Entscheidungsstichwort (Thema)
Energiesteuerentlastung: Pilzzucht auf einem selbst erzeugten Substrat keine Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 57 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 57 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG sind nur solche land- und forstwirtschaftlichen Betriebe energiesteuerlich begünstigt, die „Bodenbewirtschaftung” betreiben. Züchtet ein Unternehmen Champignons auf einem von ihm selbst erzeugten, aus Wasser, Stroh, Hühner- und Pferdemist sowie Gips bestehenden Substrat, das durch Kompostierung und anschließende Pasteurisierung gewonnen, mit den fadenförmigen Zellen des Pilzes beimpft sowie besiedelt und anschließend zur mehrwöchigen Reife in Kisten abgefüllt und mit torfhaltiger Deckerde bedeckt wird, so wird sowohl mit dieser Champignonzucht als auch mit der Eigenproduktion des Substrats keine „Bodenbewirtschaftung” und somit kein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von § 57 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG betrieben.
2. Zur Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der Bodenbewirtschaftung in § 57 EnergieStG kann auf das Ertragsteuerrecht zurückgegriffen werden. Bodenbewirtschaftung ist danach die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von lebenden Pflanzen und Tieren. Unter Boden ist dabei eine landwirtschaftlich genutzte Fläche zu verstehen, mithin ein abgegrenzter Teil der Erdoberfläche. Für den Bodenbezug genügt es nicht, wenn mit Hilfe natürlicher Materialien Pflanzenmaterial gewonnen wird; die Verwendung von Substraten zur Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse ist gerade keine Bodenbewirtschaftung (Abgrenzung zu R 15.5 Abs. 1 EStH 2016).
3. Es ist steuersystematisch und auch unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nicht jeder landwirtschaftliche Betrieb im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG in den Genuss der Energiesteuerentlastung nach § 57 EnergieStG kommt.
Normenkette
EnergieStG § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1; EStG § 13 Abs. 1 Nr. 1; EGRL 96/2003 Art. 15 Abs. 3
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung der Steuerentlastung für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft.
Die Klägerin züchtet Champignons auf eigens dafür von ihr hergestelltem Substrat. Das Substrat, das aus Wasser, Stroh, Hühner- und Pferdemist sowie Gips besteht und durch Kompostierung und anschließende Pasteurisierung gewonnen wird, wird mit den faden-förmigen Zellen des Pilzes beimpft und besiedelt. Das auf diese Weise durchwachsene Substrat wird sodann in Kisten abgefüllt und mit torfhaltiger Deckerde bedeckt. Daran schließt sich eine mehrwöchige Reifung an, ehe die Pilze von Hand geerntet werden. Die verbleibenden Reste werden auf Felder verteilt.
Die Klägerin, die vom Betriebsstättenfinanzamt als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb eingeordnet wird, beantragte am 15. September 2017 die Gewährung von Agrardieselentlastung i.H.v. 26.028,18 EUR. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 12. Januar 2018 ab, da es sich bei ihr nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 57 Abs. 2 Energiesteuergesetz (EnergieStG) handele. Die Herstellung des Pilzsubstrats ohne Verwendung natürlichen Bodens sei keine Bodenbewirtschaftung.
Die Klägerin legte am 23. Januar 2018 Einspruch ein und machte geltend, die Champignonzucht sei auf die Gewinnung landwirtschaftlicher Produkte gerichtet. Die Bodenbewirtschaftung finde hier in Zuchtkisten statt. Der einzige Unterschied sei, dass der Pilz nicht in der Erde, sondern in einem eigens dafür hergestellten Substrat wachse. Zudem würden die Pflanzkisten mit Deckerde bedeckt, die für das Wachstum der Pilze erforderlich sei.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2018 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen von § 57 Abs. 1 EnergieStG lägen nicht vor. Danach sei es erforderlich, dass ein Begünstigter pflanzliche Produkte durch Bodenbewirtschaftung gewinne. Bodenbewirtschaftung sei die planmäßige Nutzung der natürlichen Bodenkräfte zur Pflanzenerzeugung. Solche Erzeugnisse dürften auch durch Verbrauch im eigenen Betrieb verwertet werden. Das hier hergestellte Substrat sei jedoch ein künstliches Erzeugnis. Auch die Champignonerzeugung sei keine Bodenbewirtschaftung, da dafür ein Substrat verwendet werde. Die Deckerde habe lediglich Schutzfunktion und könne ebenfalls durch künstliche Produkte substituiert werden. Im Übrigen handele es sich bei den Champignons weder um ein pflanzliches noch ein tierisches Produkt. Pilze seien vielmehr Lebewesen eigener Art. Insofern komme es nicht darauf an, wie der Betrieb der Klägerin durch das Betriebsstättenfinanzamt steuerlich eingeordnet werde.
Die Klägerin hat am 15. Juni 2018 Klage erhoben. Sie macht geltend, eine Pilzzucht wie die ihre sei ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb. Sie benötige dafür eine Vielzahl von Staplern, Radladern und landwirtschaftlichen Maschinen. Entsprechend hoch sei der bei ihr anfa...