Entscheidungsstichwort (Thema)
Anmietung von Konferenzräumen, Hotelzimmern und beweglichen Wirtschaftsgütern. fiktives Anlage- oder Umlaufvermögen. Hinzurechnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Prüfung, ob ein angemietetes bewegliches oder unbewegliches Wirtschaftsgut als fiktives Anlagevermögen oder aber als fiktives Umlaufvermögen anzusehen ist, muss den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen orientieren. Die Fiktion darf nicht weiter reichen, als es die Vorstellung eines das Miet- oder Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet.
2. Kein fiktives Anlagevermögen, sonder fiktives Umlaufvermögen liegt vor, wenn der Unternehmer Konferenzräume und Zimmer in Hotels sowie sonstige bewegliche Wirtschaftsgüter (Konferenztechnik, Schirme, Stühle etc.) angemietet hat, um damit für die eigenen Kunden Reisepakete, Konferenzen, Veranstaltungen gleich einem Reiseveranstalter zusammenzustellen („zu produzieren”) und sodann an die Kunden als Gesamtpaket in Rechnung zu stellen („zu verkaufen”).
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. d, e
Tenor
Der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2011 vom 23. September 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2021 wird dahingehend geändert, dass die Hinzurechnungsbeträge nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG (bewegliche Wirtschaftsgüter) um 212.567 EUR und nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG (unbewegliche Wirtschaftsgüter) um 9.061.045 EUR vermindert werden.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Strittig sind die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen gem. § 8 Nr. 1 Buchst. d und e Gewerbesteuergesetz – GewStG – im Erhebungszeitraum 2011.
Die Klägerin wurde im Jahr … in C… gegründet. Eingetragener Unternehmensgegenstand war im Erhebungszeitraum die Veranstaltung von Reisen und die Durchführung von Tagun gen und Kongressen, die Vermittlung von Reisen und Fahraufträgen, die Betreuung von C…-Gästen, die Durchführung von Messe und Auftragsdiensten und die Beratung von Fir men und Einzelpersonen im touristischen Bereich, sowie die Förderung des C…-Touris mus.
Die Klägerin erzielte im Streitjahr ihre Umsätze in folgenden Geschäftsbereichen:
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Umsatz |
MICE |
18.641.572,44 EUR |
CONGRESS |
1.896.210,01 EUR |
CRUISE (See & River) |
6.453.506,70 EUR |
Sonstige |
2.027,52 EUR |
Total |
26.993.316,67 EUR |
Die Klägerin wurde zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung –AO–) am 20. Juni 2013 veranlagt. Hierbei wurden Mieten-/Pacht zinsen für Zwecke der Hinzurechnung nach § 8 GewStG i.H.v. 151.760 EUR (unbewegliche Wirtschaftsgüter) und 44.352 EUR (bewegliche Wirtschaftsgüter) berücksichtigt.
Eine steuerliche Außenprüfung für 2011 bis 2013 kam zu der hier noch strittigen Feststel lung, dass die Anmietung von Hotelzimmern der Hinzurechnung unterliege. Die mit den Kunden geschlossenen Verträge seien keine Verträge besonderer Art, weil ihnen weder die Raumüberlassung noch eine sonstige Leistung das Gepräge gebe. Die einzelnen Leis tungskomponenten seien vielmehr einzeln zu betrachten, so dass die der Hotelunterkunft zuzurechnenden Entgelte der Hinzurechnung unterliegen würden. Neben der Übernachtungsleistung würden die üblicherweise unmittelbar mit der Überlassung der Unterkunft ein hergehenden Nebenleistungen wie Zimmerreinigung und Rezeption sowie die Entgelte für die Nutzung der hoteleigenen Anlagen wie beispielsweise Schwimmbad, Sauna oder Sport stätten der Hinzurechnung unterliegen. Nicht der Hinzurechnung unterliegen würden jedoch die Verpflegungsleistung im Hotelrestaurant, spezielle Wellnessleistungen und Ausflüge.
Der Anteil der hinzuzurechnenden Beträge sei – so die Außenprüfung – durch Schätzung zu ermitteln. Die Schätzung des Anteils nahm die Außenprüfung anhand der Werte aus 2013 für den gesamten Prüfungszeitraum vor. Grundlage der Schätzung waren insbeson dere Eingangs- und Ausgangsrechnungen der Klägerin für das Jahr 2013. Das Gericht nimmt Bezug auf die Belege und Aufstellungen in den Arbeitsbögen (2 Bände) der Außen prüfung. Ausweislich der Belege buchte die Klägerin im eigenen Namen insbesondere in sog. Konferenzhotels Zimmer, Veranstaltungsräume, Technik und Leistungen. Dazu gehör ten auch Speisen und Getränke, der einzelnen Teilnehmer und Beförderungsleistungen. Kunden der Klägerin waren die entsprechenden Veranstalter der Konferenzen und Kon gresse, der die Klägerin sämtliche Posten in Rechnung stellte. Im Streitjahr wurden – aus weislich vorliegender Rechnungen – auch Reisen von Kunden von Werbepartnern zu Fuß ballspielen der Champions League organisiert und entsprechend in Rechnung gestellt.
Im Bericht wird zur Schät...