vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Innergemeinschaftliche Lieferungen im Rahmen eines strukturierten Absatzgeschäfts
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b und § 6a Abs. 1 UStG.
- Die innergemeinschaftliche Lieferung erfordert, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedsstaat physisch verbracht worden ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert wurde; entscheidend ist nur, dass der Erwerbsvorgang im Bestimmungsland der Umsatzbesteuerung unterliegt.
- Zu den Voraussetzungen des Nachweises einer innergemeinschaftlichen Lieferung.
- Allein die Tatsache, dass ein in Spanien existierendes und am Markt tätiges Unternehmen die Lieferungen nicht ordnungsgemäß in Spanien der USt unterworfen hat, begründet kein „Scheinunternehmen” bzw. das Fehlen jeglicher Unternehmereigenschaft.
- Die Nichterhebung der MwSt auf eine innergemeinschaftliche Lieferung kann nicht als eine Gefährdung des Steueraufkommens angesehen werden, weil solche Einnahmen nach dem Grundsatz der steuerlichen Territorialität dem Mitgliedsstaat zustehen, in dem der Endverbrauch erfolgt ist.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1
Streitjahr(e)
2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin war mit dem An- und Verkauf, der Vermietung, Vermittlung und Leasing von Fahrzeugen unternehmerisch tätig. Alleiniger Geschäftsführer war A. Dieser war gleichzeitig alleiniger Geschäftsführer der E B.V. in den Niederlanden, die mit einem Anteil von 99 % Gesellschafterin des in V/Frankreich ansässigen Unternehmens S war.
Die Klägerin erklärte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September bis Dezember 2005 innergemeinschaftliche Lieferungen in Höhe von insgesamt 558.736 €. Das Finanzamt stimmte den Umsatzsteuervoranmeldungen zu.
Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außen- und Fahndungsprüfung wurden folgende Feststellungen getroffen:
Die Klägerin verkaufte an verschiedene Unternehmen in den Mitgliedsländern Fahrzeuge im Rahmen von innergemeinschaftlichen Lieferungen. Den erklärten innergemeinschaftlichen Lieferungen lagen buchmäßig Fahrzeugverkäufe an die F S.L. zugrunde. Bei der F S.L. handelte es sich um ein in Barcelona ansässiges spanisches Unternehmen mit einer gültigen Umsatzsteueridentifikationsnummer. Das Unternehmen führte Fahrzeuggeschäfte auch mit anderen deutschen Unternehmen durch. Der Ein- und Verkauf der Fahrzeuge durch die Klägerin sowie deren Abwicklung erfolgten weitgehend nach einem einheitlichen Ablauf. Zwischen der F S.L. und der S bestand ein Provisionsvermittlungsvertrag. Die S bot in Frankreich u.a. in einschlägigen Zeitschriften Fahrzeuge zum Verkauf an und nahm Kaufwünsche von potentiellen Fahrzeugkäufern entgegen. Die Klägerin kaufte die nachgefragten Fahrzeuge bei deutschen Autohändlern und teilweise bei der E B.V. in den Niederlanden ein. Sie erwarb sowohl Gebraucht- wie auch Neufahrzeuge. Die Neufahrzeuge ließ die Klägerin auf ihren Namen zu und schloss in ihrem Namen eine Kraftfahrzeugversicherung für die Fahrzeuge ab. Anschließend schloss sie mit den potentiellen Käufern der Fahrzeuge in Frankreich eine „Kraftfahrzeugsüberlassungs-vereinbarung” und einen „Mietvertrag” für die Dauer von sechs Monaten. Mietzahlungen wurden nicht vereinbart. Die Fahrzeuge wurden von der Klägerin nach Kehl befördert und dort von Personen übernommen, die in zwei nachträglich erstellten „Überführungsvollmachten” von der FS.L. zur Abholung der Fahrzeuge schriftlich bevollmächtigt waren. Nach der „Überführungsvollmacht” vom 15. Oktober 2005 hatte die FS.L. „Herrn ….” bevollmächtigt, für sie alle Kfz lt. Anlage 1 und 2, die von der Klägerin vom 15.01. bis 30.09.2005 an sie verkauft worden waren, und nach der „Überführungsvollmacht” vom 30.12.2005 „Herrn Fr. …..” bevollmächtigt, für sie alle Kfz lt. Anlage 3, die von der Klägerin vom 10.10. bis 30.12.2005 an sie verkauft wurden, in Kehl entweder selbst zu übernehmen und nach ihren Angaben zu überführen, oder dieses durch von ihm beauftragte Personen durchführen zu lassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Überführungsvollmachten einschließlich Anlagen verwiesen. Die Fahrzeuge wurden von den Bevollmächtigten unmittelbar zur Firma S in V/Frankreich gebracht. Dort wurden die Fahrzeuge den französischen Kunden übergeben. Teilweise zahlte der Mieter den Kaufpreis für das Neufahrzeug bereits zu diesem Zeitpunkt an die S in Frankreich, die die Zahlungen an die E B.V. weiterleitete. Bei einem Teil der Fahrzeuge erteilte die Klägerin den potenziellen Autokäufern gleichzeitig eine Rechnung über das Fahrzeug.
Nach sechs Monaten meldete die Klägerin das Neufahrzeug ab und erteilte der Firma F S.L. in Spanien eine Rechnung über die Lieferung eines Gebr...