Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) auf mitvermietete Einrichtungsgegenstände bei Beendigung des Mietverhältnisses. Einkommensteuer 1974

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Absetzung für außergewöhnliche (wirtschaftliche) Abnutzung (AfaA) ist auf Einrichtungsgegenstände einer möbliert vermieteten Wohnung jedenfalls dann zulässig, wenn diese Gegenstände bei dem Steuerpflichtigen nicht mehr zur Einkunftserzielung eingesetzt werden können, die vorzeitige Beendigung der Nutzung oder Verwendung auf Umständen beruht, die in einem unmittelbaren Zusammenhang zur Einkunftserzielung stehen und ein Veräußerungserlös unter dem „Buchwert” liegt oder liegen würde. „Buchwert” ist in diesem Zusammenhang der Wert, der sich nach Abzug der bis zur Nutzungsbeendigung vorgenommenen laufenden (Normal-)Abschreibungen ergibt.

2. Die Höhe der AfaA orientiert sich im Falle der Unverkäuflichkeit des Wirtschaftsgutes an der vollen Höhe des „Buchwertes”. Im Falle der Veräußerung unter „Buchwert” kann als AfaA nur die Differenz zwischen Buchwert und tatsächlichem Veräußerungserlös angesetzt werden. Bei unentgeltlicher Übertragung oder Eigennutzung durch den Vermieter bemisst sich die AfaA nach der Differenz zwischen „Buchwert” und geschätztem Verkehrswert des Wirtschaftsgutes.

3. Die AfaA ist im Veräußerungsfalle im Kalenderjahr des Verkaufs, in den sonstigen Fällen in dem Kalenderjahr vorzunehmen, in dem nach den objektiven Verhältnissen unter Berücksichtigung berechtigter subjektiver Annahmen des Steuerpflichtigen feststeht, dass eine Veräußerbarkeit nicht mehr gegeben ist.

 

Normenkette

EStG 1974 § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 11 Abs. 2

 

Tenor

I. Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1974 vom 7. Februar 1977 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 1978 wird die Einkommensteuer 1974 auf 131.033 DM festgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Verfahrens haben die Kläger 6/10 und das beklagte Finanzamt 4/10 zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Kläger (Kl.) im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) nach § 7 Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) bei Einrichtungsgegenständen als Werbungskosten geltend machen können.

Die Klägerin (Klin.) erwarb mit Vertrag vom 15. Oktober 1971 eine Eigentumswohnung in …, die wie auch die anderen Eigentumswohnungen auf demselben Grundstück zum damaligen Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt war. Nach § 5 Abs. 2 bis 5 der Teilungserklärung der Veräußerin vom 4. Mai 1971 bedurfte die Vermietung der Eigentumswohnungen unter bestimmten Voraussetzungen der Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. des Verwalters.

Im Jahre 1972 vermietete die Klin, die Räume der Eigentumswohnung an verschiedene Studenten. Sie erwarb hierfür zahlreiche Einrichtungsgegenstände wie Couchbetten, Couchtische, Sessel, Schreibtische, Stühle, Schränke, Teppiche, Vorhänge usw. für jeweils sechs oder sieben Zimmer sowie Einrichtungsgegenstände für eine gemeinsame Küche. Die Anschaffungskosten hierfür betrugen insgesamt 35.630 DM. In den Jahren 1972 und 1973 wurden hiervon Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Höhe von 1.856 DM (1972) und 8.908 DM (1973) bei den Einkünften aus VuV bei den Einkommensteuer (ESt)-Veranlagungen berücksichtigt.

Alsbald nach der Vermietung erhoben die Eigentümer der anderen Eigentumswohnungen gegen die Vermietung der Eigentumswohnung der Klin. an Studenten Einwendungen. Es kam zwischen ihnen und der Klin. zu einem gerichtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht …, das mit einem gerichtlichen Vergleich vom 31. August 1973 endete, worin sich die Klin. verpflichtete, ihre Eigentumswohnung im Anwesen … „nicht mehr in der bisherigen Weise an Einzelmieter zu vermieten”. Daraufhin kündigte die Klin. die Mietverträge mit den Studenten, die noch im selben Jahr 1973 auszogen. Die Einrichtungsgegenstände überließ sie unentgeltlich den Studenten, die sie im, Frühjahr 1974 aus der Wohnung wegschafften.

Mit Vertrag vom 8. April 1974 verkaufte die Klin. die Eigentumswohnung in der … an die …, die die Wohnung bezogen.

In der ESt-Erklärung für 1974 machten die Kl. für die Einrichtungsgegenstände der Eigentumswohnung die Absetzung des Restwertes auf 0 DM in Höhe von 26.722 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV geltend. Das damals örtlich zuständige Finanzamt (FA) … lehnte dies im ESt-Bescheid 1974 vom 7. Februar 1977 ohne Begründung ab. Im Einspruchsverfahren berichtigten die Kl. die geltend gemachten Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung wie folgt:

Anschaffungskosten

35.630 DM

abzüglich AfA 1972

1.856 DM

” … AfA 1973

8.908 DM

Restwert 31. Dezember 1973

24.866 DM

abzüglich Erlös aus der Veräußerung der Kücheneinrichtung an die Erwerber der Eigentumswohnung

6.000 DM

Absetzung für außergewöhnliche Belastung

18.866 DM.

Das inzwischen örtlich zuständig gewordene FA. wies den Einspruch mit der Begründung zurück, bei ...

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