Widerruf einer Vollmacht erst bei Kenntnis des Finanzamts wirksam
Mit der Verbindung zu einem Steuerberater ist es oft wie in einer guten Beziehung: Sie hält viele Jahre. Schließlich kommt es auch in Steuerfragen auf Vertrauen an. Außerdem erscheint es Mandanten meist umständlich, geschäftliche und persönliche Hintergründe jedes Mal anderen Ansprechpartnern erklären zu müssen. Doch manchmal kommt es zur Kündigung des Mandats und ein Wechsel der Steuerkanzlei lässt sich nicht vermeiden. Dass dies nicht immer problemlos abläuft, musste ein Ehepaar erfahren, über dessen Fall der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil v. 8.2.2024, VI R25/21) entschieden hat.
Bekanntgabe von Entscheidungen des Finanzamts
Vertreten wurde die Ehefrau zunächst von einem Steuerberater, dem sie dafür eine Vollmacht erteilt hatte. Dieser führte seine Kanzlei jedoch mit einer Steuerberatungsgesellschaft zusammen. Nach dem Zusammenschluss speicherte das Finanzamt die Gesellschaft als neue Bevollmächtigte, wie aus einem Aktenvermerk hervorgeht. Im weiteren Jahresverlauf beendete die Steuerberatungsgesellschaft dann das Mandat. Die erteilte Vollmacht verlor damit ihre Gültigkeit.
Im Rahmen einer Außenprüfung erfuhr das zuständige Finanzamt von diesen Vorgängen zunächst nichts. So war die Ehefrau von ihrem ursprünglichen Steuerberater noch über die Anordnung der Prüfung informiert worden. Die danach ergangenen Änderungsbescheide schickte die Behörde aber bereits an die Steuerberatungsgesellschaft, die Widerspruch dagegen einlegte. Eine Begründung nannte sie jedoch nicht und reichte diese auch nicht nach. Daraufhin wies das Finanzamt den Einspruch mit Post vom 30. September 2020 als unbegründet zurück. Am 2. Oktober 2020 informierte die Steuerberatungsgesellschaft die Behörde über die inzwischen erloschene Vollmacht und sandte die Einspruchsentscheidung zu ihrer Entlastung zurück.
Anschließend schickte das Finanzamt seine Entscheidung der Ehefrau direkt zu. Im November 2020 meldeten sich schließlich ihre neuen Steuerberater bei der Behörde und gaben an, dass ihre Vorgänger das Mandat bereits im Frühjahr beendet hatten. Anfang Dezember 2020 erhielten sie daraufhin eine Kopie der Einspruchsentscheidung. Zu Beginn des neuen Jahres klagte dann die Frau vor dem Finanzgericht Münster. Dabei führte sie an, dass die vorherige Steuerberatungsgesellschaft das Mandat Mitte 2019 gekündigt hatte. Entsprechend ging sie davon aus, dass ihr die Entscheidung über den Einspruch erst zum Zeitpunkt der Bekanntgabe an die neuen Steuerberater zugegangen war.
Wirksamkeit einer Vollmacht
Das Finanzgericht wies die Klage als unzulässig ab, da die einmonatige Klagefrist überschritten wurde. Dabei legten die Richter als Termin den erstmaligen Zugang bei der Steuerberatungsgesellschaft zugrunde. Dass das Finanzamt erst nach dem Absenden vom Widerruf der Vollmacht erfahren hatte, sahen sie als unerheblich an. Auch der Bundesfinanzhof entschied in der folgenden Revision, dass die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung an die Gesellschaft wirksam war. Entsprechend begann damit schließlich die Klagefrist am 5. Oktober 2020.
Dabei wiesen die Richter darauf hin, dass das Finanzamt beim Absenden davon ausgehen durfte, dass die Steuerberatungsgesellschaft weiterhin Bevollmächtigte der Klägerin war. Denn der Widerruf wurde erst wirksam, sobald er bei der Behörde eingegangen war. Eine gesonderte Überprüfung vorab war nicht notwendig. Außerdem hat das Finanzamt sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt, nach dem es wählen konnte, ob es die Einspruchsentscheidung an den Bevollmächtigten oder die Ehefrau schickte. Damit widersprach der Bundesfinanzhof auch der Auffassung der Frau, die davon ausging, dass ein Verwaltungsakt nur dann wirksam bekanntgegeben ist, wenn die Vollmacht des Empfängers bei Ablauf der Frist noch besteht. Das bedeutet gleichzeitig, dass mit Versand der Entscheidung an die Frau selbst keine neue Frist begann. Auch die Übermittlung der Kopie an die neuen Steuerberater wirkte sich nicht entsprechend aus.
Praxis-Tipp: Wie Fristen zu berechnen sind
Grundsätzlich gilt bei steuerlichen Monatsfristen, dass diese mit Ablauf des Tages enden, der auf die gleiche Zahl lautet wie das Ereignis. Fehlt dieser Tag im betreffenden Monat, endet eine Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Fällt das Fristende auf einen Feiertag oder ein Wochenende, so läuft die Frist mit dem nächsten Werktag ab. Wird eine Entscheidung per Post übermittelt, galt diese bisher 3 Tage später als bekanntgegeben. Mit der Änderung des Postgesetzes verändert sich diese Dreitagesfrist künftig zu einer Viertagesfrist.
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