rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücknahme eines Antrags auf AdV. Rechtsschutzbedürfnis bei Gewährung der AdV unter Vorbehalt des Widerrufs. Versagung des Vorsteuerabzugs wegen falscher Anschrift des Leistungsempfängers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Rücknahme eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) kann nicht widerrufen oder angefochten werden.

2. Die mit einem Vorbehalt des Widerrufs versehene Verfügung über AdV lässt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf AdV ohne Vorbehalt des Widerrufs nicht entfallen.

3. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob allein die falsche Anschrift des Leistungsempfängers in der Rechnung zur Versagung des Vorsteuerabzugs berechtigt.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 4; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Die Vollziehung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide Januar und Februar 2013 vom 22.07.2013 wird mit Wirkung vom 17.03.2016 in Höhe von 9.504,70 EUR für Januar 2013 und 9.507,46 EUR für Februar 2013 ausgesetzt.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob der Antrag zulässig ist und ob die Antragstellerin in den Streitjahren als Unternehmerin i.S. des § 2 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz –UStG– anzusehen ist.

Die Antragstellerin wurde am 01.01.2012 gegründet. Ihre Komplementärin war und ist die B. GmbH, ihr Kommanditist Herr C., der auch der Geschäftsführer der Komplementär GmbH ist. Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von Software sowie Dienstleistungen und Schulungen im Bereich Systementwicklung.

Für die Monate Mai 2012 und Juli bis November 2012 reichte die Antragstellerin Umsatzsteuer-Voranmeldungen ein, mit denen sie lediglich Vorsteuern erklärte und die demzufolge zu Umsatzsteuervergütungen in Höhe von 23.750,– EUR, 11.970,– EUR, 11.210,– EUR, 9.500,– EUR, 9.515,01 EUR und 52.513,18 EUR führten. Diesen Anmeldungen stimmte der Antragsgegner zunächst zu. Am 22.07.2013 erließ der Antragsgegner nach Durchführung einer Umsatzsteuersonderprüfung Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide Mai 2012 und Juli bis November 2012, mit denen er die Umsatzsteuer jeweils auf 0,– EUR festsetzte und die zuvor vergütete Umsatzsteuer zurückforderte. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.

Am 20.12.2013 reichte die Antragstellerin eine Umsatzsteuererklärung 2012 ein, nach der sich eine Umsatzsteuervergütung in Höhe von 54.578,81 EUR ergab (gegenüber den vorangemeldeten Beträgen also eine Abschlusszahlung in Höhe von 23.356,91 EUR). Der Antragsgegner trat der Umsatzsteuererklärung entgegen. Am 02.06.2014 reichte die Antragstellerin eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 2012 ein, nach der sich eine Umsatzsteuervergütung in Höhe von 116.993,81 EUR ergab (gegenüber den vorangemeldeten Beträgen also eine weitere Erstattung in Höhe von 39.058,08 EUR).

Unter dem 30.08.2012 schlossen die Antragstellerin und C. einen Markenlizenzvertrag, nach der C. der Antragstellerin gestattete, seine Marke „D.” für die Waren „Software” zu benutzen. Die Antragstellerin schuldete für das Jahr 2012 eine Gebühr von 100.000,– EUR und für jedes folgende Jahr in Höhe von 450.000,– EUR. Nach Absprache mit C. könne die Lizenzgebühr in Raten zu je 50.000,– EUR in Rechnung gestellt werden (Bl. 66 ff. Heftung Prüferunterlagen 2013). Eine entsprechende Wort–Bildmarke war zugunsten von C. am 06.09.2012 vom E. Amt eingetragen worden (Bl. 71 Heftung Prüferunterlagen 2013). Unter dem 31.01.2013 stellte C. der Antragstellerin eine Rechnung mit der Empfängeradresse F., G.-straße in H. über die Nutzung der Markenrechte „D.” – 1. Rate bei einem Entgelt von 50.000,– EUR und einer Umsatzsteuer in Höhe von 9.500,– EUR, die am 25.02.2013 durch Überweisung beglichen wurde. Gleichartige Rechnungen ergingen unter dem 28.02.2013, 31.03.2013 und 30.04.2013 für die 2. bis 4. Rate, wobei diese Rechnungen nach handschriftlichen Notizen am „7.5.” bezahlt worden sein sollen (Bl. 52 – 56 Heftung Prüferunterlagen 2013).

In ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen Januar bis Mai 2013 machte die Antragstellerin entsprechende Vorsteuerbeträge geltend, erklärte jedoch keine Umsätze. Der Antragsgegner stimmte den Anmeldungen für Januar und Februar 2013 zunächst zu, so dass insoweit Umsatzsteuer in Höhe von 9.504,70 EUR und 9.507,46 EUR vergütet wurde.

Nach Durchführung einer weiteren Umsatzsteuersonderprüfung für April 2012 bis Mai 2013 (Prüfungsbericht vom 15.07.2013) gelangte der Antragsgegner (wiederum) zu der Auffassung, dass die Antragstellerin im Streitzeitraum keine Unternehmerin i.S. des § 2 Abs. 1 UStG gewesen sei, so dass ihr der Vorsteuerabzug zu versagen sei. Mit Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheiden Januar bis Mai 2013 vom 22.07.2013 wurden die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen jeweils auf 0,– EUR festgesetzt (Bl. 10 ff. Heftung Einspruch 2013).

Am 29.11.2013 reichte die Antragstellerin berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldungen Januar bis Mai 2013 ein, in denen sie nur noch Vorsteuern in...

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