rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der Absicht zur umsatzsteuerpflichtigen Vermietung eines zu errichtenden Bürogebäudes. Auslegung eines Mietvertrags entgegen dem Wortlaut. Zeitpunkt der Zuordnung von Vorsteuerbeträgen zur umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit. Zuordnungsentscheidung und Bekanntgabe an das FA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Schließt der ein Bürogebäude errichtende Unternehmer mit einem Leistungsempfänger, der das Grundstück nicht ausschließlich zur Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, einen Mietvertrag, der formal die gesamte Grundstücksfläche umfasst, kann der Mietvertrag nach dem beabsichtigten wirtschaftlichen Gehalt dahingehend auszulegen sein, dass unter Berücksichtigung der vertraglichen Bestimmungen, der tatsächlichen Durchführung der nicht vollständig entsprechend der Absprachen umgesetzten Verträge und der ausgeführten Handlungen (Zurverfügungstellen von 80 % der Flächen) lediglich 80 % der Gesamtfläche an diesen Leistungsempfänger vermietet werden.

2. Ein Unternehmer hat hinsichtlich einer Grundstücksteilfläche (hier: 20 %) die Option für eine steuerpflichtige Vermietung nachweislich ausgeübt, wenn der Geschäftsführer der Gesellschafterinnen zumindest gegenüber der zuständigen Bearbeiterin des Unternehmens – nicht jedoch gegenüber dem Maklerunternehmen – die Anweisung gibt, umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielende Mieter zu suchen, ein Konzept zur Vermietung an umsatzsteuerpflichtige Unternehmer erstellt und ausschließlich dem Geschäftsführer die Vollmacht zum Abschluss von Mietverträgen obliegt.

3. Der ein Bürogebäude errichtende Unternehmen teilt die für den Vorsteuerabzug maßgebliche Zuordnung von Grundstücksflächen (hier: 20 %) zur beabsichtigten umsatzsteuerpflichtigen Vermietung dem FA in der gebotenen Weise und rechtzeitig mit, wenn er bereits in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen und in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr des Baubeginns 20 % der Vorsteuern als abzugsfähig geltend macht. Dem steht nicht entgegen, dass das Unternehmen für das darauffolgende Jahr in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen nur 10 % der Vorsteuern anmeldet, wenn die fehlerhaften Umsatzsteuervoranmeldungen noch vor Einreichung der Jahreserklärung berichtigt werden, so dass von keiner Änderung der Zuordnung der Grundstücksflächen auszugehen ist.

 

Normenkette

UStG 1999 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 9 Abs. 1; UStG 1993 i.d.F. d. StMBG § 9 Abs. 2; UStG 1993 i.d.F. d. StMBG § 9 Abs. 4 Nr. 12 Buchst. a; UStG 1993 i.d.F. d. StMBG § 14; EWGRL 388/77 Art. 4

 

Tenor

Abweichend vom Bescheid über Umsatzsteuer 2000 vom 17.04.2003 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 13.09.2004 wird die Umsatzsteuer 2000 auf -70.890,01 EUR sowie abweichend vom Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 03.05.2007 wird die Umsatzsteuer 2001 auf -503.488,29 EUR festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten abwenden, sofern diese nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision wird für das Streitjahr 2001 zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Klägerin, 20 % ihrer Vorsteuern, die sie in Rechnung gestellt bekommen hat, abziehen zu können.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstückes in der N-Straße … in M. Auf diesem Grundstück plante sie die Errichtung zweier Gebäude mit Büroräumen. Bereits vor Beginn der Bauphase schloss die Klägerin mit der Körperschaft des öffentlichen Rechts X einen Mietvertrag, in dem u. a. folgende Regelungen getroffen wurden:

§ 1 Ziffer 1.3.1

„Der Vermieter vermietet an den Mieter die nach Maßgabe der vorstehenden Ziff. 1.2 zu errichtenden Bürogebäude zum Zwecke des Betriebs von Büros und einer Verwaltung.”

§ 1 Ziffer 1.6

„Der Vermieter wird die aus der Anlage 7 ersichtliche Mietfläche im EG mit Ausnahme der Verkehrsfläche sowie im 4. bis 7. OG im Bürogebäude II nebst 25 PKW-Stellplätzen im Tiefgaragengeschoß vom Mieter anmieten (Untermiete), wobei die EG-Fläche nur nach Maßgabe der Anlage 5 in die Mietberechnung eingeht. In wirtschaftlicher Hinsicht ist durch die Ausgestaltung des Untermietvertrages sicherzustellen, dass der Mieter hinsichtlich der Mietfläche, die er an den Vermieter untervermietet so steht, wie er stünde, wenn der Vermieter diese Fläche nicht zunächst an den Mieter vermietet und dann von diesem im Wege der Untermiete „zurückmieten” würde.

Dementsprechend ist der Untermietvertrag u.a. in den Punkten Mietbeginn, Mietdauer, Nettokaltmiete und Nebenkosten (§ 4), Haftung für den Zustand des Mietgegenstandes (§ 8 Ziffer 8.2) zu den Bedingungen des Mietvertrages abzuschließen. … Vermieter und Mieter werden die wechselseitigen Ansprüche auf monatliche Zahlung der Nettokaltmiete und der Nebenkosten aus dem Mietvertrag einerseits und dem Untermietvertrag andererseits im We...

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