Entscheidungsstichwort (Thema)
Gestaltungsmissbrauch bei entgeltlicher Übertragung eines Besitz – und Betriebsunternehmens und Rückfluss des Kaufpreises durch Schenkung. Entgelt unter Buchwert als unentgeltliche Betriebsübertragung. keine Betriebsaufgabe bei Beendigung der Betriebsaufspaltung, wenn stille Reserven steuerverstrickt bleiben
Leitsatz (redaktionell)
1. Die entgeltliche Übertragung sämtlicher Grundstücke eines Besitzunternehmens und des Betriebsunternehmens vom Vater auf die Söhne ist rechtsmissbräuchlich i. S. d. § 42 AO, wenn nach dem Gesamtplan die Söhne das Entgelt als Schenkung vom Vater teilweise zurückerhalten und der Anschaffungsaufwand der Söhne im wirtschaftlichen Ergebnis teilweise wieder rückgängig gemacht wird.
2. Liegt das tatsächlich von den Söhnen gezahlte Entgelt unter dem Buchwert der Grundstücke und der Geschäftsanteile der Betriebsgesellschaft, ist von einer teilentgeltlichen Betriebsübertragung auszugehen, die nach der Einheitstheorie und § 7 Abs. 1 EStDV als unentgeltliche Betriebsübertragung zu behandeln ist. Dies führt beim Veräußerer weder zu einem Veräußerungsgewinn noch zu einem Veräußerungsverlust.
3. Die Vermeidung von Schenkungssteuer spricht nicht gegen die Anwendung der Grundsätze der Gesamtplanrechsprechung nach § 42 AO.
4. Eine offene Einlage in die Betriebsgesellschaft führt zu nachträglichen Anschaffungskosten, die die Buchwerte der Anteile erhöhen.
5. Der Wegfall der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung führt ausnahmsweise dann nicht zu einer Betriebsaufgabe, wenn bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine – sei es entgeltliche, teilentgeltliche oder unentgeltliche – Betriebsveräußerung sichergestellt ist, dass die im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven weiterhin steuerverstrickt bleiben.
Normenkette
AO § 41 Abs. 2, § 42 S. 2; EStG § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3; EStDV § 7 Abs. 1; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 1997 vom 26.9.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.2.2006 wird dahingehend abgeändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit – 53.889 DM angesetzt werden. Der Beklagte hat die danach festzusetzende Einkommensteuer zu berechnen. Er hat den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mitzuteilen; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Übertragung sämtlicher Grundstücke eines Besitzunternehmens zur sofortigen zwingenden Betriebsaufgabe des Besitzunternehmens führte, mit der Folge der Überführung des übrigen Betriebsvermögens des Besitzunternehmens und insbesondere der Anteile an der Betriebsgesellschaft in das Privatvermögen. Weiter ist streitig, ob die Übertragungen der Grundstücke und die anschließende Übertragung der Anteile an der Betriebsgesellschaft vom Betriebsinhaber auf seine Söhne entgeltlich, teilweise entgeltlich oder unentgeltlich erfolgten.
Die 1923 geborene Klägerin wurde im Streitjahr 1997 zusammen mit ihrem 1919 geborenen und am … Februar 1998 verstorbenen Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist die Alleinerbin ihres Ehemannes. Die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann haben zwei Söhne, die in den Jahren 1954 und 1958 geboren wurden.
Der Ehemann der Klägerin, X (künftig X), führte seit langem ein Unternehmen in der Form einer Betriebsaufspaltung. Er war alleiniger Eigentümer der Grundstücke AStraße 2 und 7 sowie des Grundstücks B-Straße 3 in P. Diese Grundstücke verpachtete er als Einzelunternehmer an die Betriebsgesellschaft, die X GmbH (künftig GmbH). Außerdem erbrachte er als Einzelunternehmer Werbeleistungen – ausschließlich – für die GmbH. Weitere gewerbliche Tätigkeiten entfaltete X als Einzelunternehmer nicht. Die Beteiligten behandelten die gesamte unternehmerische Tätigkeit des X einvernehmlich als Betriebsaufspaltung. Die Söhne … (künftig Y) und … (künftig Z) arbeiteten im Unternehmen mit und waren ebenfalls Gesellschafter der GmbH mit einem Anteil von jeweils nominal 10.000 DM am Stammkapital von 100.000 DM.
Das Grundstück A-Straße 7 (Flurstück 55…) ist mit einem Büro- und Fabrikationsgebäude sowie Montagehallen bebaut und hat eine Fläche von 1.408 qm. Das Grundstück AStraße 2 ist ebenfalls mit Montagehallen bebaut und h...