Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch zwischen einer EWIV und ihren Mitgliedern. Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Frage, ob im Verhältnis zwischen einer EWIV und ihren Mitgliedern entgeltliche Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen, gelten keine Besonderheiten, sodass es auch hier nur darauf ankommt, ob zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert begründet.
2. Der Annahme eines Leistungsaustauschs steht nicht entgegen, dass die EWIV durch ihre Tätigkeit Leistungen gleichzeitig für alle Mitglieder erbringt.
3. Der Annahme von entgeltlichen Leistungen steht es nicht entgegen, dass nicht jedes Mitglied eines Verbands gleichermaßen von dessen jeweiligen Tätigkeiten profitiert und nicht im gleichen Umfang die Leistungsangebote abrufen darf. Entscheidend ist vielmehr, dass den Mitgliedern als Gegenleistung für ihre Mitgliedsbeiträge die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Leistungsangebote ermöglicht wurde.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tenor
Die Umsatzsteuer 2013 wird unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2013 vom 14.07.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.06.2017 um 10.009,35 EUR niedriger festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 13 % der Klägerin und zu 87 % dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist bei der Umsatzsteuer 2013, ob die Klägerin steuerbare und steuerpflichtige Ausgangsumsätze ausgeführt hat und ob ihr deshalb ein Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen zusteht.
Die Klägerin ist eine 2010 gegründete Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung – EWIV – mit Sitz in C…, deren Zweck laut Art. 2 des Gründungsvertrags (die Ursprungsfassung vom 30.08.2010 befindet sich in der nicht paginierten Akte Gesellschaftsverträge, die Neufassung vom 01.04.2014 in der nicht paginierten Umsatzsteuer-Sonderprüfungsakte – USoP –) die europaweite Unterstützung des unternehmerischen Mittelstandes in EU-, EWR- und Drittländern bei allen kaufmännischen, wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Angelegenheiten umfasst, außerdem die Entwicklung und Koordination gemeinsamer Projekte und Strategien, die Markterschließung, die Markt- und Meinungsforschung, die Lobbyarbeit, den Wissens- und Technologietransfer innerhalb des Mitgliederkreises, die Information und Kommunikation und die Revitalisierung und strukturelle Liegenschaftsentwicklung und die hierauf bezogene Prüfung der Einholung von öffentlichen und privaten Fördermitteln. Laut Art. 5 besteht die Klägerin neben ihren Organen (Mitgliederversammlung, Geschäftsführung, Aufsichtsrat und wirtschaftspolitischer Beirat) aus Einzelressorts wie z. B. Unternehmensberatung, Rechtsberatung und Steuerberatung. Nach Art. 8 erfolgt die Finanzierung durch regelmäßige oder andere Beiträge der Mitglieder, Fördermittel und Aufnahme- und Lizenzgebühren für neue Mitglieder. Abgesehen von den Gründungsmitgliedern (eine GmbH und 5 natürliche Personen) kann nach Art. 9 Abs. 1 nur Vollmitglied werden, wer für die Vereinigung nachhaltig aktiv tätig ist und durch regelmäßige, mindestens im 2-Jahres-Turnus zu erwerbende bzw. aufzufrischende Zertifizierung die Eignung für diese Vereinigung nachweist. Nach ihren eigenen Angaben hat die Klägerin keine Gewinnerzielungsabsicht (Schreiben vom 02.08.2016, Bl. 50 (51) der Umsatzsteuerakte – USt –).
Im Streitjahr handelte es sich bei den Mitgliedern der Klägerin um Unternehmer (Rechtsanwälte, sonstige Berater, eine Bank) aus Deutschland und dem europäischen Ausland (vgl. Mitgliederliste, in der Akte USoP). Die Klägerin stellte ihren Mitgliedern jeweils Rechnungen aus, bei den Mitgliedern mit Sitz in Deutschland mit gesondertem Ausweis von 19% Umsatzsteuer, bei den ausländischen Mitgliedern ohne Steuerausweis und mit Hinweis „Reverse Charges (Übertragung der Steuerschult)”. Einige Beispiele von Rechnungen finden sich in der Akte USoP. Bei den Rechnungsbeträgen handelt es sich überwiegend um „Mitgliedsgebühren” für einen bestimmten Monat i. H. v. netto 400,00 EUR, in einer vorliegenden Rechnung finden sich auch die Positionen „Gebühren für jede A…-Zertifizierung” i. H. v. netto 1.500,00 EUR und „Aufnahmegebühr” i. H. v. netto 500,00 EUR.
Nachdem die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt ihre Umsatzsteuererklärung 2013 nicht eingereicht hatte, setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 2013 mit Schätzungsbescheid vom 02.06.2015 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – VdN – auf -3.092,43 EUR fest.
In der am 03.07.2015 elektronisch eingereichten Umsatzsteuererklärung 2013 erklärte die Klägerin Umsätze zu 19% i....