Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Nachholung des erweiterten Schuldzinsenabzugs bei fehlender Selbstnutzung im Erstjahr
Leitsatz (redaktionell)
Der erweiterte Schuldzinsenabzug kann nicht nach § 10e Abs. 6a Satz 2 EStG für das dritte auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung folgende Jahr (1996) nachgeholt werden, wenn im Erstjahr (1993) die Wohnung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (hier: Vermietung der Wohnung von 1993-1995).
Normenkette
EStG § 10e Abs. 6a S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist in Veranlagungszeitraum 1996, ob der Schuldzinsenabzug aus dem Jahre 1993 gem. § 10 e Abs. 6 a Satz 2 Einkommensteuergesetz 1996 (EStG) nachgeholt werden kann.
Die Kläger sind beide nichtselbständig tätig und wohnen seit ihrer Eheschließung am 01. Juli 1995 in einer vom Kläger mit Kaufvertrag vom 09. August 1993 erworbenen Wohnung. Diese war am 01. Dezember 1993 bezugsfertig geworden. In der Zeit vom 01. Januar 1994 bis 30. Juni 1995 war die Wohnung vermietet.
Die Einkünfte aus der Vermietung der Wohnung hat der Kläger bis zum Beginn der Selbstnutzung im Jahre 1996 durch Einnahmen-Überschuß-Rechnung ermittelt.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 1996 machten die Kläger für die oben genannte Wohnung eine Steuerermäßigung gem. § 10 e Abs. 1 EStG in Höhe von 17.621 DM geltend. Darüber hinaus beantragten sie, den nicht in Anspruch genommenen Schuldzinsenabzug aus 1993 im Veranlagungszeitraum 1996 gem. § 10 e Abs. 6 a Satz 2 EStG nachzuholen, d. h. die 1996 im Zusammenhang mit der Eigentumswohnung angefallenen Schuldzinsen in Höhe des zulässigen Höchstbetrages von 12.000 DM als Sonderausgaben zum Abzug zuzulassen.
Dem letztgenannten Antrag hat das FA mit Einkommensteuerbescheid vom 23. Oktober 1997 nicht entsprochen.
Hiergegen wenden sich die Kläger nach vorangegangenem erfolglosem Rechtsbehelfsverfahren mit ihrer Klage und lassen im wesentlichen folgendes vortragen: Der Auffassung des FA, wonach die Nachholung nur für Veranlagungszeiträume möglich sei, in denen der Steuerpflichtige die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe, könne nicht gefolgt werden. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 10 e Abs. 6 a EStG komme es nicht darauf an, aus welchen Gründen der Schuldzinsenabzug gem. § 10 e Abs. 6 a Satz 1 EStG im Jahr der Fertigstellung bzw. Anschaffung nicht habe in Anspruch genommen werden können;
die Nachholungsmöglichkeit bestehe auch in den Fällen, in denen – wie im Streitfall – das Gebäude im Erstjahr vermietet gewesen sei. Diese Auffassung werde zu Recht auch von einem Teil der Literatur vertreten (z. B. Koller, Deutsches Steuerrecht 1992, 773; Meyer, Finanzrundschau 1994, 37; Paus, Die Information 1994, 740).
Die Kläger stellen den Antrag,
den Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 23. Oktober 1997 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung zu ändern und die Einkommensteuerschuld auf 20.834 DM herabzusetzen; hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt Klageabweisung und bezieht sich auf den Inhalt seiner Einspruchsentscheidung vom 28. August 1998, in der es im wesentlichen ausgeführt hat, dass das Nachholrecht nur dann eingeräumt werde, wenn sowohl im Jahr der Nachholung als auch im Erstjahr alle Voraussetzungen der Grundförderung gegeben seien. Der Steuerpflichtige müsse insbesondere in beiden Kalenderjahren das Objekt für eigene Wohnzwecke nutzen, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei.
Mit Gerichtsbescheid des Berichterstatters vom 8. Februar 2000 wurde die Klage als unbegründet zurückgewiesen, wogegen rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt worden ist.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Schuldzinsenabzug aus 1993 im Streitjahr nicht gem. § 10 e Abs. 6 a Satz 2 EStG nachgeholt werden kann. Die Voraussetzungen des für das Begehren der Kläger einschlägigen § 10 e Abs. 6a Satz 2 i.V.m. Satz 1 EStG sind im Streitjahr nicht erfüllt.
Der Schuldzinsenabzug nach § 10 e Abs. 6a Satz 1 EStG scheitert für 1993 daran, dass die Kläger in diesem Jahr für die Wohnung keine Abzugsbeträge nach § 10 e Abs. 1 oder 2 EStG in Anspruch genommen haben und die fehlende Berechtigung dazu nicht auf einer Überschreitung der Einkunftsgrenze des § 10 e Abs. 5 a EStG beruht. Mit dieser Auslegung folgt der Senat der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF – Schreiben v. 31. Dezember 1994, BStBl I 1994, 887 ff., Rdnr. 111) und der überwiegenden Meinung in der Literatur (vgl. Schmidt/Drenseck, Kommentar zum EStG. 18. Aufl. § 10 e Rdnr. 116; Kirchhof/Söhn, Kommentar zum EStG, § 10 e Rdnr. I 5; Herrmann-Heuer-Raupach, Kommentar zum EStG und Körperschaftsteuergesetz, 21. Aufl., § 10 e Rdnr. 591; Blümich/Falk, Kommentar zum EStG, § 10 e Rdnr. 662).
Die dem entgegenstehende Meinung (z. B. Littmann, Das ESt-Recht, 15. Aufl., § 10 e Rdnr. 185; Paus, a.a.O.; Koller, a.a.O., 778), die bei jedem tatsächlichen oder rechtlichen Ausschluss des Schuldzinsenabzugs im Erstjahr die Nachholung zulassen will, ist mit dem Wortlaut des Ge...