Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung eines Kommanditisten an gewerblichem Filmfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG: durch zivilrechtliche Klage wegen unrichtiger Angaben im Fondsprospekt gegen das Unternehmen, das den Fondsprospekt vorab erstellt hatte, Zug um Zug u. a. gegen Abtretung der objektiv wertlosen Kommanditbeteiligung eingeklagte verzinste Schadensersatzleistungen nicht einkommensteuerbar. Voraussetzungen einer Sonderbetriebseinnahme sowie eines „Veräußerungspreises” i. S. d. § 16 Abs. 2 S. 1 EStG. Anteilsübertragung i. S. d. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat sich ein mitunternehmerisch beteiligter Kommanditist nur wegen unrichtiger Angaben im Fondsprospekt an einem gewerblich tätigen Filmfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG beteiligt, klagt er deswegen zivilrechtlich gegen das Unternehmen, das den Prospekt erstellt hat, und erhält er von diesem Zug gegen Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der objektiv wertlosen Kommanditbeteiligung (u. a. vollständige Übertragung der Kommanditbeteiligung) Schadensersatzleistungen nebst Zinsen, so stellen die Schadensersatzleistungen nebst Zinsen weder eine Sonderbetriebseinnahme i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS 2 EStG noch sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG dar. Sind die Schadensersatzleistung und die Zinsen bei dem Steuerpflichtigen nicht als Einkünfte zu erfassen, so sind auch die mit der Schadensersatzleistung zusammenhängenden Aufwendungen des Steuerpflichtigen nicht als Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen.
2. Die Übertragung der wertlosen Kommanditbeteiligung auf das Unternehmen, das den Fondsprospekt erstellt hat, ist eine Veräußerung des gesamten Anteils eines Mitunternehmers i. S. d. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG und – weil der Kommanditist seine Anteile an der nicht an den ursprünglichen Vertragspartner zurück übertragen hat – keine Rückabwicklung des ursprünglichen Anschaffungsgeschäfts, die nicht als Veräußerung i. S. v. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG anzusehen wäre. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 16 Abs. 2 S. 1 EStG ist aber nur dasjenige als Veräußerungspreis anzusetzen, was die Erwerberin tatsächlich für den Erwerb der Anteile aufwenden wollte und auch aufgewendet hat. Gehen die Beteiligten einvernehmlich von der Wertlosigkeit der übertragenen Anteile aus, so hat die Erwerberin nichts für den Erwerb der Anteile aufgewendet und gehören die Schadensersatzleistungen folglich nicht zum Veräußerungspreis i. S. d. § 16 Abs. 2 S. 1 EStG; die angefallenen Zinsen teilen das Schicksal der Schadensersatzleistung.
3. Für die Erfassung von Einnahmen eines Mitunternehmers als Sonderbetriebseinnahmen ist es nicht zwingend erforderlich, dass diese auf einer konkreten Leistung des Mitunternehmers beruhen. Maßgeblich ist vielmehr, ob ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen diesen Einnahmen und dem Gesellschaftsvermögen besteht.
4. Wenn der im Rahmen einer Anteilsveräußerung i. S. d. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG von dem Erwerber gezahlte Geldbetrag ganz oder teilweise auf einem anderen Grund beruht als dem Erwerb der Anteile und ihm somit eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt, ist für die Ermittlung des Veräußerungspreises i. S. v. § 16 Abs. 2 EStG eine Aufteilung der erhaltenen Gegenleistung in den eigentlichen Kaufpreis einerseits und die sonstige Zahlung andererseits vorzunehmen.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1, § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 22 Nrn. 2-3, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 24 Nr. 1 Buchst. a
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Einkommenbesteuerung 2010 vom 17.04.2014 betreffend die Beteiligung der Klägerin als Kommanditistin an der am 04.03.2011 im Handelsregister gelöschten B… GmbH & Co. KG in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.10.2016 wird dahingehend geändert, dass die im Jahr 2010 von der C… GmbH an die Klägerin geleistete Schadensersatzleistung nebst Zinsen und die damit im Zusammenhang stehenden Ausgaben der Klägerin bei ihr nicht als Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
Die Berechnung des festzustellenden Betrages wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – dem Beklagten übertragen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluss:
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
Die Klägerin war – neben weiteren 259 Personen – als Kommanditistin an der gewerblich tätigen B… GmbH und Co. KG (im Folgenden: GmbH & ...