rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzögerungsgeld bei nur teilweiser Erteilung angeforderter Auskünfte bzw. teilweiser Vorlage der von der Außenprüfung angeforderten Unterlagen. Kürzung von Betriebsausgaben bzw. Schätzung als Alternative zur Festsetzung eines Verzögerungsgelds. Höhe des Verzögerunsgsgelds
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Verzögerungsgeld kann auch dann festgesetzt werden, wenn der Steuerpflichtige die bei der Außenprüfung angeforderten Unterlagen und Auskünfte trotz mehrfacher Aufforderung über Monate hinweg nur unvollständig vorlegt bzw. erteilt, hierdurch den Betriebsprüfungsablauf erheblich verzögert und keine Gründe für die verspätete bzw. unvollständige Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten vorträgt.
2. Zwar kommen entsprechend dem bei der Ausübung des Entschließungsermessens zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz alternativ zur Festsetzung eines Verzögerungsgeldes grundsätzlich auch die Versagung eines Betriebsausgabenabzugs oder die Vornahme einer Schätzung in Betracht; diese alternativen Maßmaßnahmen scheiden aber aus, wenn die Außenprüfung etwa mit einer Umwandlung und der Einbringung von Anteilen im Prüfungszeitraum Prüfungspunkte betrifft, zu denen der jeweilige Sachverhalt mit Hilfe der bei dem Unternehmen angeforderten Unterlagen und Auskünfte erst ermittelt werden muss.
3. Bei der Ausübung des Auswahlermessens für die Höhe des Verzögerungsgelds sind die Dauer und Wiederholung der Fristüberschreitung, die Gründe und das Ausmaß der Pflichtverletzung, die Beeinträchtigung der Außenprüfung, die Höhe des zu erwartenden Mehrergebnisses, die aus der verspäteten Mitwirkung gezogenen Vorteile, der Umfang der nicht vorgelegten Unterlagen sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Es ist eine Gesamtbetrachtung des konkreten Einzelfalls erforderlich, ohne dass auf eine schematische Berechnung zurückgegriffen werden darf. Es stellt keinen Ermessensfehler dar, wenn der Steuerpflichtige unter anderen solche Unterlagen und Auskünfte nicht vorlegt bzw. erteilt hat, die die Finanzbehörde zunächst für die Aufklärung der zu prüfenden Sachverhalte benötigt, und das FA deswegen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf den durchschnittlichen Jahresgewinn im Prüfungszeitraum und nicht auf die Leistungsfähigkeit zum späteren Zeitpunkt der Prüfungsdurchführung abstellt und für jeden Monat der schuldhaften Prüfungsverzögerung ein Verzögerungsgeld von 0,5 % des durchschnittlichen Jahresgewinns ansetzt.
4. Da die Vorschrift des § 146 Abs. 2b AO im Unterschied zu den in § 152 Abs. 2 AO enthaltenen Regelungen zum Verspätungszuschlag keine ausdrücklichen Ermessensleitlinien oder -grenzen vorsieht, hat die Behörde die anzustellenden Ermessenserwägungen nach den in § 5 AO geregelten allgemeinen Grundsätzen auszurichten. Für die Beurteilung der Ermessensausübung der Finanzbehörde kommt es mithin auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an.
Normenkette
AO § 146 Abs. 2b, § 200 Abs. 1 Sätze 1-2, § 152 Abs. 2, § 5; FGO § 102
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes.
Der Beklagte erließ gegen die Klägerin für die Jahre 2008 bis 2010 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Bescheide über die Körperschaftsteuer, zuletzt am 13. Dezember 2010 und am 20. Dezember 2011. Danach erzielte die Klägerin im Jahr 2008 einen Steuerbilanzgewinn i.H.v. 120.952 EUR und ein zu versteuerndes Einkommen i.H.v. 173.630 EUR, im Jahr 2009 einen Steuerbilanzgewinn i.H.v. 839.168 EUR und ein zu versteuerndes Einkommen i.H.v. 1.208.111 EUR sowie im Jahr 2010 einen Steuerbilanzgewinn i.H.v. 184.877 EUR und ein zu versteuerndes Einkommen i.H.v. 275.640 EUR.
Am 27. Juli 2012 ordnete der Beklagte die Durchführung einer Außenprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2008 bis 2010 an. In der Prüfungsanordnung war bereits die Mitteilung enthalten, dass dem Prüfer Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen vorzulegen seien. Die Außenprüfung sollte am 3. September 2012 in den Geschäftsräumen der Klägerin beginnen. Da dort jedoch keine geeigneten Räume und Personen zur Verfügung standen, vereinbarten die Beteiligten die Durchführung der Außenprüfung in den Räumen des Steuerberaters der Klägerin.
Der Prüfer unterbrach die Prüfung unmittelbar nach Prüfungsbeginn, weil die ihm vorgelegten Unterlagen nicht vollständig waren, und forderte die Klägerin am 4. September 2012 schriftlich dazu auf, zu 14 konkreten Prüfungspunkten (darunter eine Umwandlung und die Einbringung von Anteilen) Unterlagen vorzulegen bzw. Auskünfte zu erteilen. Bei der mit der Klägerin vereinbarten Fortsetzung der Prüfung am 12. September 2012 lag nur ein geringfügiger Teil der angeforderten Unterlagen und Auskünfte vor, so dass der Prüfer die Klägerin nochmals zur V...