rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuerpflicht einer Hinterbliebenenversorgung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Hinterbliebenenversorgung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH unterliegt auch dann der Erbschaftsteuer, wenn der Versicherungsvertrag nicht vom Erblasser, sondern von der GmbH abgeschlossen wird.
2. Ein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG setzt nicht voraus, dass sich die Bereicherung des Begünstigten aus dem Vermögen des Erblassers ergibt, da bei einem Vertrag zugunsten Dritter regelmäßig der vom Erblasser Verpflichtete die steuerbare Leistung zu erbringen hat, ohne dass es darauf ankommt, mit welchen eigenen Leistungen der Erblasser den Vertragsschluss hat bewirken können.
3. Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist nur dann als „Arbeitnehmer” zu behandeln, wenn er wie ein Nichtgesellschafter als abhängiger Geschäftsführer anzusehen ist. Dagegen ist eine Freistellung der Hinterbliebenenbezüge von der Erbschaftsteuer nicht zu rechtfertigen, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer kraft seiner Beteiligung an der GmbH ein herrschender ist.
4. Die bloße rechtliche Möglichkeit der Abberufung des Erblassers als Geschäftsführer genügt nicht, um die herrschende Stellung auszuschließen. Ebenso ist es gleichgültig, wie sich die Zusammenarbeit der Gesellschafter-Geschäftsführer im Einzelfall tatsächlich gestaltet.
Normenkette
ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 4, § 7 Abs. 1 Nr. 1, §§ 17, 33 Abs. 3
Tenor
1. Der Erbschaftsteuerbescheid vom 13. Mai 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2007 wird abgeändert und die Erbschaftsteuer auf 23.078 Euro festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die an die Klägerin ausgezahlten Versicherungsleistungen der Erbschaftsteuer unterliegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).
B, geboren am xx.xx. 1948, verstarb am xx.xx. 2002 (künftig Erblasser). Er war der Ehegatte der am xx.xx. 1949 geborenen Klägerin. Wegen Überschuldung des Nachlasses schlugen sämtliche Erben die Erbschaft aus (§ 1943 BGB). Gesetzlicher Alleinerbe wurde somit der Fiskus des Landes Baden-Württemberg (§ 1942 Abs. 2 BGB; Erbschaftsteuerakte, Bl. 7 und 18).
Die Klägerin war jedoch Bezugsberechtigte folgender Versicherungsleistungen auf den Tod des Erblassers, die an sie außerhalb des Nachlasses (§§ 328 ff. BGB) ausbezahlt wurden:
Versicherer |
Vertragsbeginn |
Vers.-Nr. |
Euro |
V 1 GmbH |
1. Juni 1979 |
… |
76.048,04 |
V 2 AG (Risikolebensversicherung) |
1. Juli 1992 |
… |
+ 651.327,34 |
|
|
|
727.375,38 |
Versicherungsnehmerin beider Verträge war die Firma … + Partner … GmbH mit Sitz in X (vormals xxx & Partner GmbH; künftig xxx & Partner).
Die Beteiligungsverhältnisse an der xxx & Partner stellten sich wie folgt dar:
Beteiligungsquoten |
1. Juni 1979 |
1. Juli 1992 |
seit 1999 |
B (Erblasser) |
10.000 DM |
33 1/3 % |
58.000 DM |
38,7 % |
73.500 DM |
49,0 % |
D |
10.000 DM |
33 1/3 % |
– |
– |
– |
– |
E |
10.000 DM |
33 1/3 % |
– |
– |
– |
– |
X GmbH |
– |
– |
45.000 DM |
30,0 % |
45.000 DM |
30,0 % |
F |
– |
– |
24.500 DM |
16,3 % |
31.500 DM |
21,0 % |
G |
– |
– |
22.500 DM |
15,0 % |
– |
– |
Summe |
30.000 DM |
100 % |
150.000 DM |
100,0 % |
150.000 DM |
100 % |
Am 1. Juni 1979 war der Erblasser alleiniger Geschäftsführer der xxx & Partner (Gerichtsakte, Bl. 30). Er vertrat die Gesellschaft alleine. Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens hinausgingen, bedurften der Genehmigung der Gesellschafterversammlung. Die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung erfolgte mit einfacher Mehrheit, soweit durch Gesetz oder Gesellschaftsvertrag nicht zwingend etwas anderes bestimmt war. Wegen der Einzelheiten wird auf §§ 5 und 6 des Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 5. Dezember 1977 verwiesen (Anlagenhefter zur Erbschaftsteuerakte „Dokument Nr. 1”).
Mit Verträgen vom 19. Dezember 1991 verkauften der Erblasser und F Geschäftsanteile an die X GmbH, bei der es sich um einen Verbund von Agenturen handelt. Ziel des Verkaufs war nach den Angaben der Klägerin die Sicherung und Ausweitung des internationalen Geschäfts der xxx & Partner.
Am 1. Juli 1992 war G neben dem Erblasser weiterer Geschäftsführer der xxx & Partner. Der Erblasser war alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (vgl. Geschäftsführer-Anstellungsvertrag unter 1.1, Anlagenhefter zur Erbschaftsteuerakte „Dokumentation Nr. 7” sowie Gesellschaftsvertrag vom 19. Dezember 1991, § 5 letzter Absatz, Anlagenhefter zur Erbschaftsteuerakte „Dokumentation Nr. 5”). Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens hinausgingen, bedurften der Genehmigung der Gesellschafterversammlung. Hierfür waren mindestens 75 % aller Stimmen erforderlich. Die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung erfolgte im Übrigen mit einfacher Mehrheit, soweit durch Gesetz oder Gesellschaftsvertrag nicht zwingend etwas anderes bestimmt war. Wegen der Einzelheiten wird auf §§ 5 und 6 des Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 19. D...