Entscheidungsstichwort (Thema)
Zufluss von Kapitalerträgen beim beherrschenden Gesellschafter einer kroatischen Kapitalgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Art. 10 Abs. 1 des DBA Kroatien 2006 weist das Besteuerungsrecht für Dividenden, die eine in dem einen Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine in einem anderen Vertragsstaat ansässige Person „zahlt”, dem anderen Vertragsstaat zu, regelt aber nicht, auf welchen Zeitpunkt für die Zahlung der Dividende abzustellen ist. Wann dem in Deutschland ansässigen Alleingesellschafter Dividenden einer nach kroatischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaft (d.o.o.) zufließen, bestimmt sich nach deutschem Recht.
2. Dem in Deutschland ansässigen, beherrschenden Gesellschafter einer zahlungsfähigen kroatischen Kapitalgesellschaft (d.o.o.) fließen Gewinnanteile gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG in dem Zeitpunkt zu, in dem Gewinnverwendungsbeschlüsse der d.o.o. in Gestalt von Gewinnausschüttungsbeschlüssen im Sinne des § 29 GmbHG vorliegen (Ausführungen zur Zahlungsfähigkeit einer d.o.o.).
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 S. 1; GmbHG § 29 Abs. 1; DBA Kroatien Art. 10 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Fraglich ist, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe dem Kläger Einnahmen aus Kapitalvermögen zugeflossen sind bzw. als zugeflossen gelten.
Die Kläger wurden in den Streitjahren zusammen veranlagt. Der Kläger, von Beruf Innenarchitekt, konzipiert und richtet …-Geschäfte ein. In den Streitjahren erzielte er u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Beschäftigung bei der … GmbH (im Folgenden: X GmbH), an der der Kläger in den Streitjahren zu 74% und seine Ehefrau, die Klägerin, zu 26% beteiligt war, sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen. Er ist alleiniger Gesellschafter sowie Geschäftsführer der am 27. Juni 2000 nach kroatischem Recht gegründeten X d.o.o. mit Sitz in Y. In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2007 bis 2010 erklärte der Kläger u.a. folgende Einnahmen:
Jahr |
Nichtselbständige Arbeit – Bruttoarbeitslohn |
X GmbH |
X d.o,o, |
2007 |
176.496 EUR |
407.000,00 EUR |
287.545 EUR |
2008 |
176.496 EUR |
296.000,00 EUR |
200.681 EUR |
2009 |
176.496 EUR |
74.000,00 EUR |
121.346 EUR |
2010 |
175.514 EUR |
74.000,00 EUR |
255.928 EUR |
Der Beklagte veranlagte zunächst antragsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO).
Laut Bericht der Betriebsprüfung, welche in den Jahren 2012 bis 2014 beim Kläger durchgeführt wurde, erzielte der Kläger im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der X d.o.o. in den Streitjahren folgende Einnahmen aus Kapitalvermögen:
|
2007 |
2008 |
2009 |
2010 |
Wert vor Prüfung |
287.545 EUR |
200.681 EUR |
121.346 EUR |
255.928 EUR |
Wert lt. Prüfung |
296. 294 EUR |
323. 499 EUR |
427. 892 EUR |
326. 536 EUR |
Differenz |
8.749 EUR |
122.818 EUR |
306.546 EUR |
70.610 EUR |
Der Bericht beruft sich dabei darauf, dass die X d.o.o. folgende Gewinnausschüttungen beschlossen habe:
Datum |
Kuna |
Umr. in EUR |
2007 |
2008 |
2009 |
2010 |
19.03.2007 |
2.185.347,06 |
7,3756 |
296.294,14 EUR |
|
|
|
18.04.2008 |
2.354,684,91 |
7,2788 |
|
323.499,05 EUR |
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31.03.2009 |
3.188.526,31 |
7,4517 |
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|
427.892,47 EUR |
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31.03.2010 |
2.373.314,12 |
7,2681 |
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|
326.538,45 EUR |
Summe |
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296.294,14 EUR |
323.499,05 EUR |
427.892,47 EUR |
326.538,45 EUR |
Er vertritt dabei die Auffassung, dass – da der Kläger beherrschender Gesellschafter der X d.o.o. sei – diesem gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Einnahmen i.S.d. § 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bereits am Tag nach der jeweiligen Beschlussfassung über die Gewinnverwendung zugeflossen seien. Zeitpunkt des Zuflusses sei danach nicht erst der Tag der tatsächlichen Auszahlung oder Überweisung auf ein Konto des Berechtigten, da dieser es aufgrund seiner Stellung in der Hand habe, sich geschuldete – fällige – Beträge auszahlen zu lassen.
Von einem Zufluss sei nur dann nicht auszugehen, wenn die Gesellschaft dauerhaft zahlungsunfähig, also insolvent sei. Aufgrund der vorgelegten Bilanzdaten der X d.o.o. sei jedoch nicht von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen. Die Bilanz zum 31. Dezember 2010 weise ein Eigenkapital (ohne gezeichnetes Kapital) von 2.657.528,00 Kuna aus. In den Aktiva von 5.750.535,00 Kuna seien Kundenforderungen von 619.820,00 Kuna sowie Bank- und Kassenguthaben von insgesamt 1.074.161,00 Kuna enthalten. Die Bilanz zum 31. Dezember 2011 weise zwar einen auf 636.356,00 Kuna gesunkenen Bank- und Kassenbestand aus. Die Kundenforderungen seien danach jedoch von 619.820,00 Kuna auf 2.342.948,00 Kuna gestiegen. Hierbei handele es sich jedoch überwiegend um Forderungen gegen die Schwestergesellschaft, bei welchen die Werthaltigkeit zu unterstellen sei. Die zum 31. Dezember 2010 noch bestehende Auszahlungsverbindlichkeit auf Grund des Gewinnverwendungsbeschlusses vom 31. März 2010 von 1.632.459 Kuna seien somit allein schon durch die Guthabenbestände und die Forderungen aus Lieferungen abgedeckt, ohne dass ei...