Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG bei Berechnung der nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG zu stundenden Steuer bei schenkweiser Übertragung von Aktien unter Nießbrauchsvorbehalt. verbindliche Zusage des FA außerhalb einer Außenprüfung. Schenkungsteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Werden Aktien schenkweise unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen, stellt der vorbehaltene Nießbrauch eine „Last” i. S. des § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG dar, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit nach § 13a ErbStG befreitem Vermögen steht. Die Vorschrift des § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG ist auch bei der Ermittlung des Kapitalwerts des Nießbrauchs gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG anzuwenden. Zur Anwendung kommt der allgemeine Grundsatz, dass Schulden und Lasten, die sich auf steuerfreies Vermögen beziehen, nicht abzugsfähig sind. Somit kann ein Nießbrauch, der sich auf steuerbefreites Kapitalvermögen bezieht, steuerlich nicht berücksichtigt werden, auch wenn dadurch der Begünstigungszweck des § 13a ErbStG teilweise neutralisiert wird.
2. Mündliche Auskünfte des FA stellen regelmäßig nur unverbindliche Meinungsäußerungen dar. Schließt sich an die mündlichen (bzw. telefonischen) Besprechungen ein Schriftwechsel an, ist für die Beurteilung der Verbindlichkeit der Stellungnahme des FA ausschließlich auf die schriftliche Auskunft abzustellen.
Normenkette
ErbStG § 10 Abs. 6 S. 5, §§ 13a, 25 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Vorschrift des § 10 Abs. 6 Satz 5 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes – ErbStG – (Kürzung der abzugsfähigen Schulden bei Erwerb von nach § 13 a ErbStG befreitem Vermögen) auch bei der Berechnung der nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG zu stundenden Steuer anwendbar ist und ob der Beklagte dem Vater der Klägerin zu dieser Frage eine verbindliche Auskunft erteilt hat, an die er nach Treu und Glauben gebunden ist.
Der Vater der Klägerin, … war Inhaber von Namensaktien der … AG, … Er war am Kapital dieser AG zu mehr als 25 v. H. unmittelbar beteiligt. Er beabsichtigte, je 80.000 Stück dieser Aktien seinen drei Kindern, darunter der Klägerin, unter Vorbehalt des Nießbrauchs zu schenken. In einem Schreiben seines steuerlichen Beraters an den Beklagten vom 15. September 1997 berechnete er anhand einer einzelnen Aktie unter Angabe ihres Nominalwerts (50,– DM), ihres gemeinen Werts nach dem „Stuttgarter Verfahren” (873 v. H.), eines Bewertungsabschlags von 40 v. H., der Dividende der Aktie (20,– DM/Jahr einschließlich Körperschaftsteuerguthaben) sowie des Vervielfältigers aufgrund seines Lebensalters – geboren 24. November 1941 – (ca. 14) eine Schenkungsteuer von 0 DM. In dem Schreiben auf das im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 26 der Gerichtsakten), heißt es weiter:
„Ich möchte Sie um kurze Stellungnahme dahingehend bitten, ob zum einen die Rechenweise korrekt ist: Ich glaube, es ist korrekt, dass zuerst der Bewertungsabschlag und dann erst der Nießbrauch abzuziehen ist. Ohne dass Sie auf einzelne Zahlen eingehen müssen, möchte ich Sie um Zustimmung bitten, dass in einem solchen Fall wie oben dargestellt zu rechnen sein wird. Das würde also bedeuten, dass schenkungsteuerlich nichts zu versteuern sein wird.”
Der Beklagte antwortete mit – von der Sachgebietsleiterin unterzeichnetem – Schreiben vom 21. Oktober 1997 (Bl. 28 a. a. O.) wie folgt:
„Ihr Rechenweg, vom gemeinen Wert der Anteile zuerst den Bewertungsabschlag vorzunehmen und erst anschließend das Nießbrauchsrecht abzuziehen, ist korrekt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass das Nießbrauchsrecht nur im Weg des § 25 ErbStG berücksichtigt werden kann mit der Folge, dass die Steuer, welche auf das Nießbrauchsrecht entfällt, entweder bis zum Erlöschen des Nießbrauchsrechts zinslos gestundet oder sofort mit dem Barwert abgelöst werden kann. Zudem ist bei der Berechnung des Jahreswerts des Nießbrauchsrechts § 16 des Bewertungsgesetzes (BewG) zu beachten, wonach der Jahreswert des Nießbrauchsrechts max. 1/18,6 des gemeinen Werts betragen kann.
Ich hoffe, Ihnen mit obigen Ausführungen weitergeholfen zu haben.”
Die Schenkung an die Klägerin unter Nießbrauchsvorbehalt des Vaters erfolgte durch Übergabe der Aktien am 24. November 1997; der Schenkungsvertrag wurde am 16. Dezember 1997 schriftlich formuliert (Bl. 9 der Schenkungsteuerakten).
Der Beklagte unterwarf den Erwerb der Klägerin mit Bescheid vom 02. Januar 1998 der Schenkungsteuer und setzte diese unter Einbeziehung von Vorschenkungen auf 4.773.238,– DM fest. Hiervon waren 4.329.188,– DM zinslos gestundet gem. § 25 ErbStG (sofort fälliger Steuerbetrag 444.050,– DM). Für die Berechnung der Steuer, des gestundeten Steuerbetrags sowie des Ablösungsbetrags gem. § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG (1.484.911,– DM) wird auf die Anlage zum Bescheid vom 02. Januar 1998 Bezug genommen (B...