Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbstständige Tätigkeit oder Arbeitnehmereigenschaft bei gelegentlichen Auftritten von verschiedenen Pianisten in einem Restaurant
Leitsatz (redaktionell)
Für die Gesamtwürdigung, ob verschiedene, jeweils gelegentlich in einem Restaurant auftretende Pianisten Arbeitnehmer des Restaurantinhabers oder auf selbstständiger Basis tätig sind, ist nicht von den jeweils typischen Konditionen einer Dauertätigkeit, sondern von denjenigen einer Aushilfstätigkeit auszugehen. Der einzelne Pianist kann daher auch dann als Arbeitnehmer des Restaurantinhabers zu beurteilen sein, wenn er nur ab und zu auftritt, keine festen Arbeitszeiten sowie keine Ansprüche auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaub oder sonstige Sozialleistungen hat, wenn er ferner das gespielte Programm völlig frei gestalten darf, für jeden Auftritt wieder ein eigener Vertrag mit dem Restaurantinhaber geschlossen wird, also keine generelle Verpflichtung des einzelnen Pianisten zu Auftritten in dem Lokal besteht, und wenn der Pianist zudem als alleiniger Vertragspartner des Restaurantinhabers gelegentlich weitere Musiker mitbringt und Teile des Honorars an sie weiterreicht.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1; LStDV § 1 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin (Klin) betreibt ein Restaurant im „…” in –X–. Im Rahmen einer im März/April 2002 bei der Klin durchgeführten Lohnsteuer(LSt)-Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Klin in den Jahren 1999–2001 Zahlungen an verschiedene Pianisten geleistet hatte, die in ihrem Restaurant aufgetreten waren. Wegen der Höhe der in den einzelnen Monaten des Prüfungszeitraums an die einzelnen Pianisten gezahlten Entgelte wird auf Bl. 34–36 der LSt-Akten Bezug genommen. Die Klin hatte den in ihrem Restaurant auftretenden Pianisten „Bescheinigungen für erhaltene Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche künstlerische Tätigkeit” (Bl. 22 ff. der LSt-Akten) ausgestellt, in denen sie die im jeweiligen Jahr an die einzelnen Pianisten insgesamt gezahlten Beträge ausgewiesen und außerdem Folgendes ausgeführt hatte:
„Aufwandsentschädigungen bis zu DM 3.600,00 sind steuerfrei. Die erhaltenen Aufwandsentschädigungen müssen bei ihrer Lohnsteuererklärung bzw. Einkommensteuererklärung in der Anlage N, Zeile 20 (Kopie anbei) angegeben werden.”
Der Prüfer gelangte im Prüfungsbericht vom 19. April 2002 (Bl. 3 ff. der LSt-Akten) zu der Auffassung, dass es sich bei den an die Pianisten gezahlten Entgelten um steuerpflichtigten Arbeitslohn handle, der mit dem jeweiligen Nettosteuersatz nachzuversteuern sei. Zur Begründung führte er aus, es hätten unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen der Klin und den einzelnen Musikern bestanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien die Musiker deshalb als Arbeitnehmer der Klin anzusehen. Nach stichprobenweiser Überprüfung werde im Übrigen keiner der von der Klin beschäftigten Musiker „beim Finanzamt mit nebenberuflichen Einkünften geführt”.
Der Beklagte (Bekl) schloss sich der Auffassung des Prüfers an und setzte mit Nachforderungsbescheid vom 17. Juni 2002 Lohnsteuer in Höhe von 6.850,37 EUR, Solidaritätszuschlag in Höhe von 376,77 EUR sowie ev. und rk. Kirchensteuer in Höhe von jeweils 239,75 EUR (Summe: 7.706,64 EUR) gegen die Klin fest. Davon hatte ein (nicht streitbefangener) Teilbetrag in Höhe von 57,11 EUR seinen Grund nicht in den von der Klin an die Pianisten geleisteten Zahlungen.
Gegen den genannten LSt-Nachforderungsbescheid legte die Klin Einspruch ein und wandte sich gegen die Qualifikation der an die Pianisten gezahlten Entgelte als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn. Zur Begründung ließ sie vortragen, das Vorliegen einer nichtselbständigen Tätigkeit könne nicht damit begründet werden, dass die einzelnen Musiker die Einkünfte in ihren jeweiligen Steuerklärungen nicht als nebenberufliche Einkünfte berücksichtigt und angeblich auch nicht das Bewusstsein gehabt hätten, eine selbständige Tätigkeit auszuüben. Denn ob und wie die einzelnen Vertragspartner die entsprechenden Einkünfte im Rahmen ihrer Steuererklärungen berücksichtigen würden, entziehe sich der Kenntnis und dem Einfluss der Klin. Im übrigen handle es sich bei dem im Prüfungsbericht angesprochenen „Bewusstsein der Betroffenen” um eine sog. „innere Tatsache”, die einem Beweis bzw. einer entsprechenden Unterstellung durch das Finanzamt nicht zugänglich sei.
Einzig überzeugend sei die im Prüfungsbericht getroffene Feststellung, dass hier der Freibetrag des § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht zur Anwendung kommen könne. Dies spiele aber bezüglich der hier erforderlichen Abgrenzung selbständige Tätigkeit – nichtselbständige Tätigkeit keine Rolle.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sprächen mehr Argumente für das Vorliegen einer selbständ...