Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Werbungskostenausschluss aus § 3c EStG für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei Bezug von Konkursausfallgeld. Einkommensteuer 1996

 

Leitsatz (amtlich)

Der Geltendmachung von Werbungskosten in Form von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für Zeiträume, in den der Arbeitnehmer lediglich Konkursausfallgeld erhält, steht § 3c EStG jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte in Unkenntnis der bevorstehenden Konkurseröffnung objektiv und subjektiv zur Förderung seiner Berufstätigkeit aufsucht und durch dieses Verhalten maßgeblich zu seiner Weiterbeschäftigung über den Konkurseröffnungszeitpunkt beiträgt.

Denn in diesem Fall wird ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Fahrtkosten und dem Konkursausfallgeld nicht begründet. Vielmehr stehen die Fahrtkosten in einem Zusammenhang zu dem Arbeitslohn, der aufgrund der Fortführung des Arbeitsverhältnisses über den Konkurseröffnungszeitpunkt hinaus zu Lasten der Konkursmasse bezogen wurde.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, §§ 3c, 3 Nr. 2; VglO § 2 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.11.2000; Aktenzeichen VI R 93/98)

 

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid 1996 vom 25. März 1997 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 13. Mai 1997 abgeändert Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind noch Werbungskosten von 1.260,– DM abzuziehen. Die Berechnung der Einkommensteuer 1996 wird auf den Beklagten übertragen:

Das mit Progressionsvorbehalt zu versteuernde Einkommen ist auf 19.750,– DM herabzusetzen. In die Berechnung des besonderen Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) wird Konkursausfallgeld von 10.321,– DM einbezogen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute; auf Antrag wurden sie zur Einkommensteuer 1996 zusammenveranlagt. Sie wohnten in …, bis sie am 26. Oktober 1996 nach umzogen, weil der Ehemann, der von Beruf Elektrotechniker ist, am 07. Oktober 1996 bei der Firma … in … eine neue Arbeitsstelle angetreten hat.

Bis 06. Oktober 1996 arbeitete der Ehemann bei der Firma … in …, über deren Vermögen am 02. September 1996 das Konkursverfahren eröffnet worden ist. Für die Zeit vom 01. Juni 1996 bis zur Konkurseröffnung am 02. September 1996 hatte der Ehemann wie zuvor gearbeitet, aber keinen Arbeitslohn mehr bezogen. Aufgrund des Bescheids des Arbeitsamts … vom 09. September 1996 erhielt er auf seinen Antrag für die Zeit vom 02. Juni 1996 bis 01. September 1996 Konkursausfallgeld von insgesamt 10.321,35 DM. Da er auf Anordnung des Konkursverwalters …, …, ab Konkurseröffnung zunächst weitergearbeitet hatte, bezog er vom 02. September bis 06. Oktober 1996 wieder Arbeitslohn zu Lasten der Konkursmasse (vgl. § 59 Konkursordnung – KO –), ehe er am 07. Oktober 1996 die Arbeit bei seinem neuen Arbeitgeber aufnahm.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 1996 machten die Kläger die Aufwendungen für PKW-Fahrten des Ehemanns zwischen Wohnung (…) und Arbeitsstätte (…) – 30 Entfernungskilometer – an 177 Tagen (vom 01. Januar bis 06. Oktober 1996) und zwischen … und … – 24 Entfernungskilometer – an 47 Tagen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Der Beklagte erkannte in dem Einkommensteuerbescheid 1996 vom 25. März 1997 die Aufwendungen für Fahrten an 60 Tagen – vom 02. Juni bis 01. September 1996 – nicht als Werbungskosten an. Er begründete dies damit, daß die Aufwendungen in dem Zeitraum, für den Konkursausfallgeld gezahlt worden sei, im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen ständen (§ 3 c EinkommensteuergesetzEStG –). Das – steuerfreie – Konkursausfallgeld von 10.321,– DM bezog der Beklagte in die Berechnung des Steuersatzes ein (Progressionsvorbehalt) und setzte die Steuer auf 1.268,– DM fest.

Die Kläger ließen am 03. April 1997 Einspruch erheben und geltend machen: Bei der Berechnung der Werbungskosten seien auch die Fahrten zwischen … und … vom 02. Juni bis 01. September 1996 zu berücksichtigen. Der Ehemann habe in dieser Zeit gearbeitet, nur habe der Arbeitgeber den Arbeitslohn nicht auszahlen können. Hilfsweise beantragten sie, die Werbungskosten vom Konkursausfallgeld abzuziehen und bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) zu berücksichtigen.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 14. August 1997 zurück: Da das Konkursausfallgeld steuerfrei sei (§ 3 Nr. 2 EStG), könnten Ausgaben, die mit diesen steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang ständen, nicht abgezogen werden (§ 3 c EStG). Auch bei der Berechnung des besonderen Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) wirkten sich die Aufwendungen, die während des Zeitraums entstanden seien, für den später Konkursausfallgeld gezahlt worden ist, nicht aus; denn von der Summe der steuerfreien Bruttobeträge sei – ab dem Veranlagungszeitraum 1996 – nach § 32 b Abs. 2 Nr. 1 EStG nur ein etwa nicht ausgeschöpfter Werbungskostenpauschbetrag von 2.000 – D...

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