rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an das FA bei der Entscheidung über den Widerruf einer Dauerfristverlängerung. Widerruf der Dauerfristverlängerung bezüglich der Umsatzsteuervoranmeldungen 1998
Leitsatz (amtlich)
1. Das FA hat kein Ermessen, sondern muss eine zuvor gewährte Dauerfristverlängerung widerrufen, wenn der „Steueranspruch gefährdet erscheint”. Es muss betriebswirtschaftliche Auswertungen und Prognosen über die künftige Entwicklung des Unternehmens nicht bei seiner Entscheidung über den Widerruf berücksichtigen.
2. Der Steueranspruch erscheint gefährdet, wenn die konkrete Möglichkeit eines Steuerausfalls nicht von der Hand zu weisen ist. Das ist der Fall, wenn das Unternehmen in den letzten beiden Jahren insgesamt über 527000 DM Verlust erwirtschaftet hat, die Umsatz- und Lohnsteuerrückstände von rd. 100000 DM auf 140000 DM angewachsen sind und auch eine zur Verringerung der Rückstände vereinbarte Ratenzahlung nicht eingehalten wurde.
Normenkette
UStDV § 46 S. 2; AO 1977 § 131 Abs. 2 Nr. 1, § 5
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Verlängerung der Dauerfrist gemäß § 46 Satz 2 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV).
Der Klägerin wurde gemäß § 46 Satz 1 UStDV Dauerfristverlängerung gewährt. Im Jahr 1997 geriet die Klägerin sowohl mit der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen wie auch mit der Abgabe der monatlichen Lohnsteueranmeldungen zunehmend in Verzug; die angemeldeten Steuern wurden verspätet und teilweise nicht entrichtet. Zu Ende Oktober 1997 beliefen sich die Rückstände für Lohn- und Umsatzsteuern auf etwa 104.000 DM.
Der Beklagte und die Klägerin vereinbarten am 3.11.1997 monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 5.000 DM, um die Rückstände abzubauen. Die Klägerin geriet allerdings auch mit den monatlichen Raten sowie mit den neu hinzugekommenen Lohn- und Umsatzsteuern in Verzug. Anfang April 1998 beliefen sich die Rückstände auf etwa 184.000 DM.
Der Beklagte widerrief daraufhin mit Schreiben vom 7.4.1998 die Dauerfristverlängerung zum 1.4.1998 und forderte die Klägerin auf, die Umsatzsteuervoranmeldungen künftig am 10. Tag nach Ablauf eines jeden Voranmeldungszeitraums abzugeben.
Mit beim Beklagten am 15.4.1998 eingegangenem Schreiben wandte sich die Klägerin mit Einspruch gegen den Widerruf der Dauerfristverlängerung im Wesentlichen mit der Begründung, dass eine Gefährdung des Steueranspruchs trotz bestehender Rückstände nicht gegeben sei, da die Gesellschafter vollständig hinter dem Unternehmen stünden und von Gesellschafterseite alles zur Sicherung des Unternehmens getan werde. Hierüber sei ein Gespräch mit der Vollstreckungsstelle am 8.4.1998 vereinbart gewesen. Eine ermessensgerechte Entscheidung über den Widerruf der Dauerfristverlängerung hätte vorausgesetzt, das Ergebnis dieser Besprechung abzuwarten.
Die Steuerrückstände der Klägerin betrugen Mitte November 1998 rund 140.000 DM.
Mit Einspruchsentscheidung vom 27.11.1998 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Gemäß § 46 Satz 2 UStDV habe das Finanzamt eine gewährte Dauerfristverlängerung zu widerrufen, wenn der Steueranspruch gefährdet erscheine. Im Zeitpunkt des Widerrufs der Dauerfristverlängerung sei von einer Gefährdung des Steueranspruchs auszugehen gewesen. Die Steuerrückstände seien ständig angestiegen und nicht nur die vereinbarten Raten sondern auch die laufend hinzukommenden Steuern seien nur sehr schleppend und regelmäßig erst nach Tätigwerden der Vollstreckungsstelle bezahlt worden. Hieran habe sich bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts geändert. Die Klägerin lasse nach wie vor nicht erkennen, dass diese an einer baldmöglichsten Tilgung der auflaufenden Steuerschulden interessiert sei. Hierfür sei bezeichnend, dass die angekündigte Vereinbarung mit der Vollstreckungsstelle über eine nach Wegfall der monatlichen Zahlungen an die … mögliche Erhöhung der Tilgungsraten bisher nicht getroffen worden sei und die laufenden Zahlungen auch weiterhin nur nach schriftlicher Anmahnung eingingen. Danach sei das Finanzamt berechtigt und gehalten, die bisher gewährte Dauerfristverlängerung zu widerrufen. Die organisatorischen und finanziellen Probleme der Klägerin seien gegenüber dem Interesse des Fiskus an einer zeitnahen Verwirklichung seiner Steueransprüche nachgeordnet.
Mit der beim Finanzgericht am 2.12.1998 eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen den Widerruf der Dauerfristverlängerung. Es sei aktenkundig, dass die Klägerin durch ungünstige Auftragslage und Auftragsabwicklungen in erhebliche wirtschaftliche Probleme geraten sei. Diese seien nur zu bewältigen, wenn Sicherungsmaßnahmen für das Unternehmen aus außerfirmenmäßigen Vermögenswerten erfolgten und darüber hinaus Maßnahmen getroffen werden könnten, die eine wirtschaftlich verbesserte Weiterführung der Gesellschaft ermöglichten. Die Klägerin habe sich offenkundig stets darum bemüht, ...