Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Werbungskostenabzug für vor dem Jahr 2005 geleistete Beiträge eines Arbeitnehmers zur gesetzlichen Rentenversicherung
Leitsatz (redaktionell)
Vor dem Jahr 2005 geleistete Beiträge eines Arbeitnehmer zur gesetzlichen Rentenversicherung sind keine vorweggenommenen Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften, sondern nur eingeschränkt im Rahmen des Sonderausgabenabzugs abziehbar. Das gilt auch dann, wenn der 1979 geborene Kläger voraussichtlich erst nach 2040 das Renteneintrittsalter erreichen wird und dann aufgrund der Neuregelung der Rentenbesteuerung im Alterseinkünftegesetz vom 5.7.2004 (BGBl 2004 I S. 1427; BStBl 2004 I S. 554) seine Rente voll versteuern muss.
Normenkette
EStG 2002 § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 2-3, § 22; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der 1979 geborene Kläger ist nichtselbständig tätig und erzielte in den Streitjahren zusätzlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. In den Streitjahren bescheinigte der Arbeitgeber die folgenden Beiträge des Arbeitnehmers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag:
– 2002 |
3.113,00 EUR, |
– 2003 |
3.748,00 EUR und |
– 2004 |
3.836,00 EUR. |
Der Beklagte setzte die vorgenannten Beträge zusammen mit Beiträgen für eine Unfall- und eine Haftpflichtversicherung bei der Ermittlung der beschränkt abziehbaren Sonderausgaben an. Mit Bescheiden vom 15. März 2006 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für die Streitjahre fest. Als Sonderausgaben wurden die folgenden Beträge zur Ermittlung des Einkommens berücksichtigt:
– 2002 |
2.615,00 EUR, |
– 2003 |
2.093,00 EUR und |
– 2004 |
2.093,00 EUR. |
Der Kläger erhob gegen die Bescheide Einspruch, den der Beklagte zurückwies.
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Berücksichtigung der Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen des beschränkten Sonderausgabenabzuges. Er – der Kläger – ist der Auffassung, diese Beiträge seien als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften nach § 22 Einkommensteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung – EStG – anzusetzen. Wenn er – der Kläger – das Rentenalter im Jahr 2040 erreicht habe, müsse er nach dem neuen Recht seine Rente voll besteuern. Dabei habe er zuvor die Aufwendungen für die spätere Rente nur als Sonderausgaben begrenzt abziehen können. Der Ansatz der Rentenbeiträge als Sonderausgaben sei systemwidrig und verstoße gegen das Grundgesetz und das Völkerrecht. Aus dem Gesetz ergebe sich eindeutig, dass die Rentenbeiträge Werbungskosten seien und dem Sonderausgabenabzug vorgehen würden. Das Bundesverfassungsgericht – BVerfG – habe sich mit der Rechtssystematik nicht befasst. Das BVerfG irre, wenn es annehme, eine unzutreffende Berücksichtigung der Rentenbeiträge sei erst in der Versorgungsphase zu rügen. Zudem verstoße die Besteuerung in den Streitjahren gegen den Gleichheitssatz, weil sie Amtsträger bzw. spätere Pensionäre besser stelle. Der Bundesfinanzhof schaffe mit seiner Auslegung neues Recht. Dies sei nicht statthaft, weil es keine Gesetzeslücke gebe und sich die Einordnung der Rentenversicherungsbeiträge eindeutig aus dem Gesetz ableite. Die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde durch das BVerfG verstoße gegen die Grundrechte.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide über Einkommensteuer 2002 bis 2004 vom 15. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2006 dahingehend zu ändern, dass Beiträge in Höhe von 1.464,00 EUR (2002), 1.814,00 EUR (2003) und 1.813,00 EUR (2004) als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften und nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die dem Verfahren zugrunde liegende Rechtsfrage sei mittlerweile höchstrichterlich geklärt.
Das Verfahren hat aufgrund des beim Bundesfinanzhof anhängig gewesenen Verfahrens X R 11/05 geruht.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat zutreffend die Beiträge des Klägers an die Rentenversicherung nur bei der Ermittlung des Sonderausgabenabzuges berücksichtigt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG sind Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und an die Bundesanstalt für Arbeit Sonderausgaben. Sie stellen ihrer Rechtsnatur nach private Aufwendungen dar, was sich aus der ausdrücklichen gesetzlichen Zuweisung zu den Vorsorgeaufwendungen des § 10 Abs. 2 und 3 EStG ergibt (siehe BFH, Urteil vom 8. November 2006, X R 45/02, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 216, 47, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2007, 574, Urteil vom 8. November 2006, X R 11/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2007, 673).
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