rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen des Eintritts der Erfüllungswirkung gem. § 27 Abs. 19 Satz 4 Nr. 1-4 UStG nach erfolgter Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG durch den Bauunternehmer, der Bauleistungen an einen Bauträger erbracht hatte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach erfolgter Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG kann das Fehlen einer der Voraussetzungen nach § 27 Abs. 19 Satz 4 Nr. 1-4 UStG zur Wirkungslosigkeit der erfolgten Abtretung führen. Darüber ist, wenn es darüber zu einem Streit zwischen dem Finanzamt und dem Leistenden kommt, gesondert von der Entscheidung über die Annahme des Abtretungsangebots nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden (vgl. FG Münster, Urteil v. 15.3.2016, 15 K 3669/15 U).

2. Für die Voraussetzungen der Ausstellung einer Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer nach § 27 Abs. 19 Satz 4 Nr. 1 UStG sowie der unverzüglichen Anzeige der Abtretung an den Leistungsempfänger (§ 27 Abs. 19 Satz 4 Nr. 3 UStG) trägt der leistende Unternehmer die Beweislast und muss ggf. den Zugang der Rechnung bzw. der Anzeige beim Leistungsempfänger nachweisen können.

3. Die Mitwirkungspflicht i.S.v. § 27 Abs. 19 Satz 4 Nr. 4 UStG ist nur erfüllt, wenn der Leistende die Informationen und vertraglichen Unterlagen, insbesondere die Höhe des möglichen Umsatzsteuernachforderungsanspruchs, dem Finanzamt bereitstellt, damit das Finanzamt die Umsatzsteuer vom Bauträger nachfordern kann. Die Mitwirkungspflichten des Leistenden gem. § 27 Abs. 19 Satz 4 Nr. 4 UStG umfassen damit diejenigen über die Abtretung als solche und die Rechnungsstellung und Abtretungsanzeige hinausgehenden Mitwirkungshandlungen des Leistenden, derer das Finanzamt zur Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs bedarf. Der Leistende muss dem Finanzamz diejenigen tatsächlichen Angaben machen und Beweismittel zugänglich machen, welche nötig sind, um die Forderung erforderlichenfalls vor den Zivilgerichten durchsetzen zu können (z.B. die der Leistung zugrunde liegenden Dokumente wie Vertrag, Leistungsverzeichnis, Abnahmeprotokolle).

4. Zu den Mitwirkungspflichten gehört ferner der zeitgerechte Abschluss der Abtretungsvereinbarung. Wenn die schuldhafte Unterlassung oder nur verzögerte Vornahme der Abtretung, der geänderten Rechnungsstellung oder einer sonstigen Mitwirkungshandlung des Leistenden kausal für die Nichtrealisation der abgetretenen Forderung oder wenigstens für eine wesentliche Verschlechterung der Realisationschancen (im Streitfall: Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Leistungsempfängers) wird, liegt eine Mitwirkungspflichtverletzung i. S. v. § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG vor, welche die Erfüllungswirkung der Abtretung ausschließt. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Leistende die Abtretung oder die geänderte Rechnungsstellung bis zum Eintritt der zivilrechtlichen Verjährung der abzutretenden Forderung hinauszögern würde, obwohl ihm eine rechtzeitige Abtretung möglich und zumutbar gewesen wäre.

 

Normenkette

UStG § 27 Abs. 19 Sätze 3, 4 Nrn. 1-4; AO § 218 Abs. 2 S. 1, § 47

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.06.2020; Aktenzeichen V R 39/19)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3, 4 UmsatzsteuergesetzUStG – an Zahlungs statt wirkt.

Die Klägerin erbrachte im Jahr 2010 Bauleistungen an eine Firma B… GmbH, welche die Bauleistungen nicht verwendete, um ihrerseits eigene Bauleistungen zu erbringen. Dabei gingen die Klägerin und die B… GmbH im Einklang mit den damals geltenden Verwaltungsanweisungen von der Steuerschuldnerschaft der B… GmbH aus. Entsprechend berechnete die Klägerin der B… GmbH mit Rechnung vom 08.04.2010 (diese liegt dem Gericht nicht vor) ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis 1.344,00 EUR, welche die B… GmbH an die Klägerin am 27.05.2010 bezahlte (vgl. Bl. 7 der Umsatzsteuerakte – USt –). Die Umsatzsteuer i. H. v. 255,36 EUR (= 19% von 1.344,00 EUR) meldete die B… GmbH oder ihre Organträgerin (s.u.) in ihrer Umsatzsteuererklärung 2010 an. Die Klägerin meldete die Umsatzsteuer auf diese Leistungen entsprechend in ihrer am 30.04.2012 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2010, die aufgrund allgemein erteilter Zustimmung einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 10.734,18 EUR gleichstand, nicht an.

Mit Schreiben vom 30.05.2014 beantragte die Organträgerin der B… GmbH, die C… AG bei dem für sie zuständigen Finanzamt – FA – D… unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 22.08.2013 (V R 37/10, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2014, 128) die Erstattung der Umsatzsteuer i. H. v. 255,36 EUR. Darüber setzte das FA D… den Beklagten mit Schreiben vom 23.07.2015 in Kenntnis und bat um Mitteilung über eine ggf. erfolgte Abtretung des der Klägerin gegen die B… GmbH zustehenden Anspruchs auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer und das Vorliegen de...

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