rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuersatz bei Durchführung von Stadtrundfahrten im Linienverkehr. Rückwirkung der Verkehrsgenehmigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch touristischen Zwecken dienende Stadtrundfahrten können dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegen, wenn es sich insoweit um genehmigten Linienverkehr handelt.

2. Der Unternehmer, der sich auf die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG berufen will, muss derjenige sein, der gegenüber den Leistungsempfängern der Beförderungsleistungen als Erbringer dieser Beförderungsleistung auftritt. Ferner muss dieser Unternehmer im Besitz einer nach dem PBeFinanzgericht erforderlichen Genehmigung sein.

3. Ob ein Verwaltungsakt Rückwirkung hat, bestimmt sich nicht nach § 184 Abs. 1 BGB, sondern aus dem Genehmigungserfordernis selbst und den mit ihm im Zusammenhang stehenden Bestimmungen.

4. Bei summarischer Betrachtung ist nicht ausgeschlossen, dass die zuständige Behörde im Einzelfall, wenn die Regelungszwecke des PBeFinanzgericht nicht gefährdet sind, die erforderlichen Genehmigungen rückwirkend erteilt. Daher ist im Streitfall ernstlich zweifelhaft, ob die streitigen Stadtrundfahrten zum Regelsteuersatz oder aber aufgrund einer Rückwirkung der erteilten Verkehrsgenehmigung auf die Streitjahre nur ermäßigt zu besteuern waren.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 1, 2 Nr. 10; PBefG § 2 Abs. 6, §§ 42-43; FGO § 69 Abs. 2-3

 

Tenor

Die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2007 vom 19. Januar 2012 und der Umsatzsteuerbescheide 2008 bis 2010 vom 16. November 2011 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 13. März 2013 wird mit Wirkung vom Fälligkeitstag bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung eines Urteils im Verfahren 7 K 7090/13 oder dessen sonstiger Erledigung in Höhe von 84.684,31 Euro zur Umsatzsteuer 2005, in Höhe von 96.432,38 Euro zur Umsatzsteuer 2006, in Höhe von 139.281,50 Euro zur Umsatzsteuer 2007, in Höhe von 137.268,89 Euro zur Umsatzsteuer 2008, in Höhe von 132.949,95 Euro zur Umsatzsteuer 2009, in Höhe von 140.380,13 Euro zur Umsatzsteuer 2010 und in Höhe von 150.415,89 Euro zur Umsatzsteuer 2011 ausgesetzt.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob die Umsätze der Antragstellerin aus Stadtrundfahrten in C. dem ermäßigten Steuersatz oder dem Regelsteuersatz zu unterwerfen sind.

Die Antragstellerin entstand im Jahre 1995 durch Umwandlung aus einer GmbH. Kommanditisten waren die Eheleute B. (bis zu seinem Tod im Jahre 2006) und D., letztere seit dem Tod ihres Ehemanns als alleinige Kommanditistin. Komplementärin war und ist die E. GmbH, deren Geschäftsführer B. und F. waren bzw. ist.

Ebenso ging aus einer Umwandlung aus einer GmbH die Gc OHG hervor, deren Gesellschafter ebenfalls das Ehepaar waren. Nach dem Tod des Ehemanns führte die D. das Unternehmen als Einzelunternehmerin, bis im Jahre 2007 die Gesellschaft in eine KG umgewandelt und H. als Kommanditistin aufgenommen wurde. Seit 2013 firmiert diese Gesellschaft als GmbH & Co. KG.

Am 28. März 2000 genehmigte die damalige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung der Antragstellerin bis zum 30. März 2005 die Durchführung sogenannter „Open-Door-Stadtrundfahrten”, also Stadtrundfahrten, bei denen die Fahrgäste an verschiedenen über das Stadtgebiet verteilten Haltestellen ein- und aussteigen können. Im Hinblick auf Vereinbarungen mit den I.-Betrieben beantragten die Antragstellerin und die G. OHG am 28. März 2000, die Genehmigung auf die G. OHG zu übertragen. Dem kam die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit Verfügung vom 19. Juli 2000 nach.

Am 27. Dezember 2001 schlossen die G. OHG und die Antragstellerin einen Vertrag zur Nutzung von Konzessionen. Danach gestattete die G. OHG der Antragstellerin ab dem 1. Januar 2002 die vollständige, selbständige und exklusive Nutzung der Genehmigung zur Durchführung von Stadtrundfahrten. Dafür erhielt sie eine Gebühr von jährlich 12,5 Prozent der erzielten Nettoumsätze.

Am 23. März 2005 genehmigte das J.-Amt der G. OHG erneut die Durchführung von Stadtrundfahrten, nunmehr für den Zeitraum vom 1. April 2005 bis 31. März 2013.

Davon abweichend wurden die streitbefangenen Stadtrundfahrten durch die Antragstellerin durchgeführt und die entsprechenden Umsätze als Umsätze zum ermäßigten Steuersatz erklärt.

Unter dem 14. November 2012 beantragten die G. OHG und die Antragstellerin mit gleichlautenden Schreiben an das J.-Amt die Zustimmung zur Übertragung der Betriebsführung ab dem 1. Januar 2002 auf die Antragstellerin. Die beiden Gesellschaften verwiesen auf den zuvor erwähnten Vertrag vom 27. Dezember 2001 und legten diesen in Kopie bei. Diesem Antrag entsprach das J.-Amt mit Verfügung vom 19. November 2012 gegenüber beiden Gesellschaften. Darin heißt es wörtlich:

„Dem Antrag der beiden Unternehmen auf Übertragung der Betriebsführung der Open-Door-Stadtrundfahrten-Genehmigung, welche als Sonderlinienverkehr … mit einer G...

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