Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Gewerbesteuerpflicht einer rein vermögensverwaltenden GmbH vor der Eintragung in das Handelsregister
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine rein vermögensverwaltende GmbH im Gründungsstadium unterliegt nicht der Gewerbesteuer.
2. Eine Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform im Sinne des § 2 Abs. 2 GewStG liegt nicht vor, solange die GmbH nicht in das Handelsregister eingetragen ist.
3. Im Gründungsstadium unterliegt eine Vorgesellschaft nur dann der sachlichen Gewerbesteuerpflicht, wenn sie eine nach außen in Erscheinung tretende geschäftliche Tätigkeit aufgenommen hat.
4. Die Erbringung der Stammeinlage in Form der Einlage von werthaltigen Wirtschaftsgütern führt nicht zur Gewerbesteuerpflicht.
5. Auch der Antrag auf Buchwertfortführung, der Beschluss über eine Gewinnausschüttung und die Gewährung von Gesellschafterdarlehen führt nicht zu einer Vorverlagerung der Gewerbesteuerpflicht, da keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegt.
6. Fälle der Kreditgewährung sind nur dann als gewerblich anzusehen, wenn die Kredite wiederholt an verschiedene Kreditnehmer und in bankähnlichem Rahmen zu entsprechenden üblichen Konditionen gewährt werden.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1-2; EStG § 15 Abs. 2-3; GmbHG § 11 Abs. 1; AO § 14 S. 3; UmwStG § 21
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2010 vom 14.05.2012 und die Einspruchsentscheidung vom 29.05.2012 werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin im Jahr 2010 der sachlichen Gewerbesteuerpflicht unterliegt.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und wurde mit notariellem Vertrag vom 22.12.2010 im Wege der Sachgründung gegründet. Das Stammkapital beträgt 25.000 EUR; Gesellschafter sind Herr A.Y. und Herr Z.Y. zu jeweils 50 %. Geschäftsführer ist Herr Z.Y..
Die beiden Gesellschafter haben zur Gründung der Klägerin ihre Geschäftsanteile an der M-GmbH, an der sie ebenfalls zu je 50 % mit je 130.000 EUR beteiligt waren und deren Geschäftsführer Herr A.Y. ist, im Wege des Anteilstausch zu Buchwerten gemäß § 21 Umwandlungssteuergesetz eingebracht. Unter III. § 3 Nr. 5 des Vertrags sowie im Sachgründungsbericht wird ausdrücklich und unwiderruflich gegenüber dem zuständigen Finanzamt O für die eingebrachten Geschäftsanteile der Buchwertansatz beantragt. Die das Stammkapital übersteigenden Beträge in Höhe von 235.000 EUR wurden in der Eröffnungsbilanz als Gesellschafterdarlehen ausgewiesen. Die Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister datiert ebenfalls vom 22.12.2010 und ist am 23.12.2010 beim Registergericht eingegangen. Am 14.1.2011 wurde die Klägerin ins Handelsregister eingetragen.
Mit Schreiben vom 4.1.2011 bzw. 10.1.2011 beantragten die beiden Gesellschafter beim beklagten Finanzamt jeweils für ihre eingebrachten Geschäftsanteile den Ansatz mit dem Buchwert.
Der Unternehmensgegenstand ist laut Gesellschaftsvertrag vom 22.12.2010 wie folgt formuliert:
1. „Gegenstand des Unternehmens ist das Halten und Verwalten eigenen Vermögens, auch von Immobilien.
2. Die Gesellschaft ist berechtigt, andere Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art zu übernehmen, zu vertreten und sich an solchen Unternehmen zu beteiligen; sie darf auch Zweigniederlassungen errichten. Die Gesellschaft darf darüber hinaus alle Geschäfte tätigen, die den Gegenstand des Unternehmens fördern.”
In der Gesellschafterversammlung der M-GmbH vom 27.12.2010 beschloss die Klägerin als Gesellschafterin – vertreten durch ihren Geschäftsführer – eine Gewinnausschüttung in Höhe von insgesamt 2.964.216,45 EUR. Nach Abzug der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlags wurde der Klägerin am 28.12.2010 auf ihrem Konto bei der O Bank laut Kontoauszug ein Betrag in Höhe von 2.182.404,48 EUR gutgeschrieben.
Die Ausschüttung wurde wie folgt verwendet:
1. Aufgrund mündlicher Vereinbarungen vom 27.12.2010 – jeweils schriftlich bestätigt am 25.3.2015 – gewährte die Klägerin ihren Gesellschaftern folgende Darlehen:
Z.Y. zur Finanzierung B-Straße 1/O |
750.000 EUR |
Z.Y. zur Finanzierung C-Straße 5/P |
570.000 EUR |
A.Y. zur Finanzierung der D-Straße 8/Q |
711.000 EUR |
Die drei Darlehensbeträge wurden am 28.12.2010 an die Gesellschafter überwiesen. Auf den Inhalt der Kontoauszüge wird Bezug genommen (Bl. 56 der Gerichtsakte). Die beiden Gesellschafter erzielen mit den Grundstücken ...