Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht zur Vorlage einer Originalvollmacht. Kein Nachweis der Prozessbevollmächtigung bei Übermittlung der Vollmacht durch Telefax. Einkommensteuer 1991, 1993 und 1994. Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1991

 

Leitsatz (amtlich)

Der schriftlich zu erbringende Nachweis einer Prozessbevollmächtigung kann nur durch die Vorlage einer Originalvollmacht erbracht werden. Die Übermittlung der Vollmacht per Telefax wahrt eine nach § 62 Abs. 3 FGO a.F. gesetzte Ausschlussfrist nicht. Daran hat sich auch durch den Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5.4.2000 GmS-OGB 1/98 (NJW 2000, 2340) nichts geändert.

 

Normenkette

FGO § 62 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.06.2003; Aktenzeichen III R 38/01)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Am 15. November 1999 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger in deren Namen Klage erhoben. Vollmachten wurden nicht vorgelegt. Eine Klagebegründung ist ebenfalls nicht erfolgt.

Der Prozessbevollmächtigte der Kläger wurde daher mit Schreiben der Geschäftsstelle des Senats vom 30. November 1999 aufgefordert, innerhalb einer Frist bis zum 30. Januar 2000 den Rechtsbehelf zu begründen und die Vollmachten im Original vorzulegen. Auf Antrag wurde die Frist bis zum 02. März 2000 verlängert. Durch Verfügung des Berichterstatters vom 20. März 2000, laut Postzustellungsurkunde zugestellt am 21. März 2000, wurde gem. § 62 Abs. 3 Satz 2 bzw. § 65 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Vorlage der Vollmachten im Original und zur Bezeichnung des Klagebegehrens eine Ausschlussfrist von einem Monat gesetzt. Am 25. April 2000, einem Dienstag, gingen die von den Klägern unterzeichneten Vollmachten per Telefax beim Gericht ein. Im Original wurden die Vollmachten am 26. April 2000 vorgelegt.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 1991, 1993 und 1994 dahin zu ändern, dass die geltend gemachten Unterhaltsleistungen steuermindernd berücksichtigt werden und der festgesetzte Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1991 aufgehoben wird.

Zur Zulässigkeit der Klage tragen sie vor, dass es für die rechtzeitige Übermittlung der Vollmacht ausreichen müsse, wenn die Vollmacht innerhalb der Ausschlussfrist per Telefax beim Gericht eingegangen sei. Insbesondere müsse dies dann gelten, wenn – wie hier – die Originalvollmacht unverzüglich nachgereicht worden sei.

Fristwahrende Schriftsätze dürften ebenfalls per Telefax übermittelt werden. Ebenso wie bei den Vollmachten dürfte bei diesen Schriftsätzen die Unterschrift erst dann verifizierbar sein, wenn der Originalschriftsatz eingegangen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb bei einer Übermittlung per Telefax die Authentizität nicht gewährleistet sein solle.

Mit Beschluß vom 05. April 2000 GmS-OGB 1/98, NJW 2000, 2340, habe der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes entschieden, dass sogar die Übermittlung bestimmender Schriftsätze durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift formwirksam sei. Der Gemeinsame Senat habe in dieser Entscheidung nochmals deutlich hervorgehoben, dass die Verfahrensvorschriften nicht Selbstzweck seien. Genauso sei es auch im vorliegenden Fall. Durch die unmittelbare Übersendung der Originalvollmacht nach der Übersendung per Fax sei dem Sinn und Zweck der FGO Rechnung getragen worden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten im übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die dem Senat vorliegenden einschlägigen Steuerakten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht zulässig.

Wird die Klage durch einen Prozessbevollmächtigten erhoben, ist dem Gericht gem. § 62 Abs. 3 FGO eine schriftliche Vollmacht vorzulegen. Wird die Vollmacht nicht im Original vorgelegt, ist nach der st. Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der eingelegte Rechtsbehelf unzulässig (vgl. BFH-Urteile vom 04. Juli 1984 II R 188/82, BStBl II 1984, 831; vom 26. August 1987 I R 135/84, BStBl II 1988, 280, vom 10. März 1988 IV R 218/85, BStBl II 1988, 731, und vom 14. März 1996 IV R 44/95, BStBl II 1996, 319 m. w. N.).

Der die Unzulässigkeit der Klage bewirkende Mangel der fehlenden Vollmacht kann nicht geheilt werden, wenn der angebliche Prozessbevollmächtigte die ihm gem. § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO gesetzte Ausschlussfrist zur Vorlage der Vollmacht versäumt hat (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 18. Februar 1987 II R 213/84, BStBl II 1987, 392, sowie BFH-Beschluss vom 14. Juni 1988 VII B 18/88, BFH/NV 1989, 117). Die Übermittlung einer Telekopie (Telefax) wahrt die gesetzte Ausschlussfrist nicht (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 1996 IV R 44/95, a. a. O., und BFH-Beschluss vom 28. Juli 1999 X B 166/98, BFH/NV 2000, 69). Das Verstreichenlassen dieser Frist hat daher zur Folge, dass der Rechtsbehelf endgültig unzulässig bleibt, auch wenn die Originalvollmacht nach Ablauf der Ausschlussfrist beim Gericht eingeht.

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