Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Kürzung der Werbungskosten für ein ursprünglich Vermietungszwecken dienendes Wohn- und Geschäftshaus bei bauordnungsrechtlicher Nutzungsuntersagung für einzelne Gebäudeteile
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein Wohn- und Geschäftsgrundstück, welches fünf Wohnungen und eine Gewerbeeinheit umfasst, mit der Absicht einer vollständigen Vermietung erworben und die Nutzung der drei –unwissentlich– ohne Baugenehmigung errichteten Wohnungen durch die Bauaufsichtsbehörde untersagt, sind die in Zusammenhang mit dem ansonsten vermieteten Objekt geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse nicht prozentual entsprechend der Flächenanteile der leer stehenden drei Wohnungen zu kürzen. Der objektive Zusammenhang der auf die leer stehenden Wohnungen entfallenden Aufwendungen mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung besteht fort, soweit kein anderer Veranlassungszusammenhang zu ersehen ist.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1, § 9 Ab S. 3 Nr. 7
Tenor
Die Einkommensteuer 1997 wird unter Änderung des Bescheides vom 01.11.2004 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 22.07.2005 dahingehend neu festgesetzt, dass für das in D gelegene Objekt des Klägers ein Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 37.236 DM zum Ansatz kommt.
Die Einkommensteuer 1998 wird unter Änderung des Bescheides vom 02.01.2004 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 05.07.2005 dahingehend neu festgesetzt, dass für das in D gelegene Objekt des Klägers ein Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 39.044 DM zum Ansatz kommt.
Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – dem Beklagten übertragen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 19.12.1992 ein Wohn- und Geschäftsgrundstück in D mit der Absicht, dieses weiterhin vollständig zu vermieten. Der Gebäudekomplex setzte sich aus einer Gewerbeeinheit bestehend aus Werkstatt, Büro und Lagerhalle sowie fünf Wohnungen zusammen. Eine Aufteilung des Gebäudes in Eigentumswohnungen war nicht erfolgt. Die Nutzfläche der Gewerbeeinheit betrug insgesamt 410 qm. Die Wohnungen hatten folgende Größen: I = 83,04 qm, II = 85,73 qm, III = 110,95 qm, IV = 114,09 qm und V = 75,04 qm. Die Wohnungen III, IV und V waren ohne Baugenehmigung in das ursprünglich landwirtschaftlich und später gewerblich genutzte Gebäude eingebaut worden, wovon der Kläger bei Erwerb des Grundstücks keine Kenntnis hatte. Bauplanungsrechtlich war aufgrund der Lage des Objekts im Außenbereich jedoch nur die Errichtung von maximal zwei Wohnungen zulässig. Die zuständige Bauaufsichtsbehörde untersagte aus diesem Grund mit Bescheid vom 30.05.1994, bestätigt durch Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung W vom 09.10.1996, die Vermietung der Wohnungen II, IV und V. Seit 1997 stehen diese Wohnungen deshalb leer. Der Kläger bemühte sich erfolglos um nachträgliche Baugenehmigungen.
In der Einkommensteuererklärung 1997 erklärte der Kläger betreffend das Grundstück in D folgende Mieteinnahmen, Werbungskosten und AfA-Beträge:
0,00 DM Gewerbemieten; 4.000 DM Wohnungsmieten; 32.280 DM sonstige Werbungskosten; 8.956 DM AfA. Auf die Aufstellung nimmt der Senat Bezug.
Der Beklagte veranlagte den Kläger mit Einkommensteuerbescheid 1997 vom 23.06.1999 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 15.03.2000 unter Berücksichtigung des erklärten Verlustes aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 37.236 DM.
Die Einkommensteuer 1998 schätzte er mit Bescheid vom 18.09.2000 wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung ohne Berücksichtigung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
In seiner daraufhin eingereichten Einkommensteuererklärung 1998 erklärte der Kläger betreffend das Grundstück in D folgende Mieteinnahmen, Werbungskosten und AfA-Beträge:
0,00 DM Gewerbemieten; 6.000 DM Wohnungsmieten; 36.088 DM sonstige Werbungskosten; 8.956 DM AfA. Auf die Aufstellung nimmt der Senat Bezug. Ein Änderungsbescheid erging zunächst nicht.
Im Rahmen einer die Kalenderjahre 1996 bis 1998 umfassenden Außenprüfung erkannte der Beklagte wegen der Nutzungsuntersagung lediglich die auf die zwei vermieteten Wohnungen entfallenden Werbungskosten an. Da er annahm, dass die Gewerbeeinheit ebenfalls unvermietbar gewesen sei, erkannte er auch insoweit keine Werbungskosten an. Er ging ferner von einer Wohn- und Nutzfläche des Gesamtobjektes von 707 qm aus, wovon 390 qm auf die Wohnungen insgesamt und hiervon wiederum auf die vermieteten Wohnungen 156 qm entfallen sollten. Dies entsprach anteilig 2...