rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Mit einem Computerprogramm erzeugte Datei ohne Schutz vor nachträglichen Veränderungen kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Anscheinsbeweis für auch private Nutzung des Dienstwagens. Kein Anspruch auf Anwendung oder Beibehaltung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine mit Hilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden.
2. Wird kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt, spricht aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis) für eine auch private Nutzung des überlassenen Dienstwagens. Dieser kann nicht bereits durch den nicht näher substantiierten Vortrag entkräftet werden, das Fahrzeug sei aufgrund der dauerhaften Nutzung der Rückbank und des Kofferraums zum Transport von Werbemitteln nicht für Privatfahrten nutzbar gewesen.
3. Weder der Schutz von Treu und Glauben noch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vermitteln einen Anspruch auf Anwendung oder Beibehaltung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis; insoweit gibt es keine „Gleichheit im Unrecht”.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 2 S. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Kläger verfügen beide über einen Dienst-PKW, welcher ihnen nach den arbeitsvertraglichen Regelungen grundsätzlich auch für Privatfahrten zur Verfügung steht. Der Kläger war in den Streitjahren Außendienstmitarbeiter bzw. Verkaufsberater der Firma in K. A.GmbH (im Folgenden: GmbH). Die Kläger verfügen über einen weiteren – privaten – Pkw. In den Veranlagungsjahren 1996 bis 2003 erfasste der Arbeitgeber einen geldwerten Vorteil in Höhe von 243 EUR monatlich, der aber durch einen entsprechenden Werbungskostenabzug steuerlich im Ergebnis neutralisiert wurde. Mit seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger in Höhe des Sachbezugs in Höhe von 2.916 EUR wiederum Werbungskosten geltend. Er legte insoweit eine formlose Aufstellung seiner täglichen Dienstfahrten mit Angaben zum Reiseziel, gefahrenen täglichen Kilometern und Angaben zur Abwesenheit von seiner Wohnung einschließlich von Angaben zum Kilometerstand am Monatsanfang und Monatsende sowie Tankquittungen vor. Er habe keine Privatfahrten durchgeführt. Die pauschale Nutzungswertbesteuerung nach der Listenpreismethode sei über den Ansatz des Nutzungswertes als Werbungskosten wegen der tatsächlichen nachgewiesenen Nichtnutzung des Pkw für private Zwecke auszugleichen. Die Kläger reichten insoweit im Einspruchsverfahren eine Aufstellung über die mit dem Dienstfahrzeug gemachten Fahrten ein. Dabei sei das Dienstfahrzeug des Klägers aufgrund des Umstandes, dass sowohl Kofferraum als auch Rückbank mit … und anderen beruflich notwendigen Dingen beladen gewesen sei, für private Zwecke nicht nutzbar gewesen. Aus den eingereichten Übersichten ergebe sich, dass auch rein zeitlich gar keine Möglichkeit für eine private Nutzung dieses Fahrzeuges bestanden habe.
Die Kläger machen mit ihrer Klage geltend, dass sie nachgewiesen hätten, dass das dem Kläger überlassene Fahrzeug ausschließlich dienstlich genutzt worden sei. Eine Privatnutzung des Fahrzeugs sei schlichtweg nicht möglich. Das Finanzamt habe in den Jahren ab 1996 und damit über acht Jahre niemals Einwendungen dagegen erhoben, dass die pauschale Nutzungswertbesteuerung mit Werbungskosten in gleicher Höhe kompensiert worden sei. Ab dem Jahr 2005 werde ein Fahrtenbuch geführt, das in dieser Form vom Beklagten anerkannt werde. Ihnen stehe daher jedenfalls Vertrauensschutz zu.
Vor allem aber sei anhand der im Einspruchsverfahren eingereichten Listen ersichtlich, dass eine private Verwendung des Fahrzeugs gar nicht möglich gewesen sei. Er – der Kläger – habe auch … und andere Materialien grundsätzlich mit sich führen müssen, was eine Verwendung des Fahrzeugs zu anderen Zwecken ausschlösse. Die Kläger berufen sich insoweit auf die Entscheidungen des BFH VI B 59/04 sowie auf Entscheidungen des BFH zur Erschütterung eines Anscheinsbeweises. Sie hätten sich an LSTR 31 Abs. 9 bzw. den Hinweisen der Finanzverwaltung orientiert, die Finanzverwaltung sei an diese Hinweise gebunden. Zumindest habe sich die Finanzverwaltung durch die achtjährige Billigung der bisherigen Praxis selbst gebunden. Sie hätten keine Möglichkeit mehr gehabt, die Nachweise zur Verwendung des Pkw durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu erbringen, als der Beklagte völlig überraschend seine bisherige Verwaltungspraxis aufgegeben habe. In diesem Zusammenhang sei auch unerheblich,...