rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Auf 30 Jahre angelegte Finanzierung der Werklohnforderung für Bauleistungen bei Erbringung der Bauleistungen und der Finanzierung aus einer Hand als umsatzsteuerlich gegenüber den Bauleistungen selbständig zu beurteilende Leistung
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Unternehmer auf dem Grundstück des Kunden ein Gebäude errichtet und mit Abnahme des Gebäudes eine steuerpflichtige (Werk-)Lieferung an den Kunden erbracht, so stellt eine von den Beteiligten als „Vermietung” bezeichnete, auf eine Ratenzahlung des Kaufpreises/Werklohns in 30 Jahren angelegte entgeltliche Stundung des Kaufpreises/Werklohns eine umsatzsteuerlich gegenüber den Bauleistungen selbständig zu beurteilende Leistung dar, und zwar eine nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 bzw. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreie Kreditgewährung; die Nebenkosten des Kredits (hier: Verwaltungskostenbeiträge) sind von der Steuerbefreiung mit umfasst. Das gilt jedenfalls unter Umständen wie im Urteilsfall, in dem die Kreditgewährung über Jahrzehnte hin nach Abschluss der Bautätigkeit die ausschließliche Tätigkeit des Unternehmers sein wird, das erhebliche Volumen der über die Gesamtlaufzeit zu erwartenden Zinszahlungen voraussichtlich das Bauvolumen übersteigen wird, ausdrücklich eine Kreditleistung vereinbart worden ist, Zinsbeträge und Zinssätze vertraglich getrennt ausgewiesen und Abrechnungen durchgeführt worden sind.
2. Der Umstand, dass die BFH-Rechtsprechung die mit Steuerbefreiungen verbundenen Verschonungszwecke bei der Würdigung berücksichtigt, ob einheitliche oder gesonderte Leistungen vorliegen, spricht dafür, die Kredite von Warenlieferanten ebenso von der Umsatzsteuer zu befreien wie Kredite von Banken.
3. Die Kreditgewährung durch Stundung der Werklohnforderung stellt eine wirtschaftliche Leistung i. S. d. Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG bzw. eine umsatzsteuerbare Leistung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG dar.
Normenkette
UStG 2005 § 4 Nr. 8 Buchst. a, § 3 Abs. 1, 4, 9, § 1 Abs. 1 Nr. 1; Richtlinie 2006/112 Art. 9 Abs. 1, Art. 135 Abs. 1 Buchst. b
Tenor
Abweichend vom Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 11.06.2012 wird die Umsatzsteuer nach um 5.498.343,97 EUR geminderten Umsätzen zum vollen Steuersatz festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten abwenden, wenn diese nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wurde am 22.06.2005 gegründet. Zur Komplementärin wurde die A. GmbH bestellt, zur Kommanditistin die M. V.- und V.gesellschaft, die auch heute wieder – nach einem zwischenzeitlichen Gesellschafterwechsel – die Kommanditistin der Klägerin ist. Die Kommanditistin ist die Alleingesellschafterin der Komplementärin. Gegenstand der Klägerin ist der Erwerb, die Errichtung und die Vermietung von Grundstücken, Baulichkeiten und Anlagen aller Art.
Mit der Erledigung der laufenden Geschäfte beauftragte sie ebenfalls am 22.06.2005 die CommerzLeasing und Immobilien AG (heute firmierend als Commerz Real AG).
Am 02.08.2005 schloss die Klägerin mit der Republik … – im Folgenden: S – einen „Nutzungsrechtsvertrag, Immobilien-Mietvertrag und weitere Vereinbarungen” – im Folgenden: Nutzungsrechtsvertrag. Dieser bezog sich auf eine 968 m² große Teilfläche zweier im Eigentum der S stehender Grundstücke D.straße … und … in B. Der Vertrag wurde am 10.06.2006 geändert.
Nach dem Nutzungsrechtsvertrag wurde der Klägerin das Recht eingeräumt, die o. g. Teilfläche in Besitz zu nehmen, hierauf das Kulturinstitut der S (C. H.) zu errichten und die Grundstücksfläche nebst Gebäude für weitere 30 Jahre mittelbar zu besitzen. Die Verkehrssicherungspflicht sowie Nutzen, Lasten und Gefahren blieben grundsätzlich bei S..
Ein weiterer Teil des Nutzungsrechtsvertrags betrifft einen sog. Immobilien-Mietvertrag. Danach verpflichtete sich die Klägerin, nach den planerischen Vorgaben der S das Gebäude durch einen bereits feststehenden Generalübernehmer errichten zu lassen. Die Beteiligten waren sich darüber einig, dass S durch den Einbau der für die Gebäudeherstellung verwendeten Materialien das Eigentum daran erwirbt und dass S nach Fertigstellung und Abnahme des Gebäudes die Gefahr des zufälligen Untergangs trägt. S konnte die ihr aus dem Nutzungsrechtsvertrag zustehenden Ansprüche nur mit Zustimmung der Klägerin auf Dritte übertragen und war verpflichtet, ihre Pflichten aus dem Nutzungsrechtsvertrag auf Rechtsnachfolger zu übertragen. Weitere Veräußerungs- und Nutzungsbeschränkungen für das Grundstück und/oder das aufstehende Gebäude wurden nicht vereinbart. Die Klägerin „vermietete” das Gebäude der S für 30 Jahre. Hinsichtlich der Zahlungen der S wurde vereinbart, dass diese die vollständige Amortisation der Gesamtinvestitionskosten der Klägerin innerhalb de...