Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebung von Zinsen bei Null-Festsetzung aufgrund Verlustrücktrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mangels Liquiditätsvorteils entstehen keine Zinsen nach § 233a AO, wenn ein Verlustrücktrag im Nachhinein zu einer Steuerfestsetzung von Null führt.

2. Die Tatsache, dass für den Zeitraum zwischen der Bekanntgabe des ursprünglichen Steuerbescheides bis zur Bekanntabe des nach § 10d Abs. 1 S. 5 EStG gänderten Bescheides eine Zahlungsverpflichtung bestand, der der Steuerpflichtige nicht nachgekommen ist, ist eine Frage von Säumniszuschlägen aber nicht von Zinsen nach § 233a AO.

 

Normenkette

AO § 233a Abs. 3 S. 1; EStG § 10d Abs. 1 S. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.04.2007; Aktenzeichen I R 35/06)

BFH (Urteil vom 24.04.2007; Aktenzeichen I R 35/06)

 

Tenor

1. Die Zinsen zur Körperschaftsteuer 1999 werden mit 0 DM festgesetzt.

2. Das beklagte Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig sind die festgesetzten Zinsen zur Körperschaftsteuer 1999; insoweit handelt es sich um ein Folgeverfahren zum Verfahren 6 K 12/05.

Wie bereits im Verfahren 6 K 12/05 ausgeführt, hat das beklagte Finanzamt – FA – mit geändertem Körperschaftsteuerbescheid vom 13. Januar 2005 die Körperschaftsteuer auf 0 DM/0 EUR festgesetzt. In dem Bescheid heißt es weiter „Die bisherige Zinsfestsetzung bleibt bestehen.”

Im ursprünglichen Körperschaftsteuerbescheid vom 23. August 2001 waren Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung i.H. von 620 DM festgesetzt worden, die sich wie folgt errechneten:

  • Festgesetzte Körperschaftsteuer, abgerundet auf volle hundert DM: 31.000 DM;
  • Zu berücksichtigende Vorauszahlungen: 0 DM;
  • Beginn des Zinslaufs: 01. April 2001;
  • Ende des Zinslaufs: 26. August 2001;
  • Dauer der vollen Monate des Zinslaufes: vier;
  • Höhe der Zinsen: 4 × 0,5 % × 31.000 DM = 620 DM;

Gegen diese Zinsfestsetzung wurde kein Einspruch eingelegt, dagegen legte die Klägerin Einspruch ein gegen die „wiederholende” Zinsfestsetzung im Steuerbescheid vom 13. Januar 2005. Diesen lehnte das FA mit Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 2005 als unbegründet ab und zwar aus folgenden Gründen:

Der Bescheid über die Festsetzung der Zinsen sei mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist bestandkräftig geworden; aufgrund der Anfechtungsbeschränkung des § 351 AO sei eine Änderung im Einspruchsverfahren nicht mehr möglich.

Eine Korrektur nach §§ 129, 172 ff. AO sei nicht ersichtlich.

Eine Änderung nach § 233a Abs. 5 AO sei ebenfalls nicht möglich.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

die Festsetzung der Zinsen ersatzlos aufzuheben.

Das FA hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die sich in der finanzgerichtlichen Akte befinden, die vom FA vorgelegten Steuerakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. März 2006 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Zinsen nach § 233a AO sind weder Sanktion noch Druckmittel oder Strafe, sondern laufzeitabhängige Gegenleistungen für die mögliche Kapitalnutzung. Entscheidend ist, ob der Schuldner der Steuernachforderung Zinsvorteile oder Liquiditätsvorteile erlangt hat oder zumindest erlangen bzw. anderweitige Zinsbelastungen vermeiden konnte. Durch § 233a AO sollen Liquiditätsvorteile aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung abgeschöpft werden.

Der Gesetzgeber wollte zwar die Erhebung von Zinsen grundsätzlich nach dem Sollprinzip ausgestalten; das bedeutet, dass ihr ein Vergleich des „Vorsolls” mit dem „endgültigen Soll” zugrunde zu legen ist. Er wollte jedoch ersichtlich nicht, dass dieser Vergleich ohne Berücksichtigung des mit der Verzinsung beabsichtigten Zwecks durchgeführt wird. Und für den Steuerbürger ist es schlicht nicht verständlich, wenn er – wie im konkreten Fall – zum einen keine Steuer entrichten muss, weil der Steueranspruch durch einen Verlustrücktrag gleichsam aufgezehrt wird, zum anderen aber eine Zinsen entrichten soll.

Geht man streng vom Wortlaut des § 233a Abs. 3 Satz 1 AO aus, so ist maßgebend für die Zinsberechnung der „Unterschiedsbetrag”. Bezogen auf die erste Steuerfestsetzung für das Streitjahr beträgt er unstreitig abgerundet 31.000 DM. Der Unterschiedsbetrag wäre dann zu verzinsen, wenn nicht noch die Änderung durch den Verlustrücktrag aus dem Veranlagungszeitraum 2000 sich ergeben würde. Dies führt zu einem Unterschiedbetrag von 0 DM, der wohl unstreitig keine Verzinsung auslösen würde (so wohl auch Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 21. Oktober 2005 I B 115/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Urteile – BFH/NV – 2006, 475).

Die Tatsache, dass für einen bestimmten Zeitraum, nämlich von einem Monat nach Bekanntgabe des ursprünglichen Steuerbescheids bis zur Bekanntgabe des nach § 10d Abs. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geänderten Bescheid, eine Zahlungsverpflichtung bestand, der der Steuerpflichtige nicht nachgekommen ist, ist nach Auffassung des Senats eine Frage von S...

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