Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 6b EStG-Rücklage: für die Zuordnung eines Grundstücks zum Anlage- oder Umlaufvermögen sind die Verhältnisse zum Veräußerungszeitpunkt maßgebend. das Vorliegen der Voraussetzungen für einen gewerblichen Grundstückshandel sprechen für die Qualifizierung als Umlaufvermögen. einheitlicher und gesonderter Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1988

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Zuordnung eines Grundstücks zum Anlage- oder Umlaufvermögen eines Unternehmens ist auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Verschaffung des zivilrechtlichen oder zumindest wirtschaftlichen Eigentums an einem Wirtschaftsgut gegen Entgelt abzustellen.

2. Ein Bauhof verliert für ein Straßenbauunternehmen seine Eigenschaft als Anlagevermögen erst dann, wenn objektive Beweisanzeichen wie die Übernahme des Planungsaufwandes für einen Bebauungsplan sowie die Kostentragung für Erschließungsaufwendungen, Verkaufsanzeigen und Prospektmaterial auf eine Verkaufsabsicht und damit auf eine Umwidmung zum Umlaufvermögen schließen lassen.

3. Da für die Annahme eines gewerblichen Grundstückhandels der Gewerbebetrieb bereits mit den ersten, objektiv auf die Vornahme von Grundstücksgeschäften gerichteten Vorbereitungshandlungen beginnt, hat das Vorliegen der Voraussetzungen für den gewerblichen Grundstückshandel indizielle Bedeutung für die Qualifizierung eines Wirtschaftsgutes als Umlaufvermögen.

 

Normenkette

EStG § 6b Abs. 1 S. 1; EStG § 6b S. 2 Nr. 4; HGB § 247 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.10.2001; Aktenzeichen IV R 47/00)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 199.750,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Zugehörigkeit von Grund und Boden eines ehemaligen Bauhofs zum Anlage- oder Umlaufvermögen eines Straßenbauunternehmens und davon abhängend die Zulässigkeit einer Rücklage nach § 6 b Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Klägerin, die … Tief- und Straßenbauunternehmung GmbH & Co. KG – nachfolgend KG genannt – befaßt sich mit Tief- und Straßenbau und betreibt ein Kieswerk. An der KG beteiligt sind die … Straßenbau-GmbH – nachfolgend: GmbH – als Komplementärin sowie als Kommanditisten Frau … – EJ – und bis zum 30. Juni 1989 Herr … – RJ –, an dessen Steile ab diesem Zeitpunkt Frau führer neben einer weiteren Person EJ und WE sind, ist am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt. Eine Einlage hat sie nicht zu erbringen. Für ihre Geschäftsführertätigkeit erhält sie vorab den vollen Ersatz ihrer Aufwendungen. Ferner erhält sie als Ausgleich für ihre unbeschränkte Haftung jährlich 10 % ihres Haftkapitals gutgeschrieben. Bis zum 30. Juni 1989 war EJ mit einer Kommanditeinlage von 1,1 Mio. DM (55 %) und RJ mit einer Einlage von 0,9 Mio. DM (45 %) am Unternehmen beteiligt. Danach waren am Kapital der Klägerin EJ mit 0,9 Mio. DM und WE mit 1,1 Mio. DM beteiligt.

Die Klägerin betrieb ihr Unternehmen zunächst in S. im Gebiet „…” auf einem 5276 m² großer Gelände – nachfolgend Bauhofgelände genannt –, welches als Lager- und Abstellplatz für Materialien, Geräte und Maschinen diente und auf dem sich ein Werkstattgebäude für den Reparaturbetrieb sowie ein Bürogebäude für die technische und kaufmännische Verwaltung befanden. In den Jahren 1978 und 1979 verlagerte sie sukzessive ihren Werkstatt- und Bauhofbetrieb nach H. Das primitive Werkstattgebäude in S. wurde 1983 abgebrochen, nachdem eine – nach eigenen Angaben der Klägerin – sinnvolle Nutzung, insbesondere wegen des schlechten baulichen Zustandes, nicht mehr möglich war.

Bereits im Jahre 1979 hatte die Geschäftsleitung der Klägerin bei der Gemeinde S. mit Schreiben vom 05. November 1979 bzw. 16. Januar 1980 die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Gebiet … beantragt, in dem sich das Bauhofgelände befindet Ein entsprechender Bebauungsplan wurde beschlossen. Die erste Genehmigung des Bebauungsplanes erfolgte im August 1983, eine Änderungsgenehmigung wurde 1986 erteilt. Im Zuge der Durchführung des Bebauungsplanes wurde das Bauhofgelände parzelliert; u. a. wurden – im sogenannten ersten Bauabschnitt – neun Grundstücke zur Reihenhausbebauung gebildet. Für diese Grundstücke hat die Klägerin im Jahre 1984 26.247 DM als Beitrag für die Erschließungskosten geleistet. Für fünf Reihenhausgrundstücke wurde im Dezember 1986 der Klägerin die Baugenehmigung erteilt (Baugenehmigung vom 09. Dezember 1986). Zur Veräußerung dieser Grundstücke hat sie im September 1986 einen Prospekt erstellt und entsprechende Werbung in der Presse bei rieben (vgl. Anzeige in der Badischen Zeitung vom 18. Oktober 1986 in den Betriebsprüfungs-Handakten mit dem Bericht vom 14. Januar 1993). Baubeginn für diese Reihenhäuser war im Mai 1987, die Veräußerung erfolgte aufgrund notarieller Verträge in den Monaten April bis September 1987, wobei nicht nur der Grund und Boden, sondern mit dem betreffenden Grundstück zugleich auch ein von der Klägerin als Bauträger noch zu errichtendes Gebäude zu einem Gesamt...

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