Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer 1991 und 1992. Nicht vereinbarungsgemäß gezahlte Tantieme als verdeckte Gewinnausschüttung. Berücksichtigung neuer Tatsachen: Aufdrängen und Ermittlungspflicht
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Rückstellung für den Gesellschafter-Geschäftsführern zugesagte Tantiemen mindert das Einkommen einer GmbH nicht, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Zusage bestehen. Derartige Zweifel bestehen insbesondere, wenn die Tantieme ohne besonderen Grund nicht ausgezahlt, sondern erst einige Jahre nach Feststellung des Jahresabschlusses in ein unverzinsliches Gesellschafterdarlehen umgewandelt wird. Es liegt insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung an die tantiemeberechtigten Gesellschafter vor.
2. Das Finanzamt ist an der nachträglichen Berücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttung (Leitsatz 1) als neue Tatsache nicht wegen Verletzung der ihm obliegenden Ermittlungspflicht gehindert, wenn die im Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Steuerbescheides vorliegenden Unterlagen noch keinen hinreichenden Anlass zu Zweifeln an der Ernsthaftigkeit und der Durchführung der erteilten Tantiemezusagen geboten haben.
Normenkette
KStG 1991 § 8 Abs. 3 S. 2; AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt, weil Gewinntantiemen nicht vereinbarungsgemäß ausgezahlt wurden.
Die mit Vertrag vom 13. Dezember 1989 gegründete Klägerin betreibt ein Geschäft zur Planung, Ausführung und Montage elektrischer und sicherheitstechnischer Anlagen. Sie ist mit einem Stammkapital von 51.000 DM ausgestattet, das zu je einem Drittel von den Gesellschaftern K. (Ke), K. (Kn) und G. (Gr) gehalten wird. Die Gesellschafter wurden zu gleichberechtigten Geschäftsführern bestellt und mit folgenden Bezügen ausgestattet (vgl. Geschäftsführerverträge vom 2. Januar 1990):
- festes Monatsgehalt von „mindestens 4.000 DM” brutto (zum 1. Mai 1990 auf 5.000 DM, zum 1. Mai 1991 auf 5.500 DM und zum 1. März 1992 auf 6.000 DM erhöht);
- Urlaubsgeld in Höhe von 50 v.H. des jeweiligen Bruttogehalts, zahlbar zum 30. Juni eines jeden Jahres;
- Weihnachtsgeld von „mindestens einem 13. Monatsgehalt”;
- Reisekostenvergütung…
- Sonstige Auslagen anlässlich von Dienstreisen; Bewirtungskosten…
- Direktversicherung mit einem Jahresbeitrag von 3.000 DM.
Ferner war den Gesellschafter-Geschäftsführern eine aus dem Gewinn zu zahlende Tantieme zugesagt, und zwar in Höhe von 10 v.H. des Jahresüberschusses – vor Berücksichtigung der Steuern vom Einkommen, vom Ertrag und Vermögen und der Gewerbesteuer zuzüglich Verlustübernahmen. Diese Tantiemenregelung wurde aufgrund geänderter Geschäftsführerverträge vom 11. Februar 1992 u. a. wie folgt ergänzt:
- Bei der Bemessungsgrundlage der Tantieme sollen die Rückstellungen für die Tantieme mindernd berücksichtigt werden.
Der Vomhundertsatz der Tantieme ist stufenweise geregelt; er soll
– bei einem Jahresüberschuss bis zu 50.000 DM |
39 %, |
– bei einem Jahresüberschuss von über 50.000 DM bis 100.000 DM |
60 %, |
– bei einem Jahresüberschuss von mehr als 100.000 DM |
78 % |
des jeweiligen Jahresüberschusses betragen.
In der Gesellschafterversammlung vom 03. Dezember 1992 – vgl. Protokoll vom 22. Dezember 1992 – wurde der Jahresüberschuss 1991 mit 60.795,01 DM und der Bilanzgewinn – unter Berücksichtigung des Gewinnvortrags von 42.425,38 DM – mit 103.220,39 DM festgestellt. Es wurde beschlossen, davon für das Jahr 1990 40.950 DM und für das Jahr 1991 60.000 DM auszuschütten.
In der Gesellschafterversammlung am 9. September 1993 – vgl. Protokoll vom 12. Oktober 1993 – wurde der Jahresüberschuss 1992 mit 15.727,94 DM und der Bilanzgewinn – unter Berücksichtigung des Gewinnvortrags von 62.270,39 DM – mit 77.998,33 DM festgestellt. Es wurde beschlossen, davon für das Jahr 1991 60.000 DM und für das Jahr 1992 12.000 DM auszuschütten.
Die Gewinntantieme für 1991 wurde in der Bilanz zum 31. 12. 1991 in Höhe von 133.200 DM (= 44.400 DM je Gesellschafter) zurückgestellt. Dieser Rückstellungsbetrag wurde in der Bilanz zum 31.12.1992 wegen der Gewinntantieme für 1992 um 115.800 DM (= 38.600 DM je Gesellschafter) erhöht. Der danach zurückgestellte Betrag von insgesamt 249.000 DM wurde in den Jahresabschlüssen der folgenden Jahre unverändert fortgeführt.
Die Veranlagung für das Streitjahr 1991 nahm der Beklagte (Finanzamt – FA) aufgrund der am 7. Januar 1993 abgegebenen Steuererklärung und für 1992 aufgrund der am 12. Oktober 1993 abgegebenen Steuererklärung mit Bescheiden vom 05. Mai 1993 bzw. 06. Mai 1994 erklärungsgemäß vor. Damit setzte er die Körperschaftssteuer für 1991 auf 36.301 DM und für 1992 auf 11.457 DM fest. Den Steuererklärungen war das jeweilige Protokoll über die Feststellung des Jahresabschlusses beigefügt.
Nach Vorlage der Steuererklärung für 1994 am 5. August 1996 teilt das FA dem steuerlichen Berater der Klägerin mit Schreiben vom 24. September 1997 mit, dass die Tantiemen für 1991 und 1992 nach Aktenlage nicht bis zum 31. Dezember ...