Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorweggenommene Werbungskosten und Grundförderung für eigengenutzte Wohnung bei Nießbrauch
Leitsatz (redaktionell)
1. Während des Bestehens einer Nießbrauchsbelastung ist ein Abzug von Aufwendungen des Eigentümers als vorweggenommene Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung auch dann zu versagen, wenn ein Ende der Nutzung – etwa aufgrund des Alters und der Krankheit der Nießbrauchsberechtigten – im konkreten Fall absehbar ist.
2. Die Nutzung aufgrund fremden Nießbrauchsrechts steht der Annahme einer eigenen Wohnnutzung i. S. des § 10e Abs. 1 EStG grundsätzlich entgegen.
3. In diesem Fall steht dem Steuerpflichtigen auch kein Vorkostenabzug i.S. des § 10e Abs. 6 EStG zu.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 10e Abs. 1, 6, § 21
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Reparaturaufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung, die Grundförderung für eine eigengenutzte Wohnung (§ 10e Abs. 1 Einkommensteuergesetz – EStG –) und der Abzug von Aufwendungen vor Bezug (§ 10e Abs. 6 EStG).
Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 29. Juni 1993 erwarb der Kläger (Kl) von seinen 68 Jahre (Mutter) bzw. 69 Jahre (Vater) alten Eltern das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück Flst.-Nr. …, in A, das vier vermietete Wohnungen und eine vermietete Gewerbeeinheit enthielt. Die Eltern behielten sich in dem genannten Vertrag ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an dem Grundstück vor. Zugleich vereinbarten die Vertragsparteien, dass für den Nießbrauch die gesetzlichen Bestimmungen gelten sollten, jedoch mit der Abweichung, dass die Nießbraucher – im Verhältnis zum Eigentümer – verpflichtet seien, auch alle außerordentlichen Aufwendungen für den Vertragsgegenstand, insbesondere für Instandhaltung, Instandsetzung, Verbesserung, Umgestaltung oder Erneuerung, ersatzlos zu tragen. Die Entscheidung, ob und wann Maßnahmen, die außerordentliche Kosten im vorstehenden Sinne verursachten, durchgeführt würden, oblag nach Ziffer 2 des Schenkungsvertrags den Nießbrauchern.
Die Übergabe des – so die Formulierung in Ziffer 4 des Vertrages – „tatsächlichen Besitzes” sollte an dem Tag erfolgen, an dem der vorbehaltene Nießbrauch vollständig erlischt. Am Tag der Besitzübergabe sollten auch Nutzen, Lasten, Gefahrtragung und gesetzliche Haftpflicht auf den Erwerber übergehen. Die laufenden öffentlichen Abgaben übernahm der Erwerber mit Wirkung ab dem Tag der Besitzübergabe. Die Abrechnung unter den Vertragsbeteiligten sollte auf diesen Stichtag vorgenommen werden. Der Kl verpflichtete sich im Vertrag den Veräußerern gegenüber, über den Vertragsgegenstand nicht ohne ausdrückliche (schriftliche) Zustimmung der Veräußerer durch Belastung oder Veräußerung – ganz oder teilweise – zu verfügen. Den Veräußerern blieb aufgrund entsprechender Vereinbarung im Vertrag das Recht vorbehalten, vom Schenkungsvertrag zurückzutreten und die Rückübertragung des Eigentums am Vertragsgrundstück auf die Schenker zu verlangen,
- wenn der Erwerber der obigen Verpflichtung zuwider durch Veräußerung oder Belastung über den Vertragsgegenstand ganz oder teilweise verfügt,
- wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zulasten des Vertragsgrundstücks eingeleitet werden (insbesondere bei Eintragung von Sicherungs-Zwangs-Hypotheken oder bei Einleitung des Zwangsversteigerungs- oder -verwaltungsverfahrens),
- wenn über das Vermögen des Erwerbers das Konkurs- oder gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet oder der Konkurs wegen Massemangels abgelehnt wird.
Im Jahr 1994 baute der Kl die Dachgeschoss(DG-)wohnung des Objekts aus und renovierte das Gebäude umfassend. Seit dem 1. Dezember 1994 nutzten die Kl die DG-Wohnung zu eigenen Wohnzwecken. Die Kosten für den Ausbau der DG-Wohnung beliefen sich auf 344.236 DM. Die Renovierungskosten für das übrige Gebäude betrugen im Jahr 1994 insgesamt 104.383 DM.
Der Vater des Kl ist am 15. August 1994, die Mutter des Kl am 1. Februar 1995 verstorben.
In der gemeinsamen Einkommensteuer(ESt)-Erklärung der Kl für das Jahr 1994 machte der Kl für die DG-Wohnung einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 19.800 DM geltend. Hinsichtlich der Renovierungskosten für das restliche Gebäude (104.383 DM) begehrte der Kl die Verteilung auf fünf Jahre, weshalb in der ESt-Erklärung 1994 1/5 der Aufwendungen, also 20.876 DM, als (vorweggenommene) Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht wurden. Von den Finanzierungskosten in Höhe von 9.443,06 DM setzte der Kl 80 %, also 7.555 DM, als Werbungskosten an, während 20 %, also 1.890 DM, als auf die eigengenutzte Wohnung entfallend geltend gemacht wurden. Hiervon erklärten die Kl 11/12, also 1.732 DM, als Aufwendungen vor Bezug im Sinne des § 10e Abs. 6 EStG.
Im ESt-Bescheid für 1994 vom 2. Januar 199...