Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG: keine Verkürzung der „tatsächlichen Nutzungsdauer” von Behandlungsräumen einer Zahnarztpraxis im Hinblick auf den künftigen Wegfall der betrieblichen Nutzungsmöglichkeit aufgrund Praxisaufgabe aus Altergründen oder die künftige Beschränkung des Nutzungsumfanges aufgrund einer zu erwartenden „Zahnarztschwemme”. Verträge unter nahen Angehörigen: kein Ansatz der über den geltenden Tarifvertrag hinausgehenden Ausbildungsvergütungen als Betriebsausgaben, wenn die überschießenden Zahlungen nicht im Vorhinein eindeutig und klar vereinbart wurden. Einkommensteuer 1979 bis 1982 und 1985
Leitsatz (amtlich)
1. Der Umstand einer beabsichtigten Praxisaufgabe (hier: Zahnarztpraxis) aus Altersgründen oder einer Beschränkung des operativen Geschäfts aufgrund eines künftig subjektiv erwarteten erhöhten Konkurrenzdrucks (sog. Zahnarztschwemme) rechtfertigt für Abschreibungszwecke nicht den Ansatz einer von der typisierten Nutzungsdauer des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG abweichenden „tatsächlichen Nutzungsdauer” i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 2 für die im Anlagevermögen ausgewiesenen Geschäftsräume unter dem Gesichtspunkt einer verkürzten „wirtschaftlichen” Nutzungsdauer.
2. Geldzahlungen, die ein Praxisinhaber gegenüber nahen Angehörigen als Ausbildungsvergütung leistet, können jedenfalls dann nicht hinsichtlich des die geltenden tarifvertraglichen Regelungen übersteigenden Teils als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG berücksichtigt werden, wenn die außertariflichen Vergütungsanteile nicht – wie unter fremden Dritten üblich – im Vorhinein eindeutig und klar vereinbart wurden.
Normenkette
EStG 1979 § 7 Abs. 4 Sätze 1-2, § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 4
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zum einen, in welcher Höhe Zahlungen des verstorbenen Ehemanns der Klägerin (Klin) in den Jahren 1980 bis 1982 an seine zu ihm in einem Ausbildungsverhältnis stehende gemeinsame Tochter als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind sowie die Höhe der Absetzungen für Abnutzung (AfA) für Praxisräume des verstorbenen Ehemanns der Klin in den Jahren 1979 bis 1982 und 1985.
Der im Jahr 1928 geborene, am 25. Juli 1992 verstorbene Ehemann der Klin betrieb in den Streitjahren –wie zuvor– eine Zahnarztpraxis, für die er seinen Gewinn durch Einnahmeüberschußrechnung ermittelte (§§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 4 Abs. 3 und 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die Zahnarztpraxis wurde in Räumen des 1964 errichteten Gebäudes … in … betrieben, dessen Eigentümer bis zum Tod des Ehemannes der Klin beide Ehegatten je hälftig waren.
In der Zeit vom 7. Februar 1975 bis zum Juni 1976 wurde das Gebäude erweitert. Dabei wurden die zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäudeteile erweitert und in den bisherigen Wohnräumen für die Praxis ein drittes Sprechzimmer und ein neues Wartezimmer erstellt. Die gesamten Aufwendungen für die Umbaumaßnahmen betrugen DM 232.908, wobei für das dritte Sprechzimmer und das Wartezimmer unter Berücksichtigung des Einlagewerts des Gebäudeteils und der anteiligen Umbaukosten (DM 23.290 vgl. Tz. 33 des Bp-Berichts vom 12. April 1977) vom Kl Herstellungskosten in Höhe von DM 61.781 auf gewandt wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antrag auf Gewährung eines Investitionszulage (InvZul) nach § 4b Investitionszulagegesetz (InvZulG) 1975 vom 14. Dezember 1976, das Einspruchsschreiben des verstorbenen Ehemanns der Klin vom 11. Februar 1977 gegen den InvZul-Bescheid 1976 vom 1. Februar 1977 sowie Tz. 27 des Betriebsprüfungsberichts vom 12. September 1984 Bezug genommen.
Mit seiner am 13. Oktober 1962 geborenen Tochter schloß der verstorbene Ehemann der Klin am 1. Juli 1980 für die Zeit vom 15. August 1980 bis zum 15. August 1983 einen „Berufsausbildungsvertrag für Zahnarzthelferinnen”, der in § 5 die Bestimmung enthielt, daß die Vergütung sich nach dem jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag für Zahnarzthelferinnen richten sollte. Die tarifvertragliche Vergütung betrug ausweislich der einschlägigen Tarifverträge (vgl. Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung Stuttgart vom 18. November 1991 mit Anlagen):
für das |
1. Lehrjahr |
2. Lehrjahr |
3. Lehrjahr |
|
DM |
DM |
DM |
ab 1.4.1980 |
435 |
455 |
570 |
ab 1.6.1981 |
450 |
475 |
595 |
ab 1.7.1982 |
472 |
500 |
620 |
ab 1.7.1983 |
475 |
500 |
645 |
Abweichend von dieser Regelung bezahlte der verstorbene Ehemann der Klin an seine Tochter in den Streitjahren folgende Ausbildungsvergütungen:
Zeitraum |
|
|
18.8. – 31.8.1980 |
DM |
600 |
September 1980 und Oktober 1980 |
jeweils DM |
1.200 |
November 1980 |
DM |
1.200 |
zuzüglich für Überstunden |
DM |
575 |
Dezember 1980 |
DM |
1.200 |
zuzüglich Weihnachtsgeld |
DM |
1.200 |
Januar 1981 bis September 1981 |
jeweils DM |
1.500 |
Oktober 1981 |
DM |
1.800 |
November 1981 |
DM |
1.800 |
zuzüglich Weihnachtsgeld |
DM |
1.800 |
Dezember 1981 |
DM |
1.800 |
Januar 1982 bis März 1982 |
jeweils DM |
2.500 |
April 1982 bis Oktober 1982 |
jeweils DM |
3.000 |
November 1982 |
DM |
3.000 |
zuzüglich Weihnachtsgeld |
DM |
3.000 |
Dezember 1982 |
DM |
3.000. |
Im Rahmen einer im Febru...