Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Eigennutzung im Anschluss an die Renovierung einer später vermieteten Wohnung; Anforderungen an die „Eigennutzung” einer Wohnung. Einkommensteuer 1994 und 1995
Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine geerbte Wohnung renoviert und anschließend vor der geplanten Vermietung ca. 18 Monate zu eigenen Wohnzwecken genutzt, weil der Eigentümer seine eigene, im gleichen Haus belegene Wohnung ebenfalls instandsetzt, so können die Renovierungskosten nicht als vorab entstandene Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften geltend gemacht werden.
2. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt voraus, dass in der Wohnung ein selbständiger Haushalt geführt werden kann und die Wohnung vom Eigentümer entsprechend genutzt wird. Eine selbständige Haushaltsführung ist möglich, wenn die erforderlichen Räume -mit Küche oder Kochgelegenheit, Bad oder Dusche und einer Toilette- im Wesentlichen bezugsfertig und wenigstens notdürftig eingerichtet sind.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Renovierungsaufwendungen an einer Eigentumswohnung als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (V+V) berücksichtigungsfähig sind.
Die Kläger (Kl) sind verheiratet und haben sechs Kinder. In den Streitjahren bewohnten sie – wie bereits zuvor – die Wohnung im Obergeschoß (OG) und ein im Dachgeschoß (DG) zu dieser Wohnung gehöriges Zimmer in dem mit drei Wohnungen ausgestatteten Gebäude … in…. Das Gebäude war in der Weise in Sondereigentum aufgeteilt, daß die Wohnung im OG mit dem dazugehörigen Zimmer im DG eine Eigentumswohnung (Sondereigentum Nr. 2) bildete und zwei weitere Eigentumswohnungen im Erdgeschoß (EG) belegen waren (Sondereigentum Nr. 2 und Nr. 3). Eigentümer der Wohnungen Nr. 2 im OG und der Nr. 3 im EG war der Kl. Die Eigentumswohnung Nr. 2 im EG hatte er seiner im Jahre 1972 geborenen Tochter … zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von DM 200 überlassen. Eigentümer der zweiten Eigentumswohnung im EG (Sondereigentum Nr. 1) war der Vater des Kl. der am … 1994 verstarb. Diese vom Kl im Wege der Erbfolge erworbene Wohnung wurde in den Veranlagungszeiträumen (VZ) 1994 und 1995 umfassend renoviert. Im Anschluß daran bezogen die Kl zusammen mit drei Kindern Anfang 1996 die Wohnung im EG (Sondereigentum Nr. 1), um in den VZ 1996 und 1997 die bisher eigenen Wohnzwecken dienende OG-Wohnung ebenfalls zu renovieren. Nach Abschluß der Renovierungsarbeiten im OG zog der Kl mit seinen Familienangehörigen Mitte 1997 wieder in die Wohnung im OG und vermietete diese EG-Wohnung anschließend an seine erwachsene Tochter.
Die Aufwendungen für die Renovierung der EG-Wohnung (Sondereigentum Nr. 1) machten die Kl in ihren gemeinsamen Einkommensteuer (ESt)-Erklärungen für 1994 in Höhe von DM 30.587 und für 1995 in Höhe von DM 39.379 als Werbungskosten (WK) bei den Einkünften aus V+V geltend. Der Beklagte (Bekl) berücksichtigte diese in dem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten ESt-Bescheid 1994 vom 15. Juli 1997 nicht und im ESt-Bescheid für 1995 vom 15. Juli 1997 lediglich in Höhe von DM 4.036, soweit sie auf eine erneuerte Heizungsanlage und Räume entfielen, die an eine fremde Mieterin vermietet waren. Den weitergehenden WK-Abzug lehnte der Bekl mit der Begründung ab, nach dem Abschluß der Renovierung sei die Wohnung nicht vermietet, sondern durch den Kl und seine Familie selbstgenutzt worden.
Die hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einsprüche blieben erfolglos.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 3. März 1998, auf die wegen der Einzelheiten hingewiesen wird, erhoben die Kl. vertreten durch ihren Prozeßbevollmächtigten, form- und fristgerecht Klage. Sie bringen vor, maßgebend für den Abzug der geltend gemachten Instandhaltungsaufwendungen sei ihre anschließende Vermietungsabsicht gewesen, die von ihnen durch die entgeltliche Vermietung ab 1. August 1997 tatsächlich umgesetzt worden sei. Von Beginn der Renovierungsarbeiten an hätten die Kl geplant, nach Abschluß der Renovierung die Wohnung im EG (Sondereigentum Nr. 1) zu vermieten. Die Selbstnutzung der Wohnung sei deshalb von Anfang an nur vorübergehend bis zum Abschluß der Renovierungsarbeiten der Wohnung im OG gewesen. Diese zwischenzeitliche Selbstnutzung sei steuerlich unschädlich. Während der Renovierung der Wohnung im OG sei die von den Kl genutzte Wohnung im EG auch nicht uneingeschränkt nutzbar gewesen. Die Wohnung im EG sei nämlich wegen ihrer Größe und Ausstattung nicht zur Selbstnutzung durch die Familie der Kl geeignet gewesen, weil die Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 100 qm nur über ein Kinderzimmer verfügt habe. Die Wohnung im OG habe eine Wohnfläche von ca. 150 qm und verfüge über drei Kinderzimmer. Da die Kl neben der volljährigen Tochter … noch fünf Kinder im Alter von … Jahren hätten, die in den Streitjahren noch gemeinsam...