauf einschließlich Import von Einkaufsabteilungen, denen sie nicht angehört hätten, zentral gesteuert worden. Beide Geschäftsführer hätten deshalb kein Wissen zu speziellen Importformalitäten gehabt. Sie seien nur mit dem Verkauf von Metallerzeugnissen in Baden-Württemberg beschäftigt gewesen. Aufgrund ihrer Unerfahrenheit habe die Klin. keine Zweifel an der Richtigkeit der ihr gewährten Zollfreiheit gehabt. Die Klin. habe deshalb nicht sorgfaltswidrig gehandelt, weil sie keine Informationen über den maßgeblichen Zollsatz eingeholt habe. Als unerfahrene Wirtschaftsteilnehmerin müsse sie das nicht. Verlange man wie das HZA gerade von einem Unerfahrenen, das ABl. der EG be...

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