rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertrauensschutz bei Ausfuhrlieferungen. während der Abwicklung des Geschäfts ungültig gewordene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Lieferer den Buch- und Belegnachweis hinsichtlich einer Ausfuhrlieferung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vollständig erbracht, so ist die Steuerfreiheit grundsätzlich auch dann zu gewähren, wenn die von dem Empfänger angegebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer während der Abwicklung des Geschäfts ungültig geworden ist.
2. Der Lieferer kann allenfalls dann verpflichtet sein, die Angaben des Empfängers während der Abwicklung des Geschäfts erneut zu überprüfen, wenn der Abnehmer eine große Zeitspanne zwischen Vertragsschluss und Lieferung verstreichen lässt. Eine solche kann bei einem Zeitraum von neun Tagen zwischen Vertragsschluss und Lieferung aber noch nicht angenommen werden.
3. Auch dann, wenn ein „missing trader” auftritt, wird dieser grundsätzlich selbst Vertragspartner und wirklicher Abnehmer.
Normenkette
UStG § 4 S. 1 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 S. 1, Abs. 3-4
Tenor
Abweichend von dem Bescheid über Umsatzsteuer 2005 vom 25.02.2014 wird die Umsatzsteuer 2005 nach einer um 16.830,52 EUR niedrigeren Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz und einem um 27.929,04 EUR höheren Vorsteuerabzug festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine von der Klägerin ausgeführte Lieferung eines Fahrzeugs an die B. S.L., C., Spanien, eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung sei und ob ihr aus der Anschaffung zweier Fahrzeuge, eines Brabus und eines Aston Martin, im Streitjahr ein Vorsteuerabzug zustehe sowie, ob bezüglich dieser Fahrzeuge eine unentgeltliche Wertabgabe umsatzerhöhend zu berücksichtigen sei.
Die Klägerin handelte im Streitjahr mit Automobilen, Zubehör- und Ersatzteilen einschließlich Im- und Export und erbrachte damit zusammenhängende Serviceleistungen. Sie versteuerte ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten.
Für das Jahr 2005 reichte sie ihre Umsatzsteuererklärung am 08.12.2006 ein. Diese stand gemäß § 168 Satz 1 Abgabenordnung – AO – einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
Ende August 2008 erhielt der Beklagte Kontrollmaterial des Bundeszentralamtes für Steuern. Dieses bestand aus einer Antwort der spanischen Steuerverwaltung auf ein nicht die Klägerin betreffendes Auskunftsersuchen des Bundesamtes für Finanzen zur Überprüfung der wirtschaftlichen Tätigkeit der B. S.L., C., Spanien, an die die Klägerin im Mai 2005 ein Kraftfahrzeug geliefert hatte. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Ausdrucke in der Umsatzsteuer-Sonderprüfungsakte – UStSoPrA – Nachschau – 2009 Bezug.
Der Beklagte ordnete daraufhin für das Streitjahr am 11.09.2008 eine Umsatzsteuernachschau gemäß § 27b Umsatzsteuergesetz – UStG – an, die im Oktober und November 2008 stattfand. Der Prüfer stellte fest, dass die Klägerin am 31.05.2005 die Lieferung eines Kraftfahrzeugs mit der Fahrgestellnummer … an die B. S.L. mit Sitz in Spanien bewirkt hatte. Der Erlös habe 23.000,00 EUR betragen. Die Klägerin hatte diesen Umsatz als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt. Der Prüfer hielt den Nachweis der Verbringung des Fahrzeugs nach Spanien für nicht erbracht. Auf dem vorgelegten CMR-Frachtbrief fehle die Empfangsbestätigung der spanischen Abnehmerin (Feld 24). Zudem sei die angegebene Umsatzsteueridentifikationsnummer zum Zeitpunkt der Lieferung nicht mehr gültig gewesen. Damit fehle der Nachweis, dass die Abnehmerin in einem anderen EU-Mitgliedsstaat Unternehmerin sei. Daher sei die Steuerfreiheit für diese Lieferung zu versagen. Als Bemessungsgrundlage zum Regelsteuersatz sah der Prüfer 23.000,00 EUR als maßgeblich an. Er war der Meinung, dass die Klägerin die auf diese Bemessungsgrundlage entfallende Umsatzsteuer bei der Abnehmerin habe nachfordern können und bis zum Ende des Streitjahres keine Uneinbringlichkeit vorliege. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen und Bewertungen des Prüfers wird auf die Kopie des Frachtbriefes und die Anlage zum Umsatzsteuerbescheid für 2005 (UStSoPrA – Nachschau – 2009) verwiesen.
Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung mit Bescheid vom 19.01.2009 gemäß § 164 Abs. 1 AO. Den Vorbehalt der Nachprüfung ließ er bestehen. Er berücksichtigte die 23.000,00 EUR nicht mehr als steuerfreie Umsätze, sondern erhöhte die Bemessungsgrundlage für den Regelsteuersatz um diesen Betrag. Dadurch erhöhte sich die Umsatzsteuer 2005 um 3.680,00 EUR.
Dagegen le...