rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Umsatzsteuerbefreiung von Leistungen gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines sog. Lotsendienstes für Gründungswillige
Leitsatz (redaktionell)
1. Unter berufsbildenden Schulen oder Einrichtungen i. S. v. § 4 Nr. 21 UStG sind solche Einrichtungen zu verstehen, die Leistungen erbringen, die ihrer Art nach den Zielen einer Berufsaus- oder Berufsfortbildung unmittelbar dienen. Dazu gehören auch Leistungen gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines sog. Lotsendienstes für Gründungswillige.
2. Die Umsatzsteuerbefreiung der streitigen Leistungen scheidet jedoch aus, wenn weder der Leistende noch sein Auftraggeber über die nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG erforderliche Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde verfügt, der zufolge er auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereite.
3. Die Leistungen sind nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL steuerfrei, wenn sie nicht direkt gegenüber den Gründungswilligen erbracht, sondern diesen von einer zwischengeschalteten privatrechtlichen Gesellschaft aus öffentlichen Mitteln unentgeltlich zugewendet werden.
4. Ein Subunternehmer kann nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL anerkannt werden.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 21 Buchst. a, b, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1; EGRL 112/2006 Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, i, j
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung des Bescheids vom 02.03.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.09.2012 wird die Umsatzsteuer für 2009 um 69,64 EUR niedriger festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Leistungen des Klägers gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines sogenannten Lotsendienstes für Gründungswillige von der Umsatzsteuer zu befreien sind.
Der Kläger führte in den Streitjahren 2009 und 2010 neben Umsätzen aus der Tätigkeit als selbstständiger Rechtsanwalt die vorliegend streitigen Leistungen aus. Nach den vorgelegten Leistungsvereinbarungen (Gerichtsakte Bl. 73 ff.) wurde er hierbei von der privatrechtlich organisierten B. GmbH, einem so genannten Lotsendienst, jeweils mit der Durchführung individueller Qualifizierungen für Existenzgründer beauftragt. Die Verträge sahen eine mehrere Stunden umfassende qualifizierende juristische Beratung der in den Verträgen namentlich aufgeführten Gründungswilligen vor, bei denen es vorwiegend um zivilrechtliche und wirtschaftsrechtliche Themen gehen sollte. Die Leistungen waren ausdrücklich nur für die Zeit vor der von den Beratenen geplanten Unternehmensgründung zu erbringen. Seine Leistungen wurden dem Kläger von der Auftraggeberin B. GmbH mit jeweils 50,00 EUR pro Stunde vergütet, wobei die von der B. GmbH vorgegebenen Auftragsvereinbarungen hierzu die Klauseln „brutto = netto – Befreiung von der Umsatzsteuer” enthalten. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt hat, seien ihm die jeweils zu Beratenden von B. GmbH nach deren Auswahl und Beurteilung als Gründungswillige zugewiesen worden. Er habe dann mit diesen Personen Rechtsgebiete, die in der späteren Unternehmenstätigkeit relevant sein könnten oder für die bei den Personen besondere Defizite erkennbar gewesen seien, behandelt. Abschließend habe er auch Eignungsprognosen an B. GmbH gegeben. Gruppenunterricht oder typische Assessments seien insoweit von ihm nicht durchgeführt worden. Er habe auch keine Unterweisungen nach Unternehmensgründungen erteilt. Die Teilnehmer hätten keine eigenen Gelder für die Leistungen zahlen müssen.
Den Vereinbarungen zwischen der B. GmbH und dem Kläger lag eine vom Brandenburgischen Ministerium erlassene „Richtlinie … zur Förderung der qualifizierenden Beratung von Gründungswilligen in der Vorgründungsphase, von Existenzgründerinnen und – gründern in der Startphase sowie bei der Begleitung von Unternehmensnachfolgen” vom 24.01.2007 (Amtsblatt für Brandenburg 2007 Nr. 9, 524) zugrunde, deren Geltungszeit ursprünglich bis zum 28.02.2009 befristet war, jedoch bis 2014 verlängert wurde. Danach gewährte das Land Brandenburg die Finanzierung der als Lotsendienste bezeichneten Maßnahmen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie eigenen Haushaltsmitteln. Die konkrete Wahrnehmung der Lotsendienste war gemäß 2.1.1 ff. der Richtlinie vom 24.01.2007 durch externe (private) Leistungserbringer vorgesehen. Die Mittelvergabe erfolgte über die landeseigene C. GmbH. In 2.4 der Richtlinie vom 24.01.2007 sind als Aufgaben der externen Leistungserbringer unter anderem neben der Durchführung von Assessments zur Feststellung der individuellen Eignung, Prüfung der Geschäftsidee und der Unternehmerpersönlichkeit vor Beginn der qualifizierenden Beratung auch Beratungsund Qualifizierungsleistungen in der Vorgründungsphase vorges...