rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlende Befugnis selbständiger Buchhalter zur Erstellung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht verfassungswidrig oder unionsrechtswidrig
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein selbständiger Buchhalter erbringt mit der Erstellung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Mandanten unbefugt eine geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen im Sinne von §§ 2, 5 StBerG. Die Hilfeleistung bei der Anfertigung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen wird von der Erlaubnisnorm des § 6 Nr. 4 StBerG nicht erfasst; diese Vorschrift kann auch mangels planwidriger Gesetzeslücke nicht analog angewendet werden.
2. Die Regelung des § 6 Nr. 4 StBerG ist, soweit sie selbständigen Buchhaltern keine Befugnis einräumt, für ihre Mandanten Umsatzsteuer-Voranmeldungen zu erstellen, verfassungsgemäß (Anschluss an BFH, Urteil v. 1.3.1983, VII R 27/82, BStBI 1983 II S. 318 und Urteil v. 7.6.2017, II R 22/15, BStBl 2017 II S. 973) und verstößt auch nicht gegen Unionsrecht; insbesondere ist die Erstellung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht bloß „im Wesentlichen administrativer Natur” i.S.d. EuGH, Urteil v. 17.10.2002, C-79/01 (Payroll-Data-Services Italy Srl).
3. Die Fertigung einer Umsatzsteuer-Voranmeldung ist nicht lediglich ein „mechanisches Rechenwerk”, das sich aufgrund der Nutzung eines entsprechenden Buchhaltungsprogramms „automatisch” aus der laufenden Buchhaltung ergibt. Das für selbständige Buchhalter geltende Verbot der geschäftsmäßigen Hilfeleistung bei der Erstellung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist aufgrund der Komplexität des Umsatzsteuerrechts geboten, um dem Interesse der Allgemeinheit und gesetzesunkundiger Steuerpflichtiger Rechnung zu tragen, dass nur solche Berater geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, die dazu die erforderliche sachliche und persönliche Zuverlässigkeit besitzen.
Normenkette
AO § 80 Abs. 5, 7; StBerG § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, §§ 2-3, 5 Abs. 1 S. 1, § 6 Nrn. 3-4; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1; UStG § 18 Abs. 1, 3
Tenor
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte (Bekl) den Kläger (Kl) zurecht als Bevollmächtigten eines seiner Mandanten zurückgewiesen hat.
Der Kl ist … und … und ist als Buchhalter selbständig tätig. Unter Verwendung des Buchhaltungsprogramms „…” bucht er für seine Mandanten auf der Basis der ihm von diesen zur Verfügung gestellten Unterlagen die laufenden Geschäftsvorfälle. Zugleich nutzt er sein Buchhaltungsprogramm zur Erstellung vorläufiger Umsatzsteuer(USt)-Voranmeldungen auf der Grundlage der gebuchten Geschäftsvorfälle. Die vorläufigen USt-Voranmeldungen werden dann von ihm geprüft und mit dem betreffenden Mandanten besprochen. Nach dessen Zustimmung übermittelt der Kl die USt-Voranmeldungen über ELSTER an das jeweils zuständige Finanzamt.
Nachdem ihm Herr W. (damalige Anschrift: A-Straße 1, …X) eine so bezeichnete „Übermittlungsvollmacht für Steuerdaten” gemäß § 1 Abs. 1 der damals geltenden Steuerdatenübermittlungsverordnung (StDÜV) erteilt hatte, übermittelte der Kl am 10. Juli 2015 die USt-Voranmeldung des Herrn W. für das 2. Quartal 2015 an den Bekl.
Mit Bescheid vom 21. Juli 2015 teilte der Bekl dem Kl daraufhin mit, er habe für Herrn W. geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen geleistet, ohne dazu befugt zu sein (§ 5 des Steuerberatungsgesetzes – StBerG –). Der Kl werde deshalb als Bevollmächtigter seines Auftraggebers zurückgewiesen (§ 80 Abs. 5 der Abgabenordnung – AO –). Zugleich führte der Bekl aus, alle Verfahrenshandlungen, die der Kl trotz der Zurückweisung künftig für seinen Auftraggeber vornehme, blieben ohne Wirkung. Herr W. sei als Auftraggeber des Kl entsprechend unterrichtet worden (§ 80 Abs. 8 AO). Dem Bescheid war keine Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne des (i.S.d.) § 356 AO beigefügt.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten an den Bekl vom 5. August 2015 ließ der Kl vortragen, entsprechend dem mit Schreiben des Bekl vom 21. Juli 2015 erhobenen Vorwurf solle er gegen das Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen verstoßen haben. Dieser Vorwurf werde in dem genannten Schreiben aber nicht begründet. Insbesondere fehle jede Ausführung zu dem Sachverhalt, aus dem sich der angebliche Verstoß ergeben solle. Der Kl bitte den Bekl deshalb darum, den erhobenen Vorwurf sowohl zu begründen als auch zu belegen und verweise insoweit auf § 121 AO. Im Übrigen sei aus dem genannten Schreiben auch nicht deutlich erkennbar, ob es sich um einen Verwaltungsakt handeln solle oder nicht. Sollte es sich um einen Verwaltungsakt handeln, so fehle es insbesondere an einer Rechtsbehelfsbelehrung. Weiter ließ der Kl ausführen, er habe im Nachgang zu dem genannten Schreiben des Bekl einen Gesprächstermin mit dem Geschäftsstellenleiter des Bekl, Herrn Z., gehabt. Dabei habe ihm dieser vorgeworfen, er habe für Herrn W. die USt-Voranmeldung erstellt. Näher begründet oder belegt habe er den Vorwurf aber auch in diesem Gespräch nic...