rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer Untätigkeitsklage bei Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung durch Übersendung einer Kopie
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Untätigkeitsklage ist wegen erfolgter Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung unzulässig, wenn das FA erkennbar eine Kopie aus ihrer eigenen Akte übersendet und diese, weil es sich um die entsprechende Verfügung und nicht eine Ausfertigung handelt, mit dem Vermerk „Entwurf” kennzeichnet.
2. Dies gilt jedenfalls bei der Erläuterung, dass es sich um die bereits –Jahre zuvor– ausgefertigte und abgesandte Einspruchsentscheidung handelt.
3. Für das Wirksamwerden einer Entscheidung durch Bekanntgabe kommt es nicht darauf, ob dem Bevollmächtigten das Original oder nur eine Kopie bzw. ein Abdruck der Entscheidung übermittelt wird. Der Bescheid ist jedoch nach Inhalt und Fassung vollständig zu übermitteln.
Normenkette
FGO § 46 Abs. 1; AO §§ 366, 122, 124
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Kindergeld für den Sohn B. der Kläger für die Zeit von August bis November 2003. Die Beklagte hob mit einem an den Kläger als Kindergeldberechtigten gerichteten Bescheid vom 6. August 2003 die Festsetzung des Kindergeldes für den Sohn B. der Kläger auf, weil dieser die Schulausbildung beendet habe und sich beim Arbeitsamt nicht als arbeitssuchendes Kind gemeldet habe.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 14. August 2003 einen als Widerspruch bezeichneten Einspruch ein. Die Beklagte entschied über den Einspruch mit an den Kläger gerichteter Einspruchsentscheidung vom 25. November 2003 in der Weise, dass der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die Einspruchsentscheidung wurde am selben Tage, dem 25. November 2003, zur Post gegeben.
Am 08. Februar 2006 meldete sich für den Kläger und seine Ehefrau C. der D. e.V. bei der Beklagten, legte eine Vollmacht des Klägers und seiner Ehefrau vor und erinnerte an die Erledigung des Einspruchsverfahrens. Die Beklagte übersandte dem D. daraufhin die Aktenkopie der Einspruchsentscheidung, die oben links den Hinweis „Entwurf” und den Vermerk „abgesandt am abges. 25.11.03” trägt. Auf die Nachfrage des D…, ob es sich bei der Versendung des Entwurfs um ein Versehen gehandelt habe, erläuterte die Beklagte, dass die Einspruchsentscheidung vom 25. November 2003 noch am selben Tage zur Post gegeben worden sei. Daraufhin antwortete der D…, dass er von einer Versendung der Einspruchsentscheidung an „die Antragsteller” – gemeint sind offenbar der Kläger und seine Ehefrau – in der zurückliegenden Zeit nicht ausgehen könne, da vermutlich keine Entwürfe von Verwaltungsentscheidungen versandt würden.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm bislang eine Einspruchsentscheidung nicht bekannt gegeben worden sei. Die Beklagte habe keinen Bekanntgabewillen gehabt; die Einspruchsentscheidung sei noch im Entwurfsstadium steckengeblieben.
Am 16. Januar 2009 erhoben der Kläger und seine Ehefrau Klage, die sie als Untätigkeitsklage bezeichneten. Die Klage der Ehefrau des Klägers ist in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen und das Verfahren insoweit durch Beschluss eingestellt worden.
Der Kläger beantragt,
den Aufhebungsbescheid vom 6. August 2003 dahingehend zu ändern, dass Kindergeld für seinen Sohn B8 auch für die Monate August bis November 2003 festgesetzt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
1. Als Untätigkeitsklage ist die Klage unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 46 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vorliegen. § 46 Abs. 1 FGO fordert, dass die Behörde über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes innerhalb angemessener Frist nicht entschieden hat.
Hier hat die Beklagte auf den Einspruch des Klägers hin jedoch am 25. November 2003 eine Einspruchsentscheidung erlassen. Diese muss allerdings, um eine Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf i.S.d. § 46 Abs. 1 FGO darzustellen, dem Einspruchsführer auch bekannt gegeben werden (v. Groll in Gräber, FGO, Kommentar, 7. Auflage 2010, § 46 Rn. 9). Auch diese Voraussetzung ist jedoch erfüllt. Zwar ist die Beklagte ersichtlich nicht in der Lage, die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung zeitnah zu deren Erlass im November 2003 nachzuweisen; die Einspruchsentscheidung wurde dem Kläger aber am 22. März 2006 durch Übersendung an seinen Bevollmächtigten – ggf. in Verbindung mit der dazu mit Schreiben vom 15. Mai 2006 gegebenen Erläuterung – bekannt gegeben.
Die nach § 366 der Abgabenordnung (AO) vorgeschriebene Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung richtet sich nach § 122 AO. Sofern nicht eine förmliche Zustellung nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes behördlich angeordnet wird, reicht die einfache Bekanntgabe – im Regelfall die Übermittlung per Post – aus. Dabei ist die Einspruchsentscheidung einem Bevollmächtigten bekannt zu g...